Die Stadt Unkel bekommt nach 43 Jahren das Freibadgelände kostenlos zurück
VG-Rat stimmt der kostenlosen Rückübertragung des Freibadgeländes zu
Der mehrheitliche Beschluss des VG-Rates wurde auch von einigen CDU-Mitglieder getragen
Unkel. So gut besucht wie höchst selten war die letzte Sitzung des Unkeler Verbandsgemeinderats vor der Sommerpause. Viele Bürger wollten sich „vor Ort“ über die Zukunft des Freibadgeländes informieren. Über die hatte die CDU auf der Hauptausschusssitzung vor einem Empfehlungsbeschluss noch in der Fraktion beraten wollen, während sich die übrigen Ausschussmitglieder bereits für eine alle kostenlose Rückübertragung an die Stadt ausgesprochen hatten. „Um diese hat der Stadtrat laut Beschluss vom 6. März gebeten, ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an dem 25.714 Quadratmeter großen Gelände besteht nach der Aufgaben-Übergangs-Verordnung aber nicht“, konstatierte Verbandsbürgermeister Karsten Fehr, nachdem er die Ursprungslage und die aktuelle Situation dargelegt hatte.
Mit der Schließung des Freibades vor zwölf Jahren ist der Grund für die Übertragung des Geländes an die VG zum 1. Januar 1975, die Unterhaltung einer zentralen Sport-, Spiel- und Freizeitanlage entfallen und „nach den gemeindewirtschaftlichen Bestimmungen der Gemeindeverordnung (Gemo) ist die jetzige Situation mir einem jährliche Pflege- und Verkehrssicherungsaufwand für ein nahezu ungenutztes Areal und einem fortschreitenden Verfall der Aufbauten nicht vertretbar“, so der VG-Chef. Nach § 79, Absatz 1, Satz 3 dürften Vermögensgegenstände in der Regel nur zum Verkehrswert veräußert werden, allerdings, so Karsten Fehr enthalte diese Bestimmung durch diese Formulierung einen Ausnahmetatbestand. Der Passus enthalte kein absolutes, sondern nur ein grundsätzliches Gebot, so das in besonders gelagerten Fällen Ausnahmen zulässig seien. „Das Oberverwaltungsgericht Münster hat eine Durchbrechung des Verkauf zum Verkehrswert als zulässig angesehen, wenn der mit der Veräußerung beabsichtigte Zweck im öffentlichen Interesse liegt“, berichtete der VG-Chef. Ein solcher Zweck liege vor, da Unkel das ehemalige Freibadgelände der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen wolle.
Kommunalaufsicht: „Kostenlose Übertragung nicht möglich“
Das aber sieht die Kommunalaufsicht (KA) aber anders. Anfang Juni teilte sie dem VG-Chef mit: „Eine kostenlose Übertragung des Geländes ist aus unserer Sicht nicht möglich.“ Zwar könne die Tatsache, dass der Betrieb des Freibades bereits seit 2006 weggefallen sei, als Sonderfall angesehen werden, allerdings habe die VG seitdem die Kosten für das Gelände getragen und an diesen seien auch die übrigen drei Kommunen beteiligt gewesen. Nach deren Schreiben von Anfang des Monats „darf die Gemeinde Vermögensgegenstände grundsätzlich nur zum Verkehrswert veräußern.“ Zwar könne der Umstand, dass der Betrieb des Freibades bereits seit 2006 weggefallen sei, als Sonderfall angesehen werden, allerdings habe die VG seitdem die Kosten für das Gelände von 10.000 bis 30.000 Euro pro Jahr getragen und an diesen seien auch die übrigen drei Kommunen beteiligt gewesen, so dass man deren Interesse an einem Verkaufsertrag berücksichtigen müsse. Bei einer Übertragung des Freibades mit einem Preisnachlass an die Stadt sei zu bedenken, dass ein Verstoß gegen den Paragraphen 79 zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen würde, mahnte die KA, die sich auch noch bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) rückversichert hatte. Diese teilt zwar die Rechtsauffassung der KA, allerdings erklärt sie wie Karsten Fehr, dass der entsprechende Paragraph der Gemo nur ein grundsätzliches Verbot beinhalte. Die Formulierung „in der Regel“ lasse in besonders gelagerten Fällen eben Ausnahmen zu. „Dem liegt der Gedanke zugrunde, der Verschleuderung von mit öffentlichen Mitteln erworbenes Gelände zu Lasten der Allgemeinheit entgegenzuwirken!“ so die ADD.
Entsprechend ergänzte der VG-Chef den Beschlussvorschlag der Verwaltung dahingehend, dass für eine kostenlose Rückübertragung des ehemaligen Freibadgeländes nicht nur in einem notariell beurkundeten Vertrag festzulegen ist, dass der bei einem späteren Verkauf der einzelnen Parzellen erzielte Erlös abzüglich der von der Stadt bis dahin getätigten Investitionen zur Hälfte in die Kasse der VG fließt. Zusätzlich sollte der VG-Rat Karsten Fehr ermächtigen, gegen einen möglichen Aufhebungsbescheid seitens der KA Widersprich einzulegen.
CDU-Fraktion nicht 100-prozentig einig
„Die CDU-Fraktion hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und ist sich auch nicht 100-prozentig einig. Für die meisten von uns ist die kostenlose Rückübertragung keine Selbstverständlichkeit“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Stefan Schmitz. Wichtige Gründe würden dagegen sprechen. Schließlich müsse der VG-Rat ja auch die Interessen der drei anderen Kommunen der VG im Blick behalten. Wenn man dem Kaufangebot entsprechen würde, käme Geld in die kommunale Kasse und außerdem sei für Rheinbreitbach und Bruchhausen die Rückübertragung der Gelände für die alten Kläranlagen auch nicht kostenfrei gewesen, erinnerte er.
