Bürgerverein Arzdorf 1991 e. V.
„Windradplanung beunruhigt“
60 Bürger aus Arzdorf ließen sich vom Bürgerverein über die bisher bekannten Einzelheiten unterrichten
Arzdorf. Bei der kürzlich stattgefundenen Jahreshauptversammlung des Bürgervereins Arzdorf wurde festgestellt, dass der Arzdorfer Bevölkerung nicht bekannt war, dass zwischen Arzdorf, Adendorf und Fritzdorf drei bis vier Windräder gebaut werden sollen. Dieses Informationsdefizit wurde ausgeräumt. Etwa sechzig Bürger des 300-Seelenortes ließen sich vom Bürgerverein über die bisher bekannt gewordenen Einzelheiten unterrichten. In einem etwa einstündigen Vortrag informierte der Vorsitzende des Bürgervereins Arzdorf, Dieter Klocke, über gesetzliche Grundlagen und ein im Gemeinderatsausschuss vorgetragenes Gutachten von Professor Kötter (Universität Bonn). Er berichtete weiter über die Projektierung durch die Osnabrücker Firma ENP Wind GmbH und über die zu erwartenden Auswirkungen auf die Arzdorfer Bevölkerung.
Im Mittelpunkt der Ausführungen stand zunächst die Gesetzeslage, die den Bau von Windenergieanlagen nachdrücklich fördert. Einschränkungen für den geplanten Windradbau ergäben sich aus dem Paragraf 35, Baugesetzbuch. Im Vierkilometerradius um das Radar des Fraunhofer Institutes Werthhoven, fünfhundert Meter um Siedlungsbereiche und in Naturschutzgebieten ist der Windradbau untersagt. Bei Einrichtung einer Konzentrationsfläche für Windräder im Flächennutzungsplan der Gemeinde Wachtberg und der Erhöhung des Schutzabstandes um Siedlungen bis zu eintausend Metern könne sich die Gemeinde schützen und den Bereich des ehemaligen Drachenfelser Ländchens ansonsten „Windrad-frei“ halten. Dafür müssten halt die 1969 eingemeindeten Ortsteile Arzdorf, Fritzdorf und Adendorf drei bis vier Windräder ertragen.
Alternativ müsse nach Ansicht von Klocke die Politik abwägen, ob Naturschutz, Landschaftspflege, Bodenschutz oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt werde oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet werde. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die drei betroffenen Ortschaften schon durch die Bundesautobahnen A 565 und A 61 und die Überland-Stromleitungen belastet seien. In unmittelbarer Nähe des historischen Töpferdorfes und seiner wunderschönen Burg seien die Riesentürme an Windrädern fehl platziert. Die Firma ENP Wind projektiere in einem Gelände, das bei allen gesetzlichen Einschränkungen für eine Konzentrationsfläche für Windräder übrig bliebe, drei bis vier Windräder, die eine Gesamthöhe von je 198,5 Metern hätten. Der Kölner Dom ist nur 159 Meter hoch und vermittele dem Betrachter einen Eindruck imposanter Höhe. Drei bis vier Windräder, die noch einmal vierzig Meter höher seien, würden die Burg Adendorf in den Schatten stellen.
Als Belastung für die Arzdorfer müsse die von der Firma ENP errechnete durchschnittliche Schallemission von 35 Dezibel in Kauf genommen werden. Diese rhythmische Beschallung des Ortes liefe in Abhängigkeit vom Wind bei Tag und bei Nacht. 40 Dezibel sei die offizielle Schmerzgrenze für „belebte Mauern bei Nacht“ (Bundes-Immissionsschutzgesetz). Hoffentlich habe sich die Firma nicht verrechnet, denn in die komplizierte Berechnung müssten auch Landschaftsformen etc. berücksichtigt werden. Arzdorf sei dabei besonders betroffen, da der überwiegend vorherrschende Westwind den rhythmisch auftretenden Schall unmittelbar den Arzdorfern zutrage. Auch der Schattenschlag sei nicht ohne Belastung für die Bürger. Bei einem Rotordurchmesser von 117 Metern, müsste je nach Stand der Sonne davon ausgegangen werden, dass der stetige Wechsel von Schatten und Halbschatten psychische Belastungen für empfindliche Menschen mit sich bringt.
