Trotz eines Defizits von fast 29 Millionen Euro genehmigte der Koblenzer Stadtrat das Zahlenwerk
Lob und Tadel für Haushaltsplan
Koblenz. Im Mittelpunkt der letzten Sitzung des Koblenzer Stadtrats im Jahr 2014 stand die Verabschiedung des Haushaltsplans 2015 und traditionsgemäß die Reden von Sprechern der Fraktionen zu diesem Thema. CDU-Sprecherin Claudia Probst kritisierte, dass der Oberbürgermeister bei der Einbringung des Haushalts verschwiegen haben soll, welche Erhöhungen den Koblenzern 2015 „zugemutet“ werden: Parkgebühren um 25 Prozent, Eintrittsgelder ins Freibad von 3,50 auf 4 Euro bzw. ermäßigt von 1,70 auf 2 Euro, Eheschließungsgebühren und ab dem Schuljahr 2016/17 auch den Eigenanteil an der Schülerverpflegung um 50 Cent pro Mahlzeit. „Wir haben in den vergangenen Jahren schon mehrmals zähneknirschend und unter dem Druck abzusehender ADD-Restriktionen die Erhöhungen verschiedener Steuern und Abgaben hingenommen und auch abgelehnt“, sagte Claudia Probst und wies auf die Grund- und Gewerbesteuererhöhungen vor geraumer Zeit hin: „Wir befürchten, dass die Belastungsgrenze der Menschen und der Unternehmen in unserer Stadt erreicht ist“, unterstrich Claudia Probst und forderte „sämtliche Ausgaben der Stadt auf den Prüfstand zu stellen und die Ausgaben nachhaltig zu senken.“ Sie nannte auch Zahlen aus dem Ergebnishaushalt 2015: Die Erträge inklusive der regionalisierten Steuerschätzung belaufen sich auf fast 340,54 Millionen Euro, die laufenden Aufwendungen inklusive Zinsaufwendungen von über 16,4 Mio. betragen über 369,26 Millionen Euro was zu eine Minus von rund 28.72 Millionen Euro führt. „Und dies bei einem Schuldenstand von über 500 Mio. Euro (eine halbe Milliarde!) und einer geplanten Nettoneuverschuldung von 24,7 Mio. Euro“, gab sie zu Bedenken. Die Sprecherin führte aber auch positives auf: Die Sparmaßnahmen in der Stadtverwaltung, dass in den Sozialhaushalt rund 670 000 Euro vom Bund und eine Million an Umsatzsteuer fließen, dass das neue Hallenbad Gestalt annimmt, die stetig steigenden Besucher- und Abonnenten-Zahlen der Stadtbibliothek. Sie berichtete noch über zahlreiche ihrer Ansicht nach positive und negative Projekte in der Stadt.
Stadtmarketing gut aufstellen
Als Redner der SPD-Fraktion stellte Christian Altmaier die Zusammenarbeit der Region in den Vordergrund und begründete dies mit Chancen für alle Beteiligten. Er vermisste, dass der Oberbürgermeister den BUGA-Schwung nicht genutzt habe, um die „Hauptstadt“ Koblenz mit der Region Mittelrhein besser zu vernetzen. Daher forderte Altmaier, dass Koblenz sich mit dem Thema „Stadtmarketing“ und im Wettstreit der Regionen positioniert. „Wir müssen gemeinsam definieren wofür Koblenz steht, nicht nur für einen hohen Anteil von Menschen anderer Herkunft. Wir müssen die Dinge betonen, die Koblenz wirklich auszeichnen“, sagte Christian Altmaier. Insofern gebe es beim Stadtmarketing Möglichkeiten Ressourcen sinnvoller zu nutzen. Er appellierte an den Oberbürgermeister, alle Haushaltspositionen, die sich mit den Themen Presse, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit verwaltungsweit befassen zusammenzutragen und Synergiepotenziale zu bergen. „Nur so können wir uns als attraktive Stadt behaupten. Ein gut aufgestelltes Stadtmarketing, was Wirtschaftsförderung, Tourismus und vieles mehr vereint, könnte auch das Thema sein, was nach dem 1. Mai 2018 an Sie erinnert“, sagte er zu Dr. Hofmann-Göttig. Im Gegensatz zur CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel sollte sich die Chefin des Sozial- und Ordnungsdezernats Marie-Theres Hammes-Rosenstein mutig dem Thema „Großsiedlung Neuendorf“ zuwenden. Altmaier will hier einen gegenseitigen Gedankenaustausch aller Fraktionen mit Polizei, Wohnbau, städtischen Ämtern und Justiz. Wir müssen gemeinsam verhindern, dass hier ein Bereich entsteht, den andere Großstädte haben und wir alle nicht wollen.“