„Trotzdem hatten wir uns durchgerungen, den ursprünglichen Beschluss mitzutragen, nicht zuletzt weil die Stadt auf ursprünglich geforderte Ausgleichszahlung in Höhe von 250.000 Euro verzichtet hat und weil es nicht gut ist, das Gelände gegen den Willen Unkels zu verkaufen“, so Stefan Schmitz. Jetzt aber fordere die KA eine Ermittlung des Verkehrswertes des Geländes und stelle klar, dass eine kostenlose Rückübertragung gar nicht möglich sei. Der vorgesehene Beschluss würde entsprechend aufgehoben. „Wir stellen deshalb den Antrag, den Beschluss zu vertagen. Stattdessen soll der Verbandsbürgermeister in Gesprächen mit der KA eine rechtssichere Lösung suchen. Das ist besser, als mit dem Kopf durch die Wand zu gehen“, hob der CDU-Fraktionsvorsitzende hervor.
Gespräche mit der KA seien mehrfach geführt worden, ohne zu einem Ergebnis zu kommen, erwiderte Karsten Fehr, Seiner Ansicht nach sowie der von mehreren anderen Juristen sei die kostenlose Rückübertragung des Freibad-Grundstücks an die Stadt kein Rechtsbruch. Die KA habe zwar ein Beanstandungsrecht und könne verlangen, dass ein Beschluss innerhalb einer bestimmten Frist aufgehoben werde. „Gegen einen Aufhebungsbescheid der KA könnten wir vor dem Verwaltungsgericht Klage einreichen und hätten sehr gute Chancen dabei“, so der VG-Chef.
Das Schreiben der ADD sei eigentlich ein Steilpass für die kostenlose Rückübertragung, die zulässig sei, wenn ein öffentliches Interesse vorliege, hob Bernd Seiler-Rehling (UWG) hervor. Ein Verkaufserlös würde finanztechnisch untergehen, das Gelände im Besitz eines Privatinvestors sei für die Bürger verloren. Das sah auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reimann so: „Die Öffnungsklausel der ADD hat uns in unserer Position für eine kostenlose Rückübertragung noch bestärkt. Alles spricht gegen die Verzögerungstaktik der CDU und dagegen, das Gelände an Dritte zu verkaufen. Alles spricht für eine heutige Entscheidung“, erklärte er.
Es gehe nicht darum, eine Entscheidung auf die lange Bank zu schieben, sondern um Rechtssicherheit, entgegnete Alfons Mußhoff (CDU). Er habe noch nie eine so massive Stellungnahme der KA gesehen. Deshalb seien Gespräche besser, als einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen. Eine kostenlose Rückübertragung suggeriere zudem, die VG sei gewinnträchtiges Unternehmen, sprach sich seine Parteifreundin Gisela Stahl generell gegen einen solchen Schritt aus. Alle vier VG-Kommunen hätten 43 Jahre lang die Betriebskosten getragen, da könne es nicht angehen, dass drei keine Entschädigung erhalten würden. „Wir können das Gelände nicht kaufen, jedenfalls nicht ohne Kredit und den würde die KA nicht genehmigen“ so Stadtbürgermeister Gerhard Hausen, während Wolfgang Gisevius (SPD) auf die Modellhaftigkeit des Vorhabens hinwies, Bürger und Vereine Wie etwa „Ataspor“ und „Gemeinsam für Vielfalt“ (GfV) miteinzubeziehen.
Sorge vor privaten Investor
„Ich bin kein Freund, etwas zu verschenken. Andererseits habe ich große Sorge, dass wir ohne die kostenlose Rückübertragung an Unkel auf Umwegen ein Privatinvestor zum Zuge kommt. Und der könnte hier etwas ins Rheintal bauen, was hier nicht unbedingt hinpasst“, sprach sich auch Ralf Hillen (SPD) für den Beschluss aus. Der Vertrag gebe zudem Sicherheit, dass die Stadt das Gelände später nicht einfach verhökern könne. Den Kommunen würde sonst immer vorgeschrieben, wem sie wann was an Geld zu geben hätten. Hier könne der VG-Rat endlich selber bestimmen, hob er hervor, bevor Karsten Fehr sich noch einmal der KA widmete. „Der Verein ‚Gemeinsam für Vielfalt‘ hat eine von knapp 500 Bürgern unterschriebene Petition für die Einrichtung eines Begegnungsparks eingereicht. Wenn der VG-Rat, in dem Zweidrittel die anderen drei Gemeinden vertreten sind, mit einem möglichst klaren Beschluss ein weiteres starkes Signal setzt, dann wird die KA kaum gegen das Votum der Bürgerschaft vorgehen“, war er sich sicher. Entsprechend stimmten 19 Mandatsträger der kostenlose Rückübertragung des Freibad-Grundstücks an die Stadt zu mit dem Zusatz des notariell beurkundeten Vertrags. Fünf Ratsmitglieder stimmten dagegen, zwei enthielten sich. Einstimmig sprach sich der VG-Rat dagegen dafür aus, dass Karsten Fehr mit der KA Kontakt aufnimmt, falls diese wider Erwarten doch beabsichtige, den Beschluss aufzuheben.
DL