EIN-Spruch: Wenn die Stille drängt
Der Advent klingt nach Ruhe. Nach Kerzenlicht, warmen Worten, einem langsameren Tempo. Doch wer ehrlich hinschaut, merkt: Gerade jetzt steigt die Unruhe. Wir planen, organisieren, richten her. Wir wollen, dass Weihnachten gut wird: kein Streit, Schnee, schöne Stunden im Kreis der Liebsten. Wir wollen das Weihnachtsfest verfügbar machen. Genau darum geht es nicht!
Die Kirche betet an diesem Sonntag überraschend schlicht: „Lass nicht zu, dass irdische Aufgaben und Sorgen uns hindern, deinem Sohn entgegenzugehen.“
Ein Satz, der trifft. Denn er kennt die Versuchung, alles kontrollieren zu wollen. Der alte Text ahnt, wie sehr wir versuchen, die Welt durch unser Tun verfügbar zu machen. Passend dazu sagt der Soziologe Hartmut Rosa: „Lebendigkeit, Berührung und wirkliche Erfahrung entstehen aus der Begegnung mit dem Unverfügbaren. Eine Welt, die vollständig gewusst, geplant und beherrscht wäre, wäre eine tote Welt.“
Hier fällt der Nikolaus ins Bild. Jedes Jahr am 06. Dezember feiern wir seinen Gedenktag. Er war kein Mann der großen Bühne, sondern einer der kleinen, stillen Gesten. Einer, der schenkte, ohne zu fragen. Einer, der auftauchte, wo ihn keiner erwartet hatte. Er steht für das, was wir im Advent so leicht vergessen: Das Wesentliche lässt sich nicht machen. Es lässt sich nur empfangen.
Vielleicht ist das wiederum die eigentliche Adventslektion: offen zu sein für das Unverfügbare. Gerade deshalb steht der Advent so sehr im Kontrast zum vorweihnachtlichen Aktionismus unserer Zeit – er setzt auf Offenheit statt Machbarkeit. Auf Raum statt Perfektionismus.
Weihnachten gelingt nicht durch Leistung.
Es kommt – wenn wir bereit sind.
Oder besser: wenn wir uns bereit machen lassen.
