Politik | 08.11.2024

Tim-Jonas Löbeth (Stellv. Kreisvorsitzender der FDP Neuwied)

„Im Land sehen wir den Parteiaustritt Volker Wissings als Chance“

Kreis Neuwied.

BLICK aktuell: Welche Auswirkungen erwarten Sie durch die gescheiterte Ampel-Regierung auf Ihre politische Arbeit und die kommunalen Projekte in unserer Region?

Tim-Jonas Löbeth: Wir glauben nicht, dass das Scheitern der Ampel signifikante Auswirkungen auf die Kommunalpolitik haben wird. In den Kommunen kommt der Parteipolitik ein weitaus geringerer Stellenwert zu, als im Land oder im Bund. Wir arbeiten in den Städten und Gemeinden mit allen Akteuren, etwa mit denen von CDU, SPD und FWG, über die Parteigrenzen hinweg gut zusammen. Im Mittelpunkt stehen dort ausschließlich Sachthemen.

BLICK aktuell: Wie ist Ihre persönliche Einschätzung zur bundespolitische Lage und dem Scheitern der Regierung?

Tim-Jonas Löbeth: Die Regierung ist vor allem gescheitert, weil sich der Kanzler den Realitäten in unserem Land verweigert hat. Wer die Probleme in unserem Land kleinredet, während unsere Wirtschaft den Bach runter geht, die Schulen im internationalen Vergleich nach unten durchgereicht werden und die Zuwanderung von Flüchtlingen unsere Kommunen nach wie vor überfordert, sollte nicht an der Spitze unserer Regierung stehen. Es ist in diesen Zeiten doch die Aufgabe des Finanzministers, Konzepte für wirtschaftliche Reformen auszuarbeiten und sie vorzulegen. Dass der Kanzler nichtmal bereit war, über das Konzeptpapier von Christian Lindner, das übrigens viel Zuspruch aus der Wirtschaft und von Ökonomen erfahren hat, innerhalb der Koalition auch nur zu diskutieren, ist dem politischen Diskurs in einer Demokratie unwürdig. Gerade einen Tag nach der Wahl von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA hätte ich mir gewünscht, dass der Kanzler seiner Führungsverantwortung gerecht wird und die Koalition zusammenhält. Indem er einen von langer Hand geplanten Rausschmiss Christian Lindners aus der Regierung inszeniert hat, führt er unser Land ins Chaos und läutet zur denkbar ungünstigsten Zeit eine Phase politischer Instabilität in Deutschland ein. Dass Christian Lindner den Überzeugungen der Partei treu geblieben ist, und ihnen Vorrang vor seinem Amt und den damit verbundenen Privilegien eingeräumt hat, verdient unseren Respekt.

BLICK aktuell: Welche Schritte und Entwicklungen sehen Sie jetzt für die Zukunft – sowohl auf Bundesebene als auch für die Kommunalpolitik?

Tim-Jonas Löbeth: Im Bund braucht es jetzt schnell Neuwahlen, um die Handlungsfähigkeit der Regierung wiederherzustellen. Einen über mehrere Monate andauernden politischen Stillstand kann sich unser Land derzeit nicht leisten. Der Kanzler sollte daher möglichst zügig die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und den Weg für Neuwahlen frei machen. Im Land sehen wir den Parteiaustritt Volker Wissings als Chance, um den Landesverband der FDP neu aufstellen und als starke Einheit liberale Politik in Reinform machen zu können. Mit Daniela Schmitt und Carina Konrad übernehmen jetzt – zunächst übergangsweise – zwei starke Frauen das Ruder, die geradezu prädestiniert sind, um den Prozess der Neuaufstellung jetzt in die Hand zu nehmen. Wir vertrauen ihnen zu 100 Prozent; der Landesverband ist bei ihnen in besten Händen. Deshalb besteht überhaupt keine Notwendigkeit für überhastete Vorstandswahlen. Was wir uns wünschen, ist, dass wir in einem Prozess gemeinsam mit unserer Parteibasis zunächst definieren, wohin unser Landesverband überhaupt steuern soll. Insbesondere werden wir uns die Frage stellen müssen, ob im Land die allzu einseitige Fokussierung auf eine Partnerschaft mit SPD und Grünen noch richtig ist. Erst wenn wir uns Klarheit in all diesen Grundsatzfragen verschafft haben, sollten wir den Vorstand neu besetzen. Der oder die neue Landesvorsitzende kann nach unserer Einschätzung auch erst nach der Bundestagswahl gewählt werden.

Tim-Jonas Löbeth (Vorsitzender der FDP Rengsdorf-Waldbreitbach und Stellv. Kreisvorsitzender der FDP Neuwied)

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