Klaus Völkel betreibt eine Sternwarte und erklärt das Universum – auch erzkonservativen, christlichen Gruppen
Der liebe Gott und der Urknall

Mit sensiblen Teleskopen sind Nahaufnamen der Sonne möglich.Foto: Klaus Völkel
Sessenbach. Wer in das kleine Westerwald-Örtchen Sessenbach kommt, wird wohl kaum vermuten, dass sich von hier aus ein perfekter Blick in die Unendlichkeit werfen lässt. Klaus Völker hat dort eine Sternwarte und ein Planetarium aufgebaut, das seinesgleichen sucht. Wo Völkels Wohnhaus anfängt und die Sternwarte anfängt, ist schwer zu sagen, die Übergänge sind fließend. Viele Jahre Arbeit hat die Anlage bereits verschlungen. Dafür bietet der Astronom einmalige Erkenntnisse zum Universum. Mit seinen hochauflösenden Teleskopen ist es möglich, die Eruptionen der Sonne zu beobachten, nach fernen Sternen zu forschen oder im hauseigenen Planetarium die Eigenschaften der Nachbarplaneten der Erde zu erkunden. Gerne zeigt Völkel seine High-Tech-Schätze und erzählt die ein oder andere Geschichte zu Gestirnen und der Himmelsmechanik. Und Besucher gibt es reichlich. Oft kommen Schulklassen zu Besuch und wenn das nicht möglich ist, kommt er einfach in die Schule. Ein mobiles Planetarium macht´s möglich, das flugs in der Turnhalle installiert wird. So wird aus der Sportstätte ein Ort zum Träumen, Forschen und Erkunden. In der Corona-Krise hatte Völkel keine Möglichkeit, seine Sternwarte zu öffnen. Dafür ist alles ein wenig zu eng. Doch nun geht es langsamen wieder los in Sessenbach und Völkel plant neue Führungen.
Alle sind willkommen
Dabei ist es dem Westerwälder wichtig, dass wirklich alle seine Warte besuchen können. Das gilt auch beispielsweise für Menschen mit Handicap: Wer selbst nicht die Möglichkeit hat, sein Auge an das Teleskop zu legen, kann alles live auf einem Flatscreen mitverfolgen. Gerne wird sein Planetarium auch von Pärchen gebucht – zum Beispiel dann, wenn ein Heiratsantrag ansteht. Die Verliebten schätzen die Zweisamkeit im virtuellen All. Nun hat er eine neue Attraktion: Genau gegenüber des Planetariums, wurden frei bewegliche Sitzen inklusive Teleskop errichtet. Die Konstruktion mutet ein wenig wie eine Mischung aus Achterbahn- und Pilotensitz an. In klaren Nächten lässt sich dort der Himmel nach Mond, Planeten und Sternen spähen, völlig frei und ohne starre Voreinstellung.
Bei Führungen erklärt Völkel gerne und bindet seine Besucher ebenso gerne mit ein. Dabei reagiert er auch auf das jeweilige Publikum. Wenn Kinder dabei sind gibt es kleine Fragerunden oder auch Möglichkeiten zum Mitmachen. Kleine Experimente sind zum Beispiel der Hit.
Vor kurzem hat Völkel eine besonders interessante Beobachtung gemacht. Und dies nicht im fernen All, sondern auf ganz irdische Art.
Gott macht keine Schwarzen Löcher
Vermehrt suchen erzkonservative, christliche Gruppen seine Sternwarte auf. Diskussionen sind hier vorprogrammiert. Denn ein Blick in das All ist stets ein Blick in die Entstehung von Erde, Sonne und Mond und somit auch dem Mensch. Doch die Entstehungsgeschichte von „allem“, inklusive der Ausdehnung des Universums, ist nur mühsam mit der alttestamentarischen Geschichte von Adam und Eva zu vereinen. Klaus Völkel unterstreicht, dass er niemanden zu nahe treten möchte, in seinem Glaube sei jeder Mensch schließlich frei. Aber wenn er in seinem Vortrag über Schwarze Löcher spricht, wird das schnell zum Hindernisparcours. Denn nirgends in der Bibel finden sich Hinweise zur Entstehung dieser supermassereichen Objekte im Kosmos. Ergo können sie auch nicht existieren, Gott macht nun mal keine Schwarzen Löcher. Kurzum: Sie gibt es gar nicht. Klaus Völkel erinnert sich an eine Situation, als er Kindern einer urchristlichen Gemeinde, die in Sessenbach zu Besuch war, die Eigenschaften jener Schwarzen Löcher erklärte. Die hatten nämlich viele Fragen, „und wer fragt, bekommt auch eine Antwort“, lautet sein Prinzip. Nach dem Vortrag wurde ihm von einem Gemeindemitglied für seinen Vortrag gedankt, jedoch nicht ohne den Hinweis, dass man das Gesagte in der „nächsten Gruppenstunde wieder hinbiegen“ müsse. Auch die Existenz von Sternen ist ein Problem. Während sich die Wissenschaft sehr einig ist, dass es sich bei Sternen um Himmelskörper aus Plasma und Gas handelt, waren es seine Besucher, dass die göttliche Schöpfung die Sterne nur gemacht habe, um schön auszusehen. Klaus Völkel betont, dass er auch diese Meinungen respektiert: „Glaube ist Glaube und Wissenschaft ist Wissenschaft“, sagt der Astronom. Doch kollidieren beide Weltbilder unweigerlich, zum Beispiel beim Urknall. Wenn der eine vom Garten Eden spricht und der andere von der Entstehung von Raum, Zeit und Materie ist ein Konsens zur schwer zu finden. Doch Völkel hat ein patentes Rezept: „Vom Urknall fange ich erst gar nicht an,“ sagt Völkel und nimmt es mit Humor.ROB

Mit sensiblen Teleskopen sind Nahaufnamen der Sonne möglich.Foto: Klaus Völkel

Wo Planetarium und Sternwarte aufhören und Wohnhaus anfängt, ist nicht immer leicht zu sagen. Foto: ROB

Bei wolkenlosem Himmel bietet sich ein toller Blick zu den Sternen. Foto:ROB

Klaus Völkel in seinem Büro: „Das Thema Urknall fange ich gar nicht erst an.“Foto: ROB