Neujahrsempfang der CDU Wachtberg war gut besucht
Christdemokraten wollen ihre Projekte aktiv in Rat und Ausschüssen einbringen
Dr. Gerd Landsberg sieht die anhaltenden Flüchtlingsströme als drängendstes Problem der Kommunen an
Niederbachem. Optimistisch geht der neue Vorsitzende der Wachtberger CDU, Jörg Schmidt, in das beginnende Jahr 2015. Das sagte er beim gut besuchten Neujahrsempfang der Christdemokraten im Henseler Hof in Niederbachem. Dass die CDU seit dem Sommer nicht mehr den Bürgermeister in der Gemeinde Wachtberg stelle, sei natürlich schmerzlich. Dennoch sei die CDU weiterhin stärkste Kraft im Rathaus. „Das vergangene halbe Jahr hat auch sehr deutlich gezeigt, dass wir noch da sind, denn mit wechselnden Mehrheiten haben wir Projekte bestimmend gestaltet, die gut für Wachtberg sind“. Als Beispiele nannte er den Kunstrasenplatz in Niederbachem, die Erweiterung der Grundschule Niederbachem, den Jugendtreff in Adendorf, die Unterstützung der Ehrenamtskarte und das Bemühen um ein schnelles Internet in Pech.
Auch für die Zukunft gelte: „Wir werden aktiv unsere Projekte in Ausschüsse und Rat einbringen. Wenn darüber hinaus gute Vorschläge für die Gestaltung Wachtbergs auf den Tisch gelegt werden, sind wir dabei und bringen mit allen zusammen die Sache nach vorne“, versprach Schmidt. Das vergangene halbe Jahr habe bereits gezeigt, dass die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen trotz zum Teil unterschiedlicher Meinungen in Sachfragen viele Dinge gemeinsam auf den Weg gebracht hätten. Das gebe ihm die Hoffnung auf eine konstruktive Zusammenarbeit im Rat der Gemeinde Wachtberg. Als nächste große Herausforderung sieht er die Beratung des Haushalts an, der bislang ohne Haushaltssicherungskonzept auskomme. Die CDU werde Bürgermeisterin Renate Offergeld (SPD) gerne dabei unterstützen, auch weiterhin ohne Haushaltssicherungskonzept auszukommen, damit Wachtberg auch zukünftig handlungsfähig bleibe und selbst bestimmen könne, wohin die Reise gehe. „Wachtberg ist leistungsfähig genug, um ohne Steuererhöhungen und massive Leistungseinschränkungen einen gesunden Haushalt aufstellen zu können. Das sollte das gemeinsame Ziel aller Kräfte im Rat sein. Wir stehen für eine konstruktive Zusammenarbeit zur Verfügung“.
Aufbruchstimmung zeigt sich in der Partei
Die Wachtberger CDU habe seit Ende November einen neuen Vorstand, nicht nur deshalb herrsche Aufbruchstimmung in der Partei. Schmidt zeigte sich sehr optimistisch, das verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen zu können. Als verlässlicher Partner der Bürger wolle die CDU die Zukunft für Wachtberg vernünftig gestalten, dabei aber nicht nur bewahren, sondern auch weiterentwickeln - wie etwa die Neue Mitte von Wachtberg, die derzeit als Baustelle noch grau und eintönig aussehe, „doch wenn es fertig ist, werden sich die meisten sagen, dass es gut und richtig war“. Hauptredner des Neujahrsempfangs war Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.
Als derzeit drängendstes Problem der Kommunen sah er die wachsende Zahl von Flüchtlingen an, die von den Städten und Gemeinden untergebracht werden müssten. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass 2014 eine Viertelmillion Menschen nach Deutschland geflohen sind, was die Flüchtlingsproblematik in eine neue Dimension hebe - zumal man davon ausgehen müsse, dass die meisten davon auf Dauer in Deutschland bleiben wollen. „Die Asylpolitik wird sich verändern müssen“, sagte er voraus. Schließlich sei ein großer Anteil der Asylbewerber gar nicht auf der Flucht vor Krieg oder Bürgerkrieg, sondern schlicht und einfach auf der Suche nach wirtschaftlichem Aufstieg. Deshalb müsse man differenzieren zwischen echten Asylbewerbern und Wirtschaftsflüchtlingen. So sehe es auch Artikel 16 des Grundgesetzes vor, der lediglich davon spreche, dass man Menschen helfen müsse, die verfolgt würden. Landsberg plädierte dafür, die Wirtschaftsflüchtlinge aus dem System des Asylrechts herauszunehmen. Was faktisch schon teilweise geschehen sei, indem die Bundesregierung Länder wie Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsländer klassifiziert hätte.