Mittel vielseitig einsparen und sinnvoller ausgeben
Grünen-Sprecher Uwe Diederichs-Siedel meinte:„Wenn man sich die Verschuldungssituation unserer Stadt anschaut, dann kann man graue Haare bekommen. Die Gewerbesteuer ist eingebrochen, das hat die Verwaltung zu optimistisch eingeschätzt.“ Er monierte, dass für Tische und Stühle im historischen Rathaussaal 80.000 Euro angesetzt sind. „Die kann man für sinnvollere Dinge ausgeben. Dazu haben wir einen Änderungsantrag zum Haushalt gestellt.“ Die Conlog-Arena sollte modernisiert werden und im Stadion Oberwerth müsse man mit dem Charme der 30er-Jahre schnell brechen, „…bevor die Toilettenanlagen und Umkleideräume unter Denkmalschutz gestellt werden“, witzelte der Grünen-Sprecher. Dass das Romanticum im Forum Confluentes geschlossen wird, forderte für die BIZ-Fraktion Angela Keul-Göbel: „So könnten erhebliche Mittel eingespart werden, die Schließung wird nur um ein Jahr verschoben, denn es ist weder für Koblenzer noch für Touristen sinnvoll.“ Desweiteren beantragte sie die 500 000 Euro für die Festung Koblenz zu streichen.
Romanticum schließen ?
Auch Sabine Veidt als Sprecherin der Linken kritisierte das Romanticum „als ein Fass ohne Boden“. Zu der Haushaltssituation führte sie aus: „Investoren lösen nicht die Probleme unserer Stadt.“
Der FBG-Sprecher beklagte, dass 80 000 Euro für neue Tische und Stühle im Ratssaal und eine Million Euro für die Stadtbibliothek aufgeführt sind, aber bei neuen Fenstern in den Schulen zu wenig investiert werde. Die mangelnde finanzielle Ausstattung der Gemeinden durch das Land beklagte Herbert Mertin als Sprecher der FDP-Fraktion. Bei der Conlog-Arena müssten die Zuschauertribünen verbessert werden, damit die Halle wettbewerbsfähig bleibt. Die 500 000 Euro für die geplanten Großfeste Koblenz seien nicht notwendig und aus dem Kernhaushalt sollte es keinen Zuschuss für die Koblenz Touristik geben, meint Mertin. AFD-Sprecher Stefan Scheer bezeichnete den Haushalt als „schlecht“, da er Verbindlichkeiten von mehr als 28 Millionen Euro aufweise. Bei der Großfeste Koblenz würden mit Zins und Zinseszins statt 500 000 Euro über 2 Mio. Euro fällig, mutmaßte Scheer. „An der Verwaltung kann nicht mehr gespart werden, die macht hier einen guten Job, auf die kann man stolz sein“, erklärte der Sprecher zum Abschluss der Haushaltsreden.
Ausgaben auf dem Prüfstand
Oberbürgermeister Dr. Hofmann-Göttig gab bei manchen Reden „inneren Ärger" zu. Sämtliche Ausgaben seien bereits auf dem Prüfstand und auch der Haupt- und Finanzausschuss hatte nichts, was weniger Defizit gebracht hätte. Der Haushalt 2015 entspricht nicht der Gemeindeordnung, da Gemeinden sich grundsätzlich nicht verschulden dürfen. Daher werde es aufgrund der Ablehnung durch die ADD im Frühjahr weitere Haushaltsdiskussionen geben. Die Renovierung des Ratssaals sei im Ältestenrat abgecheckt worden, jetzt einen Rücknahmeantrag zu stellen sei hemmungsloser Populismus, erklärte der OB. Alle Änderungsanträge zum Haushalt 2015 wurden bis auf einen vom Stadtrat abgelehnt. Der Antrag, die Freibadgebühren nicht zu erhöhen, wurde jedoch angenommen, also bleiben die Eintrittspreise konstant. Schließlich genehmigte der Koblenzer Stadtrat den Haushaltsplan 2015 einstimmig bei 12 Enthaltungen.