Mit dem Bau der Windräder ginge eine Zersiedelung der landwirtschaftlichen Nutzflächen einher. Neben den Betonflächen für die Windräder müssten zusätzliche Betonflächen für Kräne entstehen. Einzäunungen, Zufahrten für schweres Gerät und Feld übergreifende Flächennutzung der Windräder Infrastruktur erschwerten die landwirtschaftliche Nutzung. Gefahren durch Eisbruch, Hagel- und Regenbeschleunigung seien unzureichend erforscht, um endgültige Risikopotenziale für Gefährdung und Ertrag einschätzen zu können.
„Weshalb also Windräder?“ Die Firma ENP habe ein legitimes Interesse, Geld zu verdienen. Sie projektiere die Windräder, um die staatlichen Subventionen abzugreifen. Auch wenn nach dem Windatlas des Deutschen Wetterdienstes das Gelände in einer Schwachwindregion liege, seien die Windräder bei einer Höhe von 198,5 Metern derzeit noch wirtschaftlich. Dass Windräder in den Starkwindregionen an der Küste oder auf Höhenkuppen effizienter seien, stehe nicht zur Debatte. Die Stärke der Region, Sonnenschein und Wärme könne mit Fotovoltaik und Luftwärmepumpen oder mit Kraft-Wärme-Kopplung, besser für die Erzeugung regenerativer Energie genutzt werden und bringe keine landschaftlichen Einschnitte mit. Allein in Arzdorf seien mindestens neun Fotovoltaikanlagen und mehrere Luft-, bzw. Erdwärmepumpen in Betrieb. Der berechtigte Wunsch Wachtberger Bürger, sich ihre schöne Landschaft zu erhalten und zusätzliche Belastungen durch Schall- und Schattenemissionen zu vermeiden, stehe dem ökonomischen Interesse der Windradprojektierer gegenüber. Dort sei es notwendig, die Arzdorfer Bedenken gegen die geplanten Windräder deutlich zu machen. Klocke erläuterte, dass nicht das Floriansprinzip (Windräder ja, aber nicht hier) oder der Boykott regenerativer Energieerzeugung Grundlage seiner Überlegungen seien. Vielmehr stehe das berechtigte Interesse der Arzdorfer Bürger im Mittelpunkt, abzuwägen, ob für einen Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren die Arzdorfer, Fritzdorfer und Adendorfer zusätzliche Belastungen und einen massiven Eingriff in die Landschaft hinzunehmen hätten.
In der nachfolgenden einstündigen lebhaften Diskussion kristallisierte sich sehr schnell heraus, dass die absolute Mehrheit der Arzdorfer empört über die Mehrbelastung durch Windräder ist. Die Zerstörung des Landschaftsbildes, die Belastung durch Schallemissionen und der rhythmische Schlagschatten verschlechtere die eigene Lebenssituation. Eine 25-jährige Arzdorferin kündigte an, dass sie bei Bau der Windräder ihrer Heimat den Rücken kehren wolle. Sie spräche für viele junge Arzdorfer, die den Verlust an Lebensqualität nicht hinnehmen wollten. SIe seien unzufrieden mit den Kommunalpolitikern, die Bürgerbeteiligungen versprächen und diese in amtlichen Mitteilungen verwirklichten. „Weshalb werden wir nicht durch Bürgermeister und Ortsvertretungen in Dorfversammlungen über so einschneidende Planungen unterrichtet?“ Die Bürger hätten ihre Politiker gewählt, um über ihre Repräsentanten auch ihre Vorstellungen umgesetzt zu bekommen. Andere Diskussionsteilnehmer deuteten an, dass es innerhalb Wachtbergs ein Gefälle zwischen den „prominenteren“ Ortsteilen und den drei südwestlichen Dörfern gäbe. „Fahrradwege für Villip und Pech. Windräder für Arzdorf, Fritzdorf und Adendorf.“ Frau Ursula Perkams, Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft zum Schutz der Landschaft in Wachtberg und Umgebung, wies diese Thesen nachdrücklich zurück. In der Vergangenheit hätten diese drei Ortschaften dank ihrer kommunalpolitischen Vertreter viele positive Neuerungen erhalten. Einig waren sich alle, dass die Gemeinde Wachtberg in ihrer Gesamtheit für die Entwicklung sensibilisiert werden müsse.
In der nahen Zukunft wollen die Arzdorfer ihre Vorstellungen gegenüber der Kommunalpolitik verdeutlichen. Auch gemeinsame Veranstaltungen mit Fritzdorfer und Adendorfer Bürger sind gewünscht. Pressemitteilung
Bürgerverein Arzdorf 1991 e. V.
Windräderplanung zwischen Arzdorf, Adendorf und Fritzdorf.Foto: Privat
