Diskussion um Stolpersteine in Rheinbach
Nach Ablehnung wird ein Kompromiss gesucht
Ausschuss verschiebt Entscheidung über die Mahnmale nach langer Diskussion auf den Stadtrat am Montag
Rheinbach. So richtig geglaubt hatte an eine positive Entscheidung kaum jemand im Himmeroder Hof von Rheinbach. Etwa 50 Gäste, meist Mitglieder der Initiative „Rheinbacher Bürger für Stolpersteine“, verfolgten am Montagabend gespannt die Sitzung des städtischen Kulturausschusses. Der nahm sich in der Sondersitzung mit diesem einzigen Tagesordnungspunkt Zeit, lehnte allerdings letztendlich den Bürgerantrag auf Verlegung der 34 Mahnmale in dieser Form ab und stimmte über weitere Anträge dazu nicht mehr ab. Nun wird in dieser Woche noch ein Kompromiss gesucht, der am kommenden Montag, 22. April, ab 18 Uhr zur Beratung im Stadtrat eine Mehrheit finden soll.
Alle Parteien beteiligten sich an der teilweise emotional geführten Diskussion, und zum ersten Mal kam mit der Vorsitzenden Daniela Roggendorff auch die Initiative zu Wort. Sie nutzte diese Gelegenheit, um noch einmal die Argumente der Bewegung anzusprechen und noch 200 neue Befürworter-Unterschriften an Bürgermeister Stefan Raetz zu überreichen. „Diese nun 1800 Unterschriften sind tatsächlich eine einmalige und beispiellose Aktion in der Stadt“, bestätigte Raetz die Aussage Roggendorffs. Die Sprecherin hatte darauf hingewiesen, wie breit die Zustimmung zu ihrem Antrag in der Bevölkerung sei, das belege nicht zuletzt die Zahl von 1800 Unterschriften. Und es sei sehr wichtig, viele gerade junge Leute sich in der Initiative engagierten. „Eine Diskussion, wie wir sie jetzt führen, wäre vor 20/30 Jahren gar nicht möglich gewesen. Doch die Erinnerungskultur und wie wir mit unserer Geschichte umgehen, verändern sich. Wir haben eine neue Qualität der Vergangenheitsbewältigung gefunden. Die Stolpersteine stellen einen persönlichen Bezug zu einzelnen Personen dar, zu Menschen, die in unserer Mitte gelebt haben. Bürger engagieren sich und geben Geld für diese Mahnmale. Es ist ein moralisches und ethisches Thema geworden. Daher wollen wir auch jede Parteipolitik heraushalten, es geht allein um die Sache und politische Kultur.“ Es sei gut, dass in der Bevölkerung über die Verlegung diskutiert werde. Im Vorfeld hatten sich bei der Befragung der Hauseigentümer zehn bei der Stadt gemeldet, fünf für die Steine, drei dagegen ausgesprochen bei zwei Enthaltungen. Roggendorff forderte nun, die Steine sofort dort zu verlegen, wo es Zustimmung gebe, außerdem sollte man einen Kompromiss für die anderen Standorte suchen. Die Diskussion im Ausschuss leitete Nils Linke von den Grünen ein und betonte, es sei doch eigentlich selbstverständlich, für die Verlegung zu sein. Das hätten die Entscheidungen in Hunderten von anderen Städten in Europa gezeigt. „Über die Diskussion, die hier geführt wird, muss man sich ja eigentlich schämen.“ Erich Scharnbroich (CDU) belegte mit den ersten Paragrafen des Grundgesetzes das Recht auf freie Meinungsäußerung und den Schutz Andersdenkender. Die CDU werde keinen Fraktionszwang ausüben und die Entscheidung jedem Einzelnen überlassen. Er persönlich meinte, der Opfer sei in der Stadt Rheinbach hinreichend gedacht, jeder müsse seinen eigenen Weg finden zum Erinnern und Mahnen. Ute Krupp (SPD) begründete den Antrag ihrer Fraktion auf Verlegung der Steine dort, wo die Eigentümer zugestimmt hätten, und darüber hinaus an anderen Stellen einen Kompromiss zu suchen. Das habe der Bornheimer Bürgermeister Wolfgang Henseler beispielhaft praktiziert und sich mit den betroffenen Eigentümern und den Ortsvorstehern zusammengesetzt. „Unser Bürgermeister wäre doch auch ein guter Moderator.“ Lorenz Euskirchen begrüßte „die Diskussion und alle wichtigen Argumente“. Er formulierte den Antrag der FDP: „Wir verlegen sofort dort, wo es Zustimmung der Eigentümer gibt, wo nicht, verlegen wir die Steine an einem anderen zentralen Ort in der Stadt.“ Diese Praxis sei schon in anderen Städten durchgeführt worden. Oliver Baron (CDU) begründete seine Ablehnung damit, die Steine würden im Straßenschmutz mit Füßen getreten. Er beantragte geheime Abstimmung, um allen die Möglichkeit zu geben zur persönlichen Entscheidung. Die fiel dann gegen den Bürgerantrag aus: sechs Ja- und sieben Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen. Zu weiteren Abstimmungen über die SPD- und FDP-Anträge kam es nach Vertagungs-Wunsch der SPD nicht mehr.
„Wir haben zwar unseren Antrag nicht direkt durchbekommen. Aber wir sehen die Möglichkeit zu einem Kompromiss. Dass nämlich die Stolpersteine dort, wo es Zustimmung gibt, sofort verlegt werden können. Und über die anderen werden wir dann nachdenken und hoffentlich einen guten Weg finden“, äußerte sich Daniela Roggendorf nach der Sitzung. Nun werden sich Politiker und Bürger erneut treffen am kommenden Montag, wenn ein Kompromiss beraten werden soll. Los geht es um 18 Uhr im Himmeroder Hof in Rheinbach.
