Fraktionen im Verbandsgemeinderat sowie der Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Vordereifel prangern neues Landesfinanzausgleichsgesetz an
Vom Regen in die Traufe – Der neue kommunale Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz
Vordereifel. Das Land hat sich auf den Weg gemacht, um entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts den kommunalen Finanzausgleich neu zu ordnen. Grund der Verfassungswidrigkeit des bisherigen Finanzausgleichs war u.a. das vollständige Fehlen eines Bedarfsermittlungsverfahrens; eine aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen war nicht gewährleistet. Weiterhin müssen die kommunalen Finanzmittel ausreichen, um die kommunalen Aufgaben zu erfüllen und darüber hinaus auch freiwillige Aufgaben wahrnehmen zu können.
Dazu muss der Gesetzgeber vor der Festsetzung der Verbundmasse und ihrer Verteilung unter die Kommunen deren eigene Finanzkraft und die Kosten ihrer Aufgaben betrachten, und zwar in einem transparenten und überprüfbaren sowie dokumentierten Verfahren. Zudem muss das Land die verschuldeten Kommunen in die Lage versetzen, Kassenkredite abzubauen und einen Haushaltsausgleich zu erreichen.
Soweit die Rahmenbedingungen, die dem neuen LFAG, welches zum 01.01.2023 in Kraft getreten ist, zugrunde liegen.
1. Das Land hat den kommunalen Finanzgleich um zunächst 275 Mio. Euro aufgestockt. Wobei ein Großteil nicht vom Land, sondern über die Finanzausgleichsumlage (also von den Kommunen selbst) kommt.
2. Schlüsselzuweisungen A: Der gesetzliche Schwellenwert für die Gewährung von Schlüsselzuweisungen A wurde von 78,5% auf 76% gesenkt. Die Ausgleichsquote von ehemals 100% wurde auf 90% abgesenkt. Der Schwellenwert nach § 13 Abs. 2 LFAG wurde im Haushaltsrundschreiben mit 1.373,33 Eur/Ew. mitgeteilt. Den Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Vordereifel stehen somit Schlüsselzuweisungen A in Höhe von 6.897.460 Euro zu. Nach § 13 Abs. 3 LFAG wird der maximal bereitgestellte Betrag auf 14% der Gesamtschlüsselmasse begrenzt.
Der Schwellenwert beträgt demnach nur noch 1.089,12 Eur/Ew., was in der Summe 2.937.735 Eur an Schlüsselzuweisungen A ergeben. Im Ergebnis führt dies zu einer erheblichen Reduzierung (./. 3.959.725 Euro) der Schlüsselzuweisungen A gegenüber dem Status Quo.
Damit sind die Ortsgemeinden die großen Zuweisungsverlierer!
3. Schlüsselzuweisungen B: Erstmals erhalten nach § 14 LFAG auch Ortsgemeinden Schlüsselzu-weisungen B, wenn die Ausgleichsmesszahl die Finanzkraftmesszahl übersteigt. Insbesondere für Ortsgemeinden, die eine Grundschule in eigener Trägerschaft haben, eine gute Sache. Entsprechend § 15 LFAG wird die Ausgleichsmesszahl über einen Haupt- und verschiedenen Nebenansätzen gebildet. So wird in Abs. 4 Nr. 2 der Schulansatz behandelt. Die Schüler in einer Ortsgemeinde werden mit dem Faktor 12 multipliziert. Hingegen wird ein Schüler, der eine Grundschule in der Trägerschaft einer Verbandsgemeinde besucht, nur mit dem Faktor 3,3 angerechnet. Nach der aktuellen Berechnung erhält die Verbandsgemeinde Vordereifel Schlüsselzuweisungen B in Höhe von 1.251.051 Euro. Würde auch bei einer Verbandsgemeinde der Schulansatz mit dem Faktor 12 angewandt, so erhielt die VG Vordereifel 3.527.315 Euro. Also insg. 2.276.264 Euro weniger. Hier muss sich die Frage gestellt werden: Verursacht ein Schüler in einer Schule, die in der Trägerschaft einer Verbandsgemeinde steht, weniger Kosten als ein Schüler, der in eine Schule geht, wo eine Ortsgemeinde Träger ist?
4. Steuerkraftzahlen: Im § 17 Abs. 2 LFAG werden die sog. Nivellierungssätze u.a. mit dem Argument angehoben, dass die Kommunen ihre eigene Einnahmen auszuschöpfen haben. Hierbei wird wohl verkannt, dass die Ortsgemeinden von einer Anhebung der Steuerhebesätze (bis zur Höhe der Nivellierungssätze) nur marginal profitieren. Der Großteil der Mehreinnahmen wird durch Umlagen abgeschöpft. Insgesamt verlagert das Land die angedachte finanzielle Besserstellung mit der signifikanten Anhebung des Nivellierungssatzes der Grundsteuer B auf die Bürger. Und dies in einer Zeit, in der die Menschen durch Inflation und explodierende Energiepreise bereits erheblich belastet sind. Hinzu kommt die Umsetzung der Grundsteuerreform, mit welcher zahlreiche Grundstücke nach Jahrzehnten erstmals neu bewertet werden und insoweit auch mit erheblich erhöhten Steuerlasten zu rechnen ist. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass die neuen Nivellierungssätze bereits für einen Zeitraum zugrunde gelegt werden, für die die Ortsgemeinden keine Möglichkeit der Anpassung der Steuerhebesätze hatten.
