Interessante Menschen im BLICK
„Die Menschen haben es wieder schätzen gelernt, auf den Dorfsportplatz zu gehen“
Peter Löcher beantwortet 7 Fragen im Interview mit BLICK aktuell-Reporterin Katja Gaebelein
Kreis Mayen-Koblenz. Der Fußballverband Rheinland e.V. ist einer der 21 Landesverbände im Deutschen Fußball-Bund, kurz DFB genannt. Im Bereich des Sportbundes Rheinland ist er der mitgliederstärkste Fachverband. Der Fußballverband Rheinland ist in insgesamt neun Kreise gegliedert. Diese sind jedoch nicht mit den politischen Zusammenschnitt der Landkreise identisch. Vorsitzender des Kreisverbandes Koblenz ist Peter Löcher aus Kettig. Im Interview mit Blick-Reporterin Katja Gaebelein beantwortet der gebürtige Mülheim-Kärlich insgesamt sieben interessante Fragen. Hierbei geht er unter anderem auf die schwierige Situation ein, in welcher sich die Mitgliedsvereine des Fußballverbandes Rheinland derzeit befinden.
Ihr Herz schlägt für den Fußballsport. Was unterscheidet diesen Mannschaftssport von anderen Sportarten, was macht ihn besonders?
Dass mein Herz für den Fußball schlägt, liegt vor allen Dingen in meiner Jugendzeit begründet. In den sechziger Jahren gab es doch für uns nichts anderes, als nach dem Erledigen der Hausaufgaben auf direktem Weg mit dem Fußball unter dem Arm den Sportplatz anzusteuern. Weitere Alternativen waren ja kaum vorhanden, bei uns in Urmitz-Bahnhof war es lediglich der TTC, der uns noch die Möglichkeit gab, auch Tischtennis zu spielen. Bei mir war es dann so, dass ich mich im B-Jugendalter für den Fußball entschieden habe und diesem bis heute in den verschiedensten Funktionen treu geblieben bin.
Sie leiten seit 18 Jahren erfolgreich als Vorsitzender den Fußballkreis Koblenz. Was war Ihr schönstes Erlebnis in dieser Zeit?
Ich kann auf Anhieb kein besonderes Ereignis nennen, denn es war eigentlich immer so, dass wir einen ziemlich reibungslosen Spielbetrieb hatten. Besonders freut es mich jedoch, dass wir in den ganzen Jahren im Kreisvorstand keine große Fluktuation bei den Mitgliedern hatten, sodass ich mich immer auf ein eingespieltes Team verlassen konnte. Jährlicher Höhepunkt unseres Spieljahres ist mittlerweile das Endspiel um den Bitburger-Kreispokal, bei dem mittlerweile immer mehrere hundert Zuschauer anwesend sind.
Außerhalb unseres Spielbetriebs im Kreis habe ich vor allem ein Spiel während der Fußball-WM 2006 in schöner Erinnerung. Hier durfte ich in Kaiserslautern das Spiel zwischen Japan und Australien sowie die anschließende Begeisterung der Zuschauer aus den beiden Ländern auf der Fanmeile in der Stadt miterleben.
Zu den schwierigsten Ereignissen gehört sicherlich die Corona-Pandemie und die Auswirkungen auf den Fußballsport, oder?
Dass die Corona-Pandemie ein nicht für möglich gehaltenes Problem für den Fußball gebracht hat, ist unstrittig. Vorher war es doch kaum vorstellbar, dass es überhaupt irgendetwas geben könnte, was uns daran hindert, eine Saison komplett zu Ende zu spielen!
Schildern Sie bitte, wie die Vereine die Situation seit dem Beginn der Pandemie erlebt haben. Werden die von der Politik beschlossenen Einschränkungen akzeptiert oder gab und gibt es auch Kritik?
Die Vereine sind mit großem Verständnis mit den Einschränkungen umgegangen, vor allem im Frühjahr des letzten Jahres. Hierzu hat sicherlich auch beigetragen, dass in zahlreichen Videokonferenzen die Vereine mehr oder weniger an den getroffenen Entscheidungen (Abbruch der Saison) des Fußballverbandes beteiligt wurden.
Was ich und sicherlich auch ein großer Teil der im Jugendfußball tätigen Trainer und Betreuer nicht verstehen konnte, war das Trainingsverbot für die Kinder durch die Politik im Herbst. Hier war es nur schwer nachzuvollziehen, warum die Kinder vormittags in den Klassenzimmern sitzen sollten bzw. anschließend noch in überfüllten Bussen fahren mussten, aber am Nachmittag im Freien nicht trainieren durften.
Wir alle hoffen, dass die Corona-Pandemie bald der Geschichte angehört. Wird es Ihrer Meinung nach langfristige Auswirkungen auf den Fußballsport geben?
Dass es aufgrund der Pandemie langfristige Auswirkungen auf den Fußballsport geben wird, kann sicherlich noch nicht abschließend beurteilt werden. Fest steht jedoch, dass der Fußball sowieso schon seit einigen Jahren mit rückläufigen Mannschaftszahlen zu kämpfen hat.
Wie sieht es mit dem Nachwuchs im Fußballsport aus? Besteht nicht die Gefahr, dass sich viele Kinder und Jugendliche in der Zwischenzeit anderen Hobbys zugewandt haben und das Interesse an einem Mannschaftssport verlieren?
Vor allem bei den Kindern bzw. Jugendlichen in den älteren Jahrgängen laufen wir tatsächlich Gefahr, viele durch nicht mehr stattfindendes regelmäßiges Training an andere Freizeitaktivitäten zu verlieren. Bei den Jüngsten hoffe ich, dass diese nach Beendigung des Lockdowns mit der gleichen Begeisterung zum Fußball kommen, wie vorher.
Auch der Fußballsport unterliegt ständigen Veränderungen. Was muss ihrer Meinung nach passieren, damit der Fußball im Breiten- und Spitzensport die Stellung behält, die er heute besitzt?
Was den Fußball in der Spitze anbelangt, so glaube ich, werden sich viele bisher daran Interessierte, vielleicht abwenden. Wenn man sich mal überlegt, wie schwer sich viele Profis, die ja letztendlich Millionen verdienen, bei der Frage nach einem anteiligen Gehaltsverzicht getan haben, dann fällt es mir auf jeden Fall schwer, mich weiterhin dafür zu begeistern.
Hinsichtlich des Amateurfußballs glaube ich sogar daran, dass dieser genau dadurch profitiert. Denn viele Leute haben es nach dem ersten Lockdown im Frühjahr wieder schätzen gelernt, auf den Dorfsportplatz zu gehen und sich dort ein Fußballspiel anzuschauen.
Was mir für die Entwicklung des Breitensports vor allem im Jugendbereich fehlt, sind z. B. geeignete Bolzplätze. Es ist zwar schön, dass mittlerweile fast jeder Verein auf einem Kunst- bzw. Hybridrasen spielen kann, den Kindern bringt es aber nichts, wenn diese Plätze nicht frei zugänglich sind.
Ich erlebe es immer öfter, dass Eltern sich darüber beklagen, dass es tagsüber in den Ortschaften keinerlei Möglichkeiten gibt, wo die Kinder einfach so mal zum Kicken hingehen können. Hier ist meiner Meinung nach die Politik gefordert, entsprechende Angebote zu schaffen. Damit wären wir wieder bei meiner Antwort zur Eingangsfrage, denn diese Probleme hatten wir in unserer Jugend nicht. Hoffen wir, dass trotzdem bei vielen Kindern die Liebe zum Fußballsport erhalten bleibt.
Vielen Dank für das Interview.