Ärztin Sabine Kirchner ist für humedica e.V. in Liberia
Der unermüdliche Kampf...
In ihrem Blog versucht die Ärztin, ihre Erlebnisse zu verarbeiten
Ärztin Sabine Kirchner war für humedica bereits in den verschiedensten Katastrophengebieten im Einsatz und sah sich mit Überschwemmungen, Taifunen und Flüchtlingslagern konfrontiert. Ihr aktueller Einsatz in dem unter der Ebola-Epidemie leidenden Land Liberia stellt sie jedoch vor ganz neue Herausforderungen. In ihrem Blog versucht sie, die Ereignisse zu verarbeiten.
Tag1
Nach sechseinhalb Stunden Flug ist unser Team sicher in Monrovia, der Hauptstadt Liberias gelandet. Obwohl es bereits mitten in der Nacht war, erwarteten uns die Mitarbeiter unserer Partnerorganisation Medical Teams International (MTI) bereits und brachten uns in ein nahegelegenes Hotel. Die Nacht war kurz, aber die Anstrengung des vergangenen Tages ließ alle gute schlafen. Nach einem kurzen Frühstück und einer Arbeitseinweisung durch MTI-Mitarbeiter Mike fahren wir in das Stadtzentrum von Monrovia. Ich bin kaum aus dem Auto ausgestiegen, als mich bereits ein erster Mann anspricht. Seine Frau liege mit Ebola im nächsten Krankenhaus, doch sie hätten weder Geld noch Medikamente. Er scheint so verzweifelt und hilflos. Ich erkläre ihm, dass wir erst gestern angekommen sind, aber Tonnenweise Hilfsgüter mitgebracht haben, die wir an das Gesundheitsministerium übergeben konnten und die nun an die Krankenhäuser verteilt werden.
Es herrscht reges Leben in der Stadt. Alles scheint auf den Beinen, auch viele Kinder sind unterwegs, denn die Schulen sind geschlossen. Vor einer kleinen Apotheke spricht mich erneut ein Mann an. Er ist krank und bräuchte Medikamente, erklärt er mir. Er betont, dass er sicher nicht an Ebola leide. In der Apotheke gibt es kaum etwas und ich bemerke, dass auch Menschen, die nicht an Ebola erkrankt sind, mit dem Versorgungsengpass konfrontiert sind.
Wo immer man in Monrovia hinkommt, wird Fieber gemessen. Mir wird ganze Bange, wenn ich daran denke, wie viele Krankheiten mit Fieber einhergehen und die Menschen dann fälschlicherweise in die Ebola-Zentren gebracht werden, wo sie sich wahrscheinlich erst damit infizieren. Als ich mich mit diesem Gedanken an MTI-Mitarbeiter Andrew wende, kann er mich beruhigen. Er erklärt mir, dass Patienten mit Fieber zuerst in Quarantäne und nur nach einem positiven Ebola-Test in die entsprechenden Zentren kommen.
Trotz all der Bemühungen der vielen nationalen und internationalen Helfer, ist das Gesundheitswesen hier in Liberia am Boden. Umso mehr überrascht mich, mit welcher Herzlichkeit uns die Menschen begegnen.
Tag2
Heute Morgen sind wir in den besonders von Ebola betroffenen Bezirk Bomi county gefahren, um uns ein Bild über die Situation vor Ort zu machen. Kollegen stellten uns den 22jährigen Ismael vor. Er ist in der vergangenen Nacht in einem leerstehenden Haus in Quarantäne genommen worden. Noch ist Ismael gesund, er hatte jedoch Kontakt zu Ebola-Patienten und muss nun die 21 Tage Inkubationszeit abwarten. Er wirkt schüchtern und hilflos, als er uns erzählt, wie hungrig und durstig er sei. Mein eigener Sohn ist gerade einmal zwei Jahr älter als Ismael und ich kann mir nicht vorstellen, wie er in dieser Situation reagieren würde...
Tag 3
Eigentlich wollten wir schon gestern mit den Krankenhauskontrollen beginnen, aber noch immer sind alle normalen Kliniken geschlossen, einzelne sollen erst in wenigen Tagen wiedereröffnet werden. Der Grund für die geschlossen Krankenhäuser liegt auf der Hand: Die meisten Angestellten sind an Ebola erkrankt oder bereits verstorben, der Rest hat aus Angst vor einer Infektion die Flucht ergriffen.
Sobald die Kliniken wieder öffnen, müssen sie sich an besondere Regeln halten: Alle neuen Patienten gehen durch eine sogenannte Triage. Wenn sie Fieber haben oder Kontakt zu Ebola-Kranken oder Verstorbenen hatten, kommen sie für 21 Tage in Quarantäne.
Doch die sind noch immer Mangelware, weshalb sich die Nachrichten landesweit an Regierungsvertreter und Bischöfe wenden, und um die Bereitstellung von Quarantäneräumen bitten. Wenn ein Patient im Krankenhaus jedoch direkt positiv auf Ebola getestet wird, kommt er zur Behandlung in eine gesonderte Ebola-Station.
Menschen, die an anderen Krankheiten leiden, können momentan nur ambulant versorgt werden. Es gibt keine Krankenwagen für Unfälle und Frauen müssen zu Hause entbinden. Die Krankenwagen, die wir in diesen Tagen mit Blaulicht durch die Straßen rasen sehen, transportieren ausschließlich Ebola-Patienten. Die allgegenwärtige Gefahr der Krankheit wird dadurch auf beunruhigende Weise immer wieder deutlich.
Die gesamten Beiträge findet man unter: http://www.humedica.org/berichte/2014/blog-tag-1-in-liberia/index_ger.html
Quelle: Numedica e.V.
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