Hangrutsch in Linz
Linz: Haus Nr. 13 war nicht mehr zu retten
Linz. Vermutet hatten es die Fachleute schon am späten Dienstagabend: Das Haus Nr. 13 in der Linzer Straße „Am Gericht“ war am Mittwochvormittag durch den abrutschenden Hang oberhalb von Polizeiinspektion und Amtsgericht extrem gefährdet. Am Donnerstag dann die Horrorbotschaft für die Bewohner: „Wir haben zwar die Bewegung des Hangs von zwei auf einen Zentimeter pro Stunde und aktuell sogar auf 0,8 Zentimeter minimieren können. Da aber kein Stillstand erreicht wurde, ist das Gebäude nicht mehr zu retten“, informierte sie Wolfgang Beck von der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, Regionalstelle Montabaur..
„Ein Alptraum. Das ist wie ein Horrorfilm“, kommentierte Stefan T. diese Nachricht, der sein Haus zum Abriss freigab. Zusammen mit seiner Familie und den unmittelbaren Nachbarn aus Haus Nr. 15 hatte er bereits die dritte Nacht nicht in seinem Haus verbringen können, eine Situation, an die er sich nun endgültig gewöhnen muss. „Der Hang hat das Gebäude erreicht und drückt inzwischen so massiv gegen das Haus, dass schon einige Risse entstanden sind. An der Aufwölbung der Pflasterung im Eingangsbereich kann man erkennen, welche Kräfte hier am Werk sind“, so Wolfgang Beck, der am Mittwoch zusammen mit Monika Fehr von der SGD- Nord die Arbeiten vor Ort koordiniert. Die Folge des anhaltenden Erdrutsches: Das mittlerweile einsturzgefährdete Haus konnte schon da nicht mehr betreten werden. Abgesehen von einigen Wertsachen, die bereits am Dienstag Montag in Sicherheit gebracht worden waren, mussten die Bewohner die komplette Einrichtung ihrem Schicksal überlassen.
„Wir haben am Dienstagabend die Daten der Messungen ausgewertet“, so Wolfgang Beck. Aus diesen sei klar hervorgegangen, dass sich der Hang weiter verschoben hatte. Obwohl die Straße „Am Gericht“ im oberen Teil gesperrt blieb, wurden zunächst THW und Feuerwehr abgezogen. Am Mittwochmorgen, als das Bonner Vermessungsbüro Pilhatsch die Arbeiten weiter fortführte, wurde deutlich, dass die Bewegung des Hangs auf einer Fläche von rund 2000 Quadratmetern sich zwar verlangsamt hatte, aber nicht zum Stillstand gekommen war.
„Wir lassen jetzt Vertikalbohrungen durchführen, um zu ermitteln, wie umfangreich die Massen sind, die ins Rutschen gekommen sind und wo sich genau die Gleitschicht befindet“, hatte der Fachmann erklärt. In Bewegung gekommen sei der Hang eindeutig durch vermehrte Wasserzufuhr, wie die etwa ein Meter tiefen Risse im Hang belegen würden. Der Einschnitt in den Hang, um überhaupt erst Bauland gewinnen zu können, sei nicht unbedingt die Ursache für den Erdrutsch, versicherte Wolfgang Beck.
„Das ist hier eine Toplage hinsichtlich der unverbaubaren Aussicht“, so der Linzer Beigeordnete Karl-Heinz Wölbert. Sonne würden die Bewohner der vier Häuser im Winter jedoch nicht in ihren Wohnungen genießen können. Und auch Gartenpartys werden sie wohl weniger zumindest nicht zu Hause nicht gefeiert haben angesichts der unmittelbaren Nähe des Steilhangs. Entsprechend war die Vermarktung der Grundstücke durch die Sparkasse Neuwied vor rund 15 Jahren trotz der herrlichen Aussicht auch nicht ganz so problemlos verlaufen. „Vorhersehbar war ein solches Ereignis aber keinesfalls“, versicherte Wolfgang Beck den betroffenen Bürgern. „So tief würde man bei der Untersuchung von Grundstücken nicht bohren und selbst wenn, würde der Untergrund eine solche Vermutung nicht zulassen“, erklärte er. Diese Besonderheit des Standortes sei bei der Errichtung der Häuser nicht erkennbar gewesen.
„Wir haben die ein Meter tiefen Risse und auch den Hang in Häusernähe mit Planen abgedeckt. Aber auch die Horizontalbohrungen zwischen den beiden bedrohten Gebäuden, durch die das Wasser besser ablaufen sollte, das den an sich klebrigen Tonboden extrem seifig hat werden lassen, haben nicht zum erhofften Erfolg geführt“, bedauerte der Fachmann am Donnerstagmittag. Ganz 65 Zentimeter hatte der Hang das rückwärtige Fassade in der Mitte eingedrückt und auch an der vorderen Fassade waren bereits Risse auszumachen.
„Die Firma Mechnig aus Rheinbreitbach ist mit dem Abriss beauftragt worden. Auch wenn ihre Bagger schon vor Ort sind, steht noch nicht fest, ob heute noch angesichts der bald einsetzenden Dunkelheit oder sogar erst Anfang nächste Woche mit den Arbeiten begonnen wird“, erklärte Stadtbürgermeister Hans Georg Faust, der wie auch VG-Chef Hans Günter Fischer am Nachmittag wieder vor Ort war. Wie um seine Worte Lügen zu strafen, griff der Baggerfahrer nur Minuten später gegen 16.15 Uhr mit den mächtigen Greifern nach dem Balkongeländer und demontierte es im Handumdrehen. Dachziegel prasselten zu Boden, als er dann gnadenlos zwischen die Dachsparren fuhr und Balken samt Dämmmaterial sorgfältig auf dem Boden stapelte. Innerhalb einer knappen halben Stunde war der nördliche Teil des Daches abgedeckt und in einem riesigen Container verstaut. Krachend fiel schließlich die nordwestliche Giebelwand der Schaufel zum Opfer, so man die Einrichtung im Dachgeschoss erahnen konnte. Ob die Abbrucharbeiten trotz der zunehmenden Dunkelheit fortgeführt werden würden, um möglichst frühzeitig auf dem Standort des Hauses den Hang abstützenden Kies aufbringen zu können, stand am späten Nachmittag noch nicht fest. Sicher ist aber, dass auch auf dem darunter liegenden Parkplatz in der Nordostecke ein Wiederlager aufgeschüttet werden soll, um die Chancen zu erhöhen, wenigsten Haus Nr 15 zu retten. DL
Weitere Links zum Thema
>> Artikel vom 07.01.2015 - Sicherungsmaßnahmen eingeleitet
>> Artikel vom 06.01.2015 - Erdrutsch in Linz
>> Video vom 06.01.2015 - Häuser nach Erdrutsch evakuiert
Koordinator Beck stand Rede und Antwort.
Das ist wie ein Horrorfilm“, kommentierte Stefan T. diese Nachricht, der sein Haus zum Abriss freigab.
