Kultur- und Heimatverein Niederzissen gab den Startschuss für den virtuellen Rundgang im Netz

Ehemalige Synagoge im World Wide Web

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v.l.: Richard Keuler, Norbert Wagner, Ralf Doll, Reinhard Wolff, Dr. Margaret Traub, Johannes Bell, Prof. Dr. Konrad Wolf, Brigitte Decker, Mechthild Heil. Fotos: HE

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Daniel Jansen startet den virtuellenRundgang per Laptop auf der Leinwand.

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Prof. Dr. Konrad Wolf und Dr. Margaret Traub vertieften sich am Tablet in die Themen der Internetseite.

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Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft,Weiterbildung und Kultur richtete ein Grußwort an die Gäste.

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Manja Altenburg, Dr. Esther Graf undDaniel Jansen stellen das digitale Museum vor.

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Die Gäste konnten nach dem Startschussdie Internetseite besuchen.

Niederzissen. 75 Jahre nach der Befreiung des Lagers Auschwitz hatten die Hüter der ehemaligen Synagoge in Niederzissen einen besonderen Anlass, einzuladen. Das Projekt „Digitales Museum“ wurde vorgestellt und gestartet. Norbert Wagner, Vorsitzender des Fördervereins, begrüßte die Gäste, unter ihnen kein geringerer als der rheinland-pfälzische Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Prof. Dr. Konrad Wolf, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Johannes Bell, den Ersten Ortsbeigeordneten Ralf Doll, Dr. Margaret Traub (Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Bonn), Avadislav Avadiev (Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Koblenz), den Vorsitzenden des Kultur- und Heimatvereins Richard Keuler, Projektleiter Reinhard Wolff und Brigitte Decker vom Kultur- und Heimatverein. „Wir sind stolz, heute dieses Projekt vorstellen zu können“, so Norbert Wagner, „es ist die erste Digitalisierung eines Museums im Kreis Ahrweiler.“ Unterstützt wurde die Realisierung durch Mittel aus den Fördertöpfen des Landes und der EU, des Landschaftsverbandes Rheinland, der Kreissparkasse und der VR-Bank sowie der Firma Wolfcraft und dem Kreis Ahrweiler. „Die Digitalisierung hat zwei Jahre gedauert“, so Norbert Wagner weiter. „Sie hat 65.000 Euro gekostet und war nur durch die Koordination zahlreicher Helfer und Geldgeber möglich.“

Es gibt im Kreis Ahrweiler keine aktive jüdische Gemeinde mehr, denn auch hier wurden die Juden von den Nazis deportiert und ermordet. Doch die ehemalige Synagoge in Niederzissen wurde nicht niedergebrannt, und so fand man vor einigen Jahren auf dem Dachboden verborgene historische Dokumente, die jetzt Teil dieser Digitalisierung sind.

Dr. Konrad Wolff fand ebenso lobende Worte: „Die mit großer Dynamik fortschreitende Digitalisierung erhält und verbreitet das kulturelle Erbe in Rheinland-Pfalz. Sie bietet für die Archäologie, die Archiv- und Bibliothekslandschaft wie eben auch für die Museen die Möglichkeit, eine virtuelle Sicherung der schriftlichen und musealen Überlieferungen zur Geschichte und Kultur des Landes zu leisten“ Er betonte weiter, dass hier Teile der reichen jüdischen Geschichte sicht- und erlebbar gemacht würden, obwohl die Nationalsozialisten alles darangesetzt hätten, diese Zeugnisse zu vernichten. „Diese spezifische Erinnerungskultur in Niederzissen wird durch die erweiterte digitale Präsentation weltweit sichtbar. Nicht zuletzt vor dem aktuellen Hintergrund ist es wichtig, der Erinnerung an jüdisches Leben und jüdische Kultur Raum und Stimme zu geben, wie dies in geradezu vorbildlicher und nachhaltiger Weise hier in Niederzissen geschieht.“

Dr. Margaret Traub, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Bonn verlieh ihrer Begeisterung Ausdruck, indem sie versicherte, die Besucher bei ihren Führungen in Bonn auf diese Möglichkeit des virtuellen Museumsbesuches aufmerksam zu machen. „Zwischen Köln, Bonn, Koblenz und Mainz hatten jüdische Gemeinden bereits im Mittelalter eine relativ starke Präsenz. Heute liegt sie in all diesen Städten im unteren einstelligen Prozentbereich, bezogen auf die Einwohnerzahl“, so Dr. Traub. „Auch die auf dem Land lebenden Juden haben keine eigenen religiösen Stätten. Aber hier in Niederzissen hat man sich der Aufgabe gestellt, die Erinnerung zu bewahren und sie für die Welt zu retten.“

