Managergehälter sollen gekappt werden
Gehaltsexzesse vor dem Aus
Die Eidgenossen haben abgestimmt: Nach ihrem Volksentscheid für eine Kappung von Managergehältern sprechen sich auch bei uns Politiker für niedrigere Grenzen bei Managergehältern aus. Wie und ob dies überhaupt realisierbar ist, ob es auch tatsächlich sinnvoll ist und ab welchem Gehalt eigentlich angesetzt werden soll - darüber wird kontrovers diskutiert.
Bern. Für die einen sind sie jenseits von Gut und Böse, für die anderen schlichtweg außerhalb jedweder Vorstellungskraft: die Gehälter der deutschen Top-Manager. Wer denkt, 5,2 Millionen Euro Jahresgehalt seien enorm viel Geld, der sollte wissen, dass dieses Einkommen von Frank Appel, dem Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG, gerade mal für Platz 10 der Liste der deutschen Topverdiener reicht. Wolfgang Reitzle, Vorstandsvorsitzender der Linde AG, lebt von 6,7 Millionen Euro jährlich bestimmt auch nicht schlecht, belegt damit aber auch „nur“ Rang 5. Die Top 3 hingegen verdienen eine Kleinigkeit mehr: Siemens-Chef Peter Löscher kommt mit einem Verdienst von 8,7 Millionen Euro auf Platz 3. Ihm folgt Josef Ackermann, der im vergangenen Jahr 9,4 Millionen Euro von der Deutschen Bank nach Hause bringen durfte. Und der Bestverdienendste unter den Bestverdienern ist der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, der stolze 16,5 Millionen Euro für seine Arbeit beim Automobilbauer kassiert.
Keine Frage: Die Herren tragen viel Verantwortung und gehen sicher nicht nach einem 7,5-Stunden-Tag nach Hause und legen dort die Füße hoch. Trotzdem aber bleibt es viel Geld. Richtig viel Geld. Oder wie Linken-Parteichefin Katja Kipping es drastischer formulierte: „Dass ein DAX-Vorstand 54-mal so viel verdient wie ein Angestellter, ist sachlich durch nichts als Gier zu begründen.“
Gegen die Abzocke
Dass das zu viel des Guten sei, fanden nun auch die Schweizer und stimmten vor einigen Tagen in einem landesweiten Referendum mit 67,9 Prozent für die Initiative „Gegen die Abzockerei“. Vor fünf Jahren wurde diese von Thomas Minder, einem mittelständischen Unternehmer und parteilosen Abgeordneten, eingebracht. Erklärtes Ziel ist, die Exzesse bei Gehältern, Bonus-Zahlungen und Abfindungen von Managern börsennotierter Unternehmen zu unterbinden, indem die Aktionärsrechte gestärkt werden. Im Klartext: Die Aktionäre sollen künftig jährlich über das Mehr und das Weniger an Managervergütungen entscheiden. Sondervergütungen wie Abfindungen oder Begrüßungsgelder in Millionenhöhe sollen ganz verboten und Verstöße gegen die Regelungen mit bis zu drei Jahren Gefängnis und hohen Geldbußen bestraft werden können. Nach diesem klaren Votum ist in der Schweiz nun die Politik am Zuge, um eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, auf der der Wille des Volkes durchgesetzt werden kann.
Gesetz und Gier
Soweit ist man bei uns aber noch lange nicht. Zwischen Flensburg und München wird noch heftig und zuweilen auch kontrovers darüber debattiert, ob auch wir eine vergleichbare Regulierung von staatlicher Seite brauchen, um Manager-Einkommen kontrollierbarer zu machen. Doch während Politiker der Opposition wie auch der Regierungskoalition dem Schweizer Ergebnis generell zustimmend gegenüberstehen, herrscht keine Einigkeit darüber, wann und ob überhaupt vergleichbare Gesetze in Deutschland wünschenswert sind. So möchte die FDP gerne noch vor der Bundestagswahl ein „Zeichen setzen“, meint Fraktionschef Rainer Brüderle. Die Union dagegen sagt klipp und klar „Nein!“ und verschiebt das Thema auf einen unbestimmten Zeitpunkt nach den Bundestagswahlen im Herbst.
Ganz generell möchte die Unionsspitze das Thema „gerne auf europäischer Ebene behandeln“, so der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Dies schließe aber nicht aus, hinsichtlich der Gehaltsexzesse von Managern „weiteren Handlungsbedarf zu prüfen“. Schließlich gebe es auch bei uns ein großes Unwohlsein wegen der „Auswüchse bei gigantischen Bonuszahlungen“. Regierungssprecher Steffen Seibert hält es ebenfalls für ratsam, in der international vernetzten Wirtschaft auf europäische Initiativen statt auf nationale Alleingänge zu setzen. Aus Brüssel wird bis Jahresende ein Vorschlag erwartet, um die Vergütung von Topmanagern kontrollierbarer machen zu können.
Demokratie mit freier Wirtschaft
Wirtschaftsexperten dagegen stehen den geplanten Eingriffen bei den Managergehältern eher skeptisch gegenüber. Zwar begrüßte der Wirtschaftsexperte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft die öffentliche Debatte, er warnt aber auch vor einer gesetzlichen Regelung. So sagte er gegenüber der BILD: „Statt mehr Gesetzen brauchen wir mehr Aufsichtsräte und Vorstände, die selbst Verantwortung übernehmen.“
Der aus der Schweiz stammende Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts Thomas Straubhaar hält Eingriffe von außen dagegen für falsch und findet, dass sich „sowohl der Gesetzgeber, wie auch die Öffentlichkeit, aus der Lohnfindung in einzelnen privaten Betrieben völlig raushalten“ sollte. In einer Demokratie mit freier Wirtschaft macht dieses Argument durchaus Sinn. Und viele deutsche Unternehmer verweisen auf bereits geltendes Aktienrecht. Darin ist der Grundsatz verankert, dass bei den Gehältern Maß zu halten ist.
Was meinen Sie dazu?
Aber reicht das wirklich aus? Wie denken Sie darüber, liebe Leserinnen und Leser? Soll in Zukunft auch bei uns die Eigentümerversammlung der Aktiengesellschaften gegenüber den Aufsichträten gestärkt werden, die ja bisher über die Einkommen ihrer Manager befinden? Oder halten Sie eine Regulierung von Managergehältern durch die Aktionäre für uneffektiv, wo doch die Anteile an richtig großen Unternehmen auch von Großaktionären gehalten werden und diese letzten Endes dann doch entscheiden können, dass die Manager entsprechend viel aufs Konto bekommen? Oder finden Sie es vielleicht ganz richtig, dass Top-Manager auch Top-Einkünfte haben, schließlich tragen sie auch Top-Verantwortung und treffen Top-Entscheidungen?! Und wäre ein Eingriff in die Gehaltsdiskussion eine Demontage demokratischer Grundsätze? Wir freuen uns auf Ihre Ansicht dazu. Schreiben Sie einfach an: blick-aktuell@kruppverlag.de und teilen Sie uns auch kurz mit, ob wir Ihre Meinung veröffentlichen dürfen.
EMB
Der Schweizer Josef Ackerman war von 2006 bis Ende Mai 2012 der alleinige Vorsitzende des Vorstands und des Group Executive Committees der Deutschen Bank AG und verdiente in dieser Funktion im Vorjahr 9,4 Millionen Euro. Foto: wikipedia/World Economic Forum
