Helmut Born „engagierte“ junge Graffiti-Künstler für die Verschönerung

Michaelangelos Deckenfreskoziert die Unterführung

Michaelangelos Deckenfresko
ziert die Unterführung

Bei der Arbeit mit Spraydose und Pinsel standen den Schülern die Künstler Thomas Klukas und Eugen Schramm beratend zur Seite. DL

Unkel. Eine nostalgische Dampflok, die eine rote Ziegelwand durchbricht, ist auf der Stirnseite der westlichen Treppe der Unterführung zu sehen, die in Unkel vom Bahnsteig zu den anderen Gleisen führt. Unter diesem Motiv wird das wohl bekannteste Detail von Michelangelos Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle frei wiedergegeben: Wie sich Gottes Hand der Adams nähert, um durch die Berührung mit dem ausgestreckten Zeigefinger den Menschen zu beseelen.

Beseelt von der dem Gedanken, dass man die Unterführung des Unkeler Bahnhofs endlich sauber gestalten müsste, war Helmut Born schon länger. „Seit ich pensioniert bin, fahre ich oft mit der Bahn und habe mich schon über den Bahnhof mit seiner verdreckten Unterführung und den beschmierten Wänden geärgert“, erklärte er. Da sei ihm die Idee gekommen, die unansehnlichen Sprayspuren durch künstlerisch ansprechende Graffiti zu ersetzen.

„Herr Born hat das einzig Richtige getan: Er hat die Entwicklungsagentur der Stadt angesprochen und wir fanden seinen Vorschlag toll“, erklärte Rex Stephenson, der Vorsitzende der Entwicklungsagentur Unkel. Zusammen habe man das Projekt Birgit Braun, der Konrektorin der Stefan-Andres-Realschule, vorgestellt, und die sei auch sofort Feuer und Flamme gewesen, Schüler für die Aktion zu gewinnen. Da traf es sich bestens, dass Kunstlehrerin Renata Westhoven in Klasse zehn gerade Graffiti durchnahm. Etwa die Hälfte der Schüler war von der Idee begeistert. Und auch die Hälfte der neunten Klasse, in der Birgit Braun Musikunterricht gibt, konnte für das Projekt gewinnen werden. Bevor die 25 Schüler aber vor Ort loslegen konnten, wartete noch einiges an kreativer Arbeit auf sie. Jeder musste ein eigenes Motiv entwerfen, das dann mit Thomas Klukas und Eugen Schramm besprochen wurde. „Ich habe die beiden Künstler ins Boot geholt, die in der Nachbarstadt die Trafo-Häuschen der Bad Honnef AG angemalt haben“, berichtete Rex Stephenson. Mit ihnen fertigten die Schüler eine Skizze an, wie ihre Arbeiten verteilt werden könnten.

Mit Mundschutz gegen Lack- und Verdünnungsgeruch versehen, arbeiteten die Schüler konzentriert in der Unterführung. Während im Westen der Südwand ein Sprayer seiner Meerjungfrau gerade den letzten blauen Schliff verlieh, war das Yin-Yang-Symbol auf der gegenüberliegend Wand längst vollendet. Neben diesem paddelt das Maskottchen des Freibad-Fördervereins, das gelbe Quietsche-Entchen, in einer Badewanne durch voluminöse Schaumgebirge, während in einer großen Hand die Weltkugel ruht. Verabschiedet oder begrüßt werden Bahnreisenden und Unkel-Besucher im Osten auf der einen Seite von einer Schatztruhe voller Gold und Kronen, während auf der anderen Seite der wohl berühmteste Unkeler Bürger, Willy Brandt, zu sehen ist. „Aber wir sorgen für Ausgewogenheit. Auch Damit sich auch Günter Küpper, der das Mittagessen für die Schüler bringt, wird auch Konrad Adenauer verewigt“, witzelte Helmut Born. Damit hatte er indirekt das Thema Finanzierung angesprochen.

„Wir mussten natürlich zunächst die Genehmigung der Bahn AG einholen und haben in Koblenz mit Hans-Peter Kohlbecker vom Bahnhofsmanagement einen Fürsprecher gefunden“, so Rex Stephenson. Die Bahn AG habe sogar die Kosten für die Grundierung der Wände übernommen, nachdem diese zuvor mit Hochdruckgeräten von den ursprünglichen Schmierereien befreit worden waren. „Die Kosten für die farbigen Lackfarben in Spraydosen in Höhe von 1.500 Euro hat dankenswerterweise Herr Born übernommen“, freute er sich. Und als Mitglied der im Moment nicht aktiven „Internationalen Kindergruppe“ konnte er aus deren Topf auch Spendengelder für das Mittagessen freimachen. „Diese Spende wird wiederum von Ulrike Kessel und Margit Hombeck vom Förderverein des Vereins Touristik&Gewerbe abgewickelt, der sich bezeichnenderweise ‚Verein für Heimatpflege und Stadtverschönerung’ nennt“, berichtete Helmut Born.

In diesem sieht Rex Stephenson ein Vorbild für die Unkeler. „So wie er sollten alle Bürger mit der Entwicklungsagentur zusammenarbeiten, die nicht dazu da ist, neue Projekte aufzulegen. Diese müssen aus der Bevölkerung an uns herangetragen werden, sodass wir dem einzelnen Bürger oder Gruppen bei der Durchführung behilflich sein können“, erklärte er. Nur so könnten solche Win-Win-Situationen wie in der Bahnhofsunterführung erfolgreich umgesetzt werden. „Während die Schüler erfahren, dass man auch legal sprayen und dabei sogar tolle Kunstwerke schaffen kann, präsentiert sich die Stadt ihren Besuchern nicht mehr mit einem scheußlichen Schandfleck, sondern mit dieser farbenprächtigen, künstlerisch ansprechenden Unterführung, die den Anspruch Unkels als Kulturstand am Rhein unterstreicht“, fasste Helmut Born zusammen.