Johannes Bell, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Brohltal wies in seinem Grußwort darauf hin, dass das Projekt auf Anregung des Fördervereins Synagoge in die Liste der LEADER – Projekte aufgenommen wurde und so von der EU gefördert werden konnte. „Ein Förderverein hat nicht nur die Aufgabe, Projektideen zu entwickeln, er hilft auch mit, die erforderlichen Mittel zu besorgen.“ Hier greift LEADER - Region Rhein-Eifel, die aus den Verbandsgemeinden Adenau, Bad Breisig und Brohltal im Landkreis Ahrweiler sowie der Verbandsgemeinde Vordereifel und der Stadt Mayen im Landkreis Mayen-Koblenz besteht. Ziel ist die Förderung von Projekten in drei Kategorien „Wohnen und Leben“, „Natur und Landschaft“ und „Tourismus und Wirtschaft“. Die Projektideen sollen von Menschen der Region selbst kommen, da diese am besten wissen, was sie für förderungswürdig halten. Johannes Bell weiter: „Dann wurden in workshops Listen erstellt, so dass die Förderung mit ELER - Mitteln greifen konnte.“

Richard Keuler, Vorsitzender des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen: „Aus dem einstigen, vor 81 Jahren schändlich untergegangenen Zentrum der jüdischen Bevölkerung des Brohltals ist eine Erinnerungs- und Begegnungsstätte, eine Kulturhaus und vor allem ein Lernhaus für Geschichte, gegen Rassismus jeder Art entstanden, ein weit strahlender Leuchtturm in einer immer düsterer werdenden Gesellschaft. Ein großes Anliegen ist es, die Werte des friedlichen Miteinanders zu vermitteln, des Zusammenlebens in der noch christlichen Mehrheitsgesellschaft mit ethnischen und vor allem religiösen Minderheiten, insbesondere der jüdischen und diese wiederum mit all ihren vielfältigen Identitäten. Dies alles insbesondere jungen Menschen zu erklären und sie mit gutem Material zu versorgen, ist Verpflichtung und bleibt eine gemeinsame Zukunftsaufgabe für uns und den Förderverein.“

Schließlich ergriff Reinhard Wolff als Projektleiter das Wort und erklärte, dass die Firma wolfcraft gern behilflich gewesen sei bei der Vermittlung des schnellen Internets durch die Telekom. „Das Museum der ehemaligen Synagoge ist ein geschichtliches Kleinod, das geradezu danach schreit, digitalisiert zu werden.“ Es habe eine enge Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Heimatverein, der Agentur für jüdische Kultur in Mannheim und der Jansen film- grafik- & web-design Lahnstein bestanden.

Diese stellten im Anschluss das Projekt vor, nicht ohne sich besonders bei Brigitte Decker zu bedanken, die stets für Fragen und konstruktive Mitarbeit erreichbar gewesen sei. Manja Altenburg und Dr. Esther Graf berichteten über den Verlauf des Projektes, und Daniel Jansen startete dann den digitalen Auftritt am PC. Die Gäste konnten jetzt per Kopfhörer und Laptop die ersten Schritte im digitalen Museum machen.

www. ehem-synagoge-

niederzissen.com

Der virtuelle Rundgang gliedert sich in sieben Kapitel. Das erste gibt einen Überblick über geografische Gegebenheiten rund um das Museum und vermittelt Einblicke in die Geschichte jüdischen Lebens im Brohltal. Kapitel zwei berichtet über die Errichtung der Synagoge, deren Zweckentfremdung und der Rettung als Kulturstätte. Kapitel drei beinhaltet Informationen über den jüdischen Alltag, ein weiteres informiert über die Entwicklung der Berufe im jüdischen Alltag durch einige Berufsverbote seit dem Mittelalter. Weiter geht es mit Kapitel fünf: Feste und Feiertage, bevor Kapitel fünf historische Einblicke in die Zeit von Hitlers Machtübernahme 1933 bis hin zur Verfolgung und Vernichtung der Juden aus dem Brohltal gibt. Berichte von Zeitzeugen ergänzen die Informationen. Überhaupt kann der Besucher selbst entscheiden, wie umfassend er sich mit jedem Kapitel beschäftigt, da es zu jedem Abschnitt Vertiefungsebenen gibt, die angeklickt werden können. Im letzten Kapitel „Heutzutage“ geht es dann um den Wiederaufbau jüdischer Gemeinden, der jedoch nur in einigen Städten zu verzeichnen ist.

Zusätzlich gibt es den Button „Schaudepot“, mit dem der Besucher Einblicke in die Fundstücke erhält, die im Zuge der Renovierung auf dem Dachboden entdeckt worden waren.

Das digitale Museum ist erreichbar unter der Adresse www.ehem-synagoge-niederzissen.com. Hier kann der Besucher unter www.ehem-synagoge-niederzissen.com/rundgang den virtuellen Rundgang starten. Das erlaubt, dass Wissbegierige aus der ganzen Welt sich im Museum bewegen können, ohne nach Niederzissen reisen zu müssen, obwohl auch das eine Option ist, um das Original zu besichtigen.