5. Finanzausgleichsumlage: § 30 Abs. 3 LFAG sieht vor, dass ab dem Jahr 2023 alle kommunalen Gebietskörperschaften, entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit, zur Zahlung der Finanzausgleichsumlage herangezogen werden. Unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Solidargemeinschaft ist diese Regelung grundsätzlich zu befürworten. Allerdings sehen wir keinerlei rechtlichen Spielraum für die Sonderregelung nach Abs. 4 für das Jahr 2023 –Wegfall der Umlage für die ersten 50%-. Wenn die Ist-Einnahmen bei der Stadt Mainz in entsprechender Höhe vorliegen, dann ist hiervon auch die Umlage nach Abs. 3 abzuführen. Durch die Sonderregelung werden dem kommunalen Finanzausgleich weitere rd. 200 Mio. vorenthalten. Dieser Einmaleffekt tritt durchaus auch in kleinen Kommunen auf. Dabei geht es vielleicht nicht um Millionen, aber im Verhältnis zu der ursprünglich zu zahlenden Finanzausgleichsumlage ist die prozentuale Erhöhung ähnlich der Belastung der Stadt Mainz. Hier sei die Ortsgemeinde Welschenbach genannt, die mit 5.231,67 Eur/Ew. über dem Schwellenwert liegt. Auf eine Sonderregelung lex-Welschenbach wartete man hier vergebens.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das vorliegende LFAG in keinster Weise den gesteckten Anforderungen des Verfassungsgerichtes entspricht. Eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung der Kommunen erfolgt bei Weitem nicht. Folge ist, dass sich die kommunalen Haushalte weiter unausgeglichen darstellen und das Land sich seiner Verpflichtung gänzlich entzieht. Seinen traurigen Höhepunkt findet die kommunale Finanzmisere in einer Weisung des Innenministers an die Aufsichtsbehörden:
- Unausgeglichene Haushalte werden nicht mehr genehmigt!
- Investitionskredite werden bei einem unausgeglichenen Haushalt nicht mehr genehmigt!
- Liquiditätskredite sind innerhalb von höchstens 36 Monaten zurückzuzahlen!
Das Land verweigert den Kommunen die Möglichkeit eines ausgeglichenen Haushaltes und verweigert im gleichen Zug die Genehmigung der Haushalte.
Die Folge wird sein, dass
- die Steuerhebesätze ins unermessliche steigen werden (ohne dass hierdurch ein Haushaltsausgleich herbeigeführt werden kann). Hebesätze bei der Grundsteuer B von bis zu 1.000 v.H. werden als verfassungskonform angesehen. Nur zum Vergleich: Hamburg 540 v.H., München 535 v.H.
- die Investitionstätigkeit und die Ortsentwicklung (Neubaugebiete) zum Stillstand kommt
- keine Förderprogramme mehr in Anspruch genommen werden können (selbst bei einer 90%-igen Förderung)
- freiwillige Leistungen nicht mehr möglich sind.
Es entsteht immer mehr der Eindruck, als wenn das Land durch diese Maßnahmen gezielt die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden zerstören will. Es ist abzusehen, dass sich unter diesen Umständen bei den kommenden Kommunalwahlen 2024 keine Bürger/innen für ein Ehrenamt hergeben. Wer opfert seine Zeit, um feststellen zu müssen, dass eigenverantwortliches Handeln und Gestalten vor Ort nicht möglich und wohl auch nicht gewollt ist. Aber vielleicht ist es genau das, was die Landesregierung hiermit bezweckt - eine Verwaltungsreform durch die „kalte Küche“.
Ohne ehrenamtliches Engagement sind unsere Kommunen am Ende! Wer denkt, dass Gruppen weiterhin freiwillig und unentgeltlich Ortsverschönerungs- und Unterhaltungsmaßnahmen durchführen, wenn sie im gleichen Atemzug zu exorbitanten Realsteuerhebesätzen herangezogen werden, versteht die kommunale Familie nicht! Und genau diesen Eindruck hat man von den handelnden Personen in Mainz!
Die Verbandsgemeinde Vordereifel prüft derzeit eine Klage gegen das neue LFAG.
Pressemitteilung
der Fraktionen im
Verbandsgemeinderat sowie der
Ortsgemeinden der
Verbandsgemeinde Vordereifel