Westumer Campingplatz „Hellenbach Camping“ schließt zu 31. August

Dauercamper müssen den Platz räumen

Dauercamper müssen den Platz räumen

Wolfgang Baresel in seinem Domizil - das kleine „Herzlich Willkommen“-Schild wird er bald abhängen müssen. Fotos:ROB

Dauercamper müssen den Platz räumen

Optisch macht er nicht viel her, doch der Campingplatz liegt den Bewohnern am Herzen.

Westum. Wolfgang Baresel raucht zur Zeit etwas mehr, als es für ihn üblich ist. Baresel sitzt mit viel Kaffee und vielen Zigaretten im Campingwagen von Ingeborg Prett. „Wir sind fertig mit den Nerven“, erklärt Baresel. Beide wohnen auf dem Campingplatz „Hellenbach Camping“. Dort, im Westumer Süden, haben einige Dauercamper eine neue Heimat und einen Erstwohnsitz gefunden. Sie leben dort, gehen arbeiten und haben bei der Bürgermeisterwahl ihre Stimme abgegeben. Alles war gut. Bis jetzt: Am 24. März lag die Kündigung des Stellplatzes in der Post. „Das alles ist wie ein Schock für uns“, sagt Prett. „Das hier sollte unser Zuhause für den Lebensabend werden“, so Prett weiter. Und nicht nur Prett und Baresel sind betroffen. Knapp 20 weitere Dauercamper müssen den Platz räumen.

Die Schließung des Platzes war für Wolfgang Baresel nur ein Gerücht. Während des Veilchendienstagszuges wurde er in Sinzig angesprochen, ob er wüsste, dass der Platz schließt. „Das wollten wir gar nicht glauben“, sagt Baresel. Doch Ende März wurde aus dem Gerücht doch bittere Wahrheit.

Schließung aufgrund

gesundheitlicher Gründe

Der gesamte Campingplatz wird zum 31. August vollständig aufgelöst. Denn Noch-Betreiber Siegfried Heuser gibt den Platz aufgrund gesundheitlicher Gründe auf. Heuser ist 74 Jahre alt; einen Nachfolger für den Campingplatz habe er nicht gefunden. Auch an ihm ging dieser Schritt nicht spurlos vorbei. „Leider ist es so und ich kann es nicht ändern“, sagt er. Besonders tut es ihm um die Menschen leid, mit denen er zu „95 Prozent wunderbar auskommt“. Heuser hatte keine Wahl und kündigte seinen Pächtern fristgerecht zum 30. April und räumte noch eine viermonatige Frist ein, in der sich die Camper eine neue Heimat suchen können. Dennoch: bis zum 31. August müssen alle Aufbauten und die Wohnwagen verschwunden sein. Die Mobilität, die der Name Wohnwagen vermuten lässt, gibt es schon lange nicht mehr. Die Trailer sind fest im Boden verankert und kleine Gärten mit Lauben und Blumenbeeten zieren die Wagen, die keine mehr sind. Ein richtiger Umzug ist gar nicht möglich. Man könne nur den kompletten Wohnwagen auf die Ladefläche eines Lastwagens verfrachten. Doch das ist ein Unterfangen, dass sich wohl die wenigsten der Dauercamper leisten können. Stattdessen wird wohl abgerissen. Und die Entsorgung des problematischen Mülls muss durch die Campingplatzbewohner erfolgen. Denn der ist meist Sondermüll, lackiertes Holz zum Beispiel, und das nimmt die Müllabfuhr nicht mit. Auch dort stoßen die Bewohner an ihre finanziellen Grenzen.

Ein Domizil für Aussteiger

„Am schlimmsten ist es wegen den Menschen,“, sagt Baresel. „Das ist eine richtige Tragödie“, so der 62-jährige. Wolfgang Baresel war jahrzehntelang in der Immobilienbranche tätig und in ganz Deutschland unterwegs. Dann wurde er krank und hatte den Drang „einfach auszusteigen“. Nun befindet er sich auf den Weg in den Ruhestand; seine Frau arbeitet in einem Sinziger Supermarkt. In Westum fanden er, seine Ehefrau und seine zwei Dackel, eine neue Heimat, die so völlig anders war als sein bisheriges Leben war.

„Naturnah sollte es sein und das hier ist traumhaft für uns“, beschreibt er die Lage des Campingplatzes am Rand eines Feldes.

Dort geht er mit seinen Hunden spazieren und genießt die Natur. Aber im Moment sei er „nur am denken“. Immerhin: Für die Zeit nach dem unfreiwilligen Umzug haben die Baresels eine Perspektive. Das Paar hat in der Sinziger Innenstadt eine Wohnung gefunden. Doch Möbel haben sie keine.

„Zu alt für einen Umzug“

Ingeborg Pretts Situation ist nicht besser. Derzeit liegt ihr Mann im Krankenhaus mit der Diagnose Schlaganfall. „Wir wissen nicht, was nach dem hier kommt“, sagt Prett, die sich mit ihrem Ehemann und ihrem Hund Paul in Westum ein zu Hause aufgebaut hat.

In der kleinen Wohnküche sprudelt das Wasser für den Kaffee im Kocher, an den Wänden hängen Familienbilder. Auch für ihren kranken Mann war die Naturnähe ideal. „Der konnte im Garten werkeln und sich dabei gut ablenken“, erzählt Prett. Dass das nun alles vorbei sein soll, mag sie kaum glauben. Und die Perspektive für die Pretts ist schlecht: Weder ihr kranker Mann kann einer Beschäftigung nachgehen und auch sie selbst ist nicht mehr in dem Alter in dem man leicht einen Job findet. Deshalb suchen die Pretts händeringend eine neue, bezahlbare Wohnung. Insgesamt 15.000 bis 20.000 Euro haben sowohl Prett als auch Baresel in ihren Wohnwagen gesteckt. Geld, das wohl jetzt für immer weg ist. Denn für alte Wohnwagen bekommt man nicht mehr viel. Auch bei den anderen Campern sieht es nicht besser aus, Endzeitstimmung macht sich breit. „Einige der Bewohner hier sind alt und krank“, sagt Baresel. „Und manche zu alt und krank um den Umzug zu überstehen“, fügt er hinzu. Nun hoffen die beiden, dass alle Mitcamper schnell einen neue Bleibe finden. Doch sie machen sich keine Illusionen. „Wenn so viele Menschen gleichzeitig eine Wohnung suchen, gibt es in Sinzig bald nicht mehr viel freien Wohnraum“, vermutet Baresel. Deshalb wünsche man sich auch Tipps zu freien Wohnungen im Sinziger Umland.