Allgemeine Berichte | 26.09.2015

Auslandseinsätze der Bundeswehr

Operation „Heimkehr“

Podiumsgespräch der Katholischen Militärseelsorge in der Koblenzer Citykirche

„Zurück ins normale Leben nach dem Auslandseinsatz“. Die Schwierigkeiten wurden diskutiert.privat

Koblenz. Er habe nie verstanden, warum sein Großvater sich regelmäßig mit alten Kameraden aus dem Zweiten Weltkrieg getroffen habe. Als der Militärdekan Jonathan Göllner dann 2009 seine Erfahrungen aus dem Afghanistan-Einsatz nach Hause brachte, erlebte er selbst, wie schwer es war, anderen von dem Erlebten zu erzählen. Nur mit Menschen, die Ähnliches erlebt haben, sei ein offener Austausch möglich. Ein Podiumsgespräch der Katholischen Militärseelsorge in der Koblenzer Citykirche kreiste immer wieder um die Schwierigkeiten, die Einsatz-Erfahrungen mitzuteilen und in den normalen Alltag hineinzunehmen. Anlass für das von Kristina Heuchemer-Strohe moderierte Gespräch war die Ausstellung „Operation Heimkehr“ in der Koblenzer Citykirche und im Zentrum Innere Führung (ZInFü). Die Ausstellung ist Teil eines Projektes der Fotokünstlerin Sabine Würich und der Journalistin Ulrike Scheffer. Die beiden haben 74 aus Auslandseinsätze heimgekehrter Bundeswehr-Angehöriger porträtiert. Pastoralreferent Prof. Dr. Thomas R. Elßner gab vor dem Gespräch zu bedenken, dass die Heimkehr nach einem Einsatz durchaus eine Operation, ein schwieriger Einsatz, sein könne. Heimat sei der Ort, an dem man sich nicht erklären müsse, doch schon Odysseus habe die Erfahrung gemacht, dass ihn bei seiner Heimkehr kaum jemand erkannt habe. Diese Erfahrung treffe auch so manchen Bundeswehr-Angehörigen. Nahtlos vom Einsatz ins normale Leben zurückzukehren, ist kaum möglich. Entscheidend für die Heimkehr ist, dass es einen Ort und Menschen gibt, zu denen man zurückkehren kann. Für einige Zeit prägen Erfahrungen und Verhaltensregeln aus dem Einsatz noch das Leben. So kam Cathérine Schleicher, 2013 als Rechtspflegerin bei der Atalanta-Mission auf See, zu Hause in einen Zustand der Bedürfnislosigkeit, weil sie gelernt hatte, mit wenig auszukommen. Ähnlich ging es Major Uwe Henry Welther, der 90 Prozent seiner Einsätze außerhalb des Lagers verbrachte, um sich ein Bild von der Lage am Ort zu machen. Wichtiger als das üppige Warenangebot im Supermarkt ist ihm sauberes warmes Wasser, denn dies war im Camp zuweilen knapp. Der Truppenpsychologe Uwe Drews schilderte, wie Einsatz-Erfahrungen im Alltag unvermittelt wieder auftauchen können. Oberbootsmann Alexandra Klein, Führungskräfte-Coach am ZInFü, war als Intensiv-Krankenschwester in Afghanistan. Kurz nach der Heimkehr hörte sie in einem Supermarkt den Klingelton, der im Feldlazarett die Ankunft von Schwerverwundeten ankündigte. Sie musste den Markt verlassen. Als sie den Ton später erneut hörte, nahm sie dies schon gelassener hin. Pfarrer Göllner verließ kurz nach seiner Rückkehr einen Laden, weil dort eine herrenlose Einkaufstüte herumstand. In Afghanistan hätte sie einen Sprengkörper enthalten können. Auch Begegnungen können zur Herausforderung werden. So erlebte es Major Welther, als er nach dem Einsatz in Uniform aus dem Zug stieg. Er gab einem Bettler sein letztes Zwei-Euro-Stück. Dieser sagte, das Geld sei „Blutgeld“ von einem „Auftragskiller“. Welther traf dies hart, da er als interkultureller Berater gewirkt hatte. Er fand aber eine Antwort: er nahm einen Euro zurück und ging davon. Das Interesse der Menschen daheim kann oberflächlich sein. Karsten Wächter, evangelischer Pfarrer in Bad Neuenahr, wurde nach dem Einsatz als Militärseelsorger von einem Freund gefragt: „Wie geht’s?“ Schon Wächters kurze Antwort war ihm aber zu lang. Viele Rückkehrer, die er traf, hatten kaum über ihren Einsatz geredet. Drews bemerkte, gerade psychisch Traumatisierte müssten mühsam lernen, über die Ereignisse zu sprechen. Die Soldatinnen und Soldaten werden mit einem Mandat des Bundestages in den Einsatz geschickt, doch zu Hause scheinen sie von den Bürgern oft wenig Anerkennung zu erfahren. Doch für Welther, der viele Auszeichnungen erhalten hat, ist es wie für viele Kameraden wichtiger, wieder ins alte Leben zurückzukommen. Frau Kleins Freundeskreis schrumpfte nach ihrem Einsatz, aber die Freundschaften wurden tiefer. Frau Schleicher fühlt sich von der Anerkennung durch ihre Familie und ihre Überzeugungen getragen. Wie Göllner darlegte, ist es schwierig, das eigene Bild mit der Außenwahrnehmung zu verbinden. Die Soldaten, vom Parlament entsandt, sähen sich als die Guten an. Auch ihm habe es 2009, als in Afghanistan z. B. zahlreiche Zivilisten beim Bombardement zweier Tanklaster starben, wehgetan, als in den Medien der Eindruck entstand, die Bundeswehr-Soldaten seien die Bösen. Pfarrer Wächter hat den Eindruck, dass die Gesellschaft die ihr fremde Kriegserfahrung ablehne. Sie übersähe aber, dass die Soldaten als deutsche Staatsbürger vom Bundestag entsandt würden und das Soldatsein kein normaler Beruf mit hohem Berufsrisiko sei. Dabei trage die innere Motivation, vor allem Treue, Dienen und Tapferkeit, die Soldaten weiter als der Auslandsverwendungszuschlag. Der Modedesigner Welther, der als Reservist in die Bundeswehr zurückging, sieht in seiner Tätigkeit als interkultureller Einsatzberater seine Berufung. Drews bemerkte, dass die Soldaten sich zwar nicht nach Einsätzen drängen, sich aber, anders als frühere Generationen, bewusst seien, dass sie mit einem Einsatz rechnen müssten. Dank der Kameradschaft in der Truppe sei es leichter, sich auch mit Kritik an den Einsätzen auseinanderzusetzen. Frau Heuchemer-Strohe fragte die Gäste abschließend, ob sie sich als „Veteranen“ sähen. Die Runde fand die Bezeichnung befremdlich. Faktisch seien sie wohl Veteranen, aber die Anerkennung für das Geleistete sei wichtiger als ein solcher Titel.

„Zurück ins normale Leben nach dem Auslandseinsatz“. Die Schwierigkeiten wurden diskutiert.Foto: privat

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