Die Volkshochschule der Verbandsgemeinde Weißenthurm hatte eingeladen

Auf den Spuren des Johann Claudius von Lassaulx

07.11.2019 - 08:38

Oswald Senner

Weißenthurm/Mülheim-Kärlich. Der Weißenthurmer Heimatkundler Hermann Dötsch hatte die Idee und die Volkshochschule der Verbandsgemeinde Weißenthurm organisierte die Spurensuche nach dem berühmten preußischen Baumeister. Oswald Senner trug Spuren aus dem Stadtteil Kärlich dazu bei. Rund 40 Personen machten bei der Rundfahrt mit. Spuren von Lassaulx gibt es noch heute in der Umgebung von Weißenthurm. Er plante und baute in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die erste Kirche der aufstrebenden Tochter-Filiale von Kettig in Weißenthurm und plante und baute die Kapelle am Guten Mann, die seit Menschengedenken zur Kärlicher Pfarrei St. Mauritius gehörte. Die erste Station war die Kapelle am Guten Mann, denn hier an dieser historischen Stelle steht seit rund 180 Jahren unter dem Schutz des Grundsteines aus Basalt mit dem Segensspruch „Gott mit uns bauet im Jahre Christi 1838“ eine Kapelle im typischen Lassaulx’schen Stil. Der Vortrag an der Kapelle am Guten Mann gab auch Gelegenheit, über Johann Claudius von Lassaulx zu informieren. Schon zu Lebzeiten galt er als hervorragender Baumeister am Mittelrhein. „Künstlerisch hoch begabt und doch von der Ausbildung her Dilettant, hat er Bauwerke geschaffen, die heute wie damals den Betrachter fesseln“, meinte Albrecht Mann im Vorwort eines Buches über den Architekten und Denkmalpfleger. Johann Claudius ging 1798 nach Würzburg, um dort Jura zu studieren, wechselte aber nach drei Semestern zur Medizin über. Ohne ein Examen gemacht zu haben, kehrte er nach elf Semestern Medizin nach Koblenz zurück und übernahm die Essigfabrik seines Vaters in Lützel. Dann fand er Arbeit in einer Blechwarenfabrik in Koblenz. Seit seiner Kindheit hatte er Neigung und Talent zu mechanischen Arbeiten. Dies führte ihn in die Werkstätten der Schreiner, Schlosser, auf die Bauplätze der Maurer, Steinhauer und Zimmerleute, denen er über die Schulter schaute. Schließlich wurde ihm das Amt des Kreisbaumeisters im preußischen Koblenz angetragen. Er sträubte sich gegen die Annahme der Stellung, weil er kein Baumeister sei. Der angeheiratete Mann seiner Cousine, Josef Görres, konnte ihn aber bewegen, den Posten anzunehmen. Und er wurde ein begnadeter Baumeister und Architekt. Davon zeugen heute noch Kirchen in Vallendar, Güls und Nickenich, Pfarrhäuser und Schulen in vielen Orten an Rhein und Mosel. Sein Baustil zeigte sich auch in vielen Nachfolgeprojekten an Wohnhäusern, wenn man mit offenen Augen durch die Gemeinden geht. Die zweite Station war die katholische Pfarrkirche in Weißenthurm, die in den Jahren 1837/38 nach seinen Plänen erbaut wurde. Sie war in etwa halb so groß wie die heutige Kirche und erstreckte sich von der Weißenthurmer Hauptstraße aus gesehen hinter dem heutigen Glockenturm bis zum heutigen seitlichen Eingang der Kirche. Der große Glockenturm zur Hauptstraße hin wurde bei einem Erweiterungsbau in den Jahren 1900 bis 1920 errichtet. Ferner wurde an die alte Lassaulx-Kirche ein Erweiterungsbau angebaut. Deshalb sind vom Bau des Lassaulx nur noch die Langschiffwände zu sehen, während das alte Eingangsportal und der alte Altarbereich in den Erweiterungsbau aufgegangen sind. Auch die ursprünglich bemalte flache Holzbaudecke wurde im Zuge der Erweiterung durch eine Gewölbedecke ersetzt, sodass im Innern der Kirche nichts mehr, von einer Ausnahme abgesehen, an Lassaulx erinnert. Ausgenommen ist der Grabstein aus Sandstein, der in einem hinteren Versteck der Kirche steht und dem berühmten Erbauer der Kirche nicht gerecht wird. Johann Claudius von Lassaulx hat Plan, Kostenvoranschlag und Bauleitung unentgeltlich erbracht. Auch hat er die von ihm entworfene, mit Schnitzwerk verzierte Holzdecke von einem Gehilfen unter seiner Anleitung bemalen lassen. Für seine außerordentlichen Bemühungen schenkte die Gemeinde ihm eine Grabstelle auf dem Friedhof in Weißenthurm, in der er, seine Frau und die Tochter Amalie ihre letzte Ruhe fanden. Die dritte und letzte Station der Spurensuche galt schließlich seiner Tochter Amalie. Sie war Ordensschwester bei den Borromäerinnen, nahm dem Namen Schwester Augustine an und wurde Oberin des St. Johannes-Hospitals in Bonn. Während der Kriege 1864 und 1866 pflegte sie Verwundete in Feldlazaretten in Schleswig und in Böhmen. Die Bonner Zeit sollte Schwester Augustine für immer prägen, denn hier lernte sie Anhänger eines liberalen Katholizismus kennen, die das Hospital durch großzügige Stiftungen förderten. Das Unfehlbarkeitsdogma und die Lehre der unbefleckten Empfängnis in der Zeit des preußischen Kulturkampfes empörte viele Theologen und Laien. Die kirchliche Organisation spaltete sich, die Altkatholische Kirche entstand. Die Ereignisse gingen nicht spurlos an ihr vorüber. Ihre Sympathie zu den Kirchenkritikern gab den Ausschlag. Suspendierung und Exkommunikation waren die Folge. Trotz dieser Strafe entschied sich Schwester Augustine, ihre Kongregation nicht zu verlassen. Im Hospital der Borromäerinnen in Vallendar durfte sie schließlich ein Zimmer beziehen, weil sie mit der dortigen Hausoberin befreundet war. Doch schon bald wurde Amalie von Lassaulx von der Generaloberin aus der Kongregation ausgeschlossen. Das Ordenskleid musste sie ablegen. Sie starb 1872 in Vallendar. Ein katholisches Begräbnis wurde ihr verweigert. Ihr Leichnam wurde unter entwürdigenden Umständen in einem Nachen auf die andere Rheinseite nach Weißenthurm verbracht. Sie wurde in Anwesenheit von Freunden und Verwandten im Grab ihrer Eltern bestattet. Sie ist bis auf den heutigen Tag eine wichtige Persönlichkeit für den Alt-Katholizismus in Deutschland.

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