„Trotzdem brauchen wir so etwas wie einen Marshallplan für die Flüchtlingshilfe“, so Landsberg unter dem Beifall der etwa 100 Gäste, darunter Landrat Sebastian Schuster (CDU), Bürgermeisterin Renate Offergeld (SPD), die Vizebürgermeister Christian Stock (CDU), Paul Lägel (SPD) und Oliver Henkel (Grüne) sowie Repräsentanten aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen.
Vor allem würden mehr Erstaufnahme-Einrichtungen gebraucht, in denen die Asylbewerber so lange unterkommen können, bis über ihren Asylantrag entschieden ist. Dies sollte eigentlich nach drei Monaten erledigt sein, doch in Wahrheit warte ein Asylbewerber im Durchschnitt achteinhalb Monate auf eine Entscheidung. Mehr Personal in diesem Bereich könnte das Problem dauerhaft verringern, war Landsberg überzeugt.
Bessere Öffentlichkeitsarbeit bezüglich der Flüchtlingsströme
Außerdem sah er es als sinnvoll an, dass anerkannte Asylbewerber sofort arbeiten dürften, wenn sie einer Kommune zugewiesen würden. Notwendig sei darüber hinaus ein Bauprogramm für Flüchtlingsunterkünfte, die vom Bund und Land finanziert werden müssten und nicht von den Kommunen. Auch ein Gesundheitsfonds müsse eingerichtet werden, denn viele der Flüchtlinge aus Kriegs- oder Bürgerkriegsgebieten seien schwer verletzt und traumatisiert. Doch vor allem sei eine bessere Öffentlichkeitsarbeit notwendig, wofür ein „Lage- und Kommunikationszentrum Flüchtlinge“ sorgen könne, welches besonders die positiven Seiten und nicht immer nur die Probleme der Flüchtlingsströme herauskehre.
Positiv wirken könne sicherlich auch ein EU-Sonderbeauftragter für Flüchtlingshilfe, dessen Aufgabe es vor allem sein müsste, eine solidarische europäische Flüchtlingspolitik zu initiieren. Schließlich nehme die Hälfte der EU-Staaten entweder gar keine oder nur sehr wenige Flüchtlinge auf, berichtete Landsberg, das müsse sich dauerhaft ändern. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes sagte voraus: „Das Thema wird uns leider erhalten bleiben, und die Aufgabe der Kommunen wird es sein, diese Menschen aufzunehmen, sie zu integrieren und ihre Potenziale zu nutzen“.
Ein weiteres Thema waren die kommunalen Finanzen, insbesondere die Kassenkredite der Kommunen, die mittlerweile auf 50 Milliarden Euro gestiegen seien: „Vorsicht, Explosionsgefahr!“. Die Hälfte davon werde allein in Nordrhein-Westfalen benötigt, wusste der Jurist. Und das, obwohl es Deutschland finanziell so gut gehe wie schon lange nicht mehr, mit jährlichen Steuereinnahmen von 660 Milliarden Euro. „Das muss dann auch mal reichen“, erteilte er weiteren Steuererhöhungen von vornherein eine Absage. Hauptgrund für die gestiegenen Schulden der Kommunen seien die unaufhörlich steigenden Ausgaben für soziale Leistungen. Im kommenden Jahr würden diese auf 50 Milliarden Euro anwachsen, sagte er voraus, weil immer mehr Leistungen hochgefahren würden.
Die Bereitschaft, zusätzliche soziale Leistungen zu gewähren, ohne zu fragen, wie das Ganze finanziert werden solle, sei in der Politik angesichts sprudelnder Steuerquellen deutlich gestiegen. Darüber würden dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur sträflich vernachlässigt. Dabei brauche man unaufschiebbar bessere Straßen, Schulen und Breitbandanschlüsse in der „Bröckelrepublik Deutschland“. Eine Erhöhung der Zinsen bringe den gesamten Sozialstaat in Gefahr und damit auch die soziale Ruhe in Deutschland, befürchtete er. Daher sei es dringend erforderlich, die Kommunalfinanzen auf eine neue Basis zu stellen.
Jörg Schmidt blickte optimistisch in die Zukunft.

