Mit „Do Wah Diddy Diddy“, Backesbrot und Gästen feierte der Hospiz-Verein Rhein-Ahr den Welthospiztag im stationären Hospiz
Ein Haus als Heimat für alle

Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Do Wah Diddy Diddy“, „The Locomotion“ und „Bridge over troubled water“ genauso wie Songs von Elvis bis Grönemeyer legte „DJ Fronteck“ im Mehrzweckraum des stationären Hospizes im Ahrtal auf. Und das nicht von ungefähr. Es hatte auch etwas damit zu tun, dass frisches Brot aus einem Heimersheimer Backes angerichtet war und die Landfrauen aus dem Kreis Ahrweiler dazu Dips kredenzten. Bestimmte Musik genauso wie bestimmte Speisen sind oft das, was uns an bestimmte Momente unseres Lebens oder auch an bestimmte Ort erinnert. Wir verbinden sie mit Heimat. Eben das war das Thema: „Hospiz: Heimat für alle“. Anlässlich des Welthospiztags informierte der Hospiz-Verein Rhein-Ahr unter diesem Motto über seine Angebote für schwerstkranke Menschen und ihre Angehörigen, und viele kamen.
„Wir möchten an diesem Tag ins Gespräch kommen, informieren und gemeinsam ein Zeichen für ein menschenfreundliches, vielfältiges und offenes Hospiz setzen“, erklärte das Vorbereitungsteam des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr um Vereins-Vize Nadine Kreuser. Und die Vorsitzende Ulrike Dobrowolny unterstrich: „Seit den Anfängen der Hospizbewegung in den 1980er Jahren begleitet die Hospiz- und Palliativbewegung Menschen in ihrer letzten Lebensphase – unabhängig von Herkunft, Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung, sozialem Status oder Lebensweise. Hospizarbeit, Palliativversorgung und Trauerbegleitung sind für alle Menschen da. Und im hospizlichen Ehrenamt sind alle willkommen, die ihre Zeit und ihre Zuwendung schenken möchten.“ Das sei wichtig und sogar essenziell mit Blick auf eine alternde Gesellschaft und gleichzeitig auf Fachkräftemangel und die Kostenexplosion im Gesundheitswesen: „Das Thema brennt. Keiner von uns kann sich zurücklehnen und hoffen, es kommt eine hauptamtliche Kraft, die uns irgendwann hilft. Besser wir schauen einer nach dem anderen und machen uns gemeinsam auf den Weg“, appellierte sie. Das wirke zugleich der Angst vor einem einsamen eigenen Lebensende entgegen. Nicht zuletzt bedeute jedes Leben tatsächlich leben bis zuletzt: „Deshalb sind wir auch keine Sterbebegleiter, sondern Lebensbegleiter. Und haben das gute Leben im Fokus – bis zuletzt.“
Nicht Sterbebegleitung,sondern Lebensbegleitung
Deshalb auch Speisen und Musik im stationären Hospiz und Gedanken über Heimat, zu denen sich Ehrenamtliche in einer Fotoausstellung äußerten und die auch die Besucher auf Wolken aus Papier aufdrückten, die sie an einen „Lebensbaum“ hängten. Dort war unter anderem zu lesen: „Heimat ist mit lieben Menschen reden zu können, wie einem der Schnabel gewachsen ist.“ „Heimat ist der Geruch von Sonntagsbraten.“ „Heimat ist da, wo ich glücklich bin.“ „Heimat ist Familie.“ „Heimat ist da, wo ich geboren bin und geborgen bin.“ Und: „Heimat ist, sich angenommen fühlen und so sein zu dürfen, wie man ist.“
In großer Runde sowie in kleinen Gruppen wurde über die Angebote des Hospiz-Vereins und die Bedeutung der Hospizarbeit im Allgemeinen sowie speziell im Kreis Ahrweiler gesprochen. „Mein Mann ist vor sechs Jahren hier gestorben und seitdem war ich nicht mehr da“, erklärte eine Besucherin: „Zeit, mich noch einmal umzuschauen“ – dort, wo er ein Stück weit eine letzte Heimat fand. Zum ersten Mal da war Barbara Geub aus Sinzig. „Es gibt so viele, die über die Themen Tod und Sterben nicht sprechen oder ihr Kind nicht mitnehmen zu einer Beerdigung. Dabei ist das doch etwas ganz Natürliches“, fand die gelernte Krankenschwester. Mit ihrer Schwester zusammen hatte sie nicht nur ihre Mutter begleitet sondern in der Klinik auch schon eine ihr völlig unbekannte Person, „die niemanden hatte und sonst ganz alleine gestorben wäre“.
Auch Matthias Huff war zum ersten Mal im Hospiz und fand die Atmosphäre „super und überhaupt, dass es dieses Haus gibt“. Der Heimersheimer fügte an: „Außerdem muss man das Ehrenamt würdigen. Deshalb ist es selbstverständlich, dass wir mit unserem Backesverein dabei sind“. Noch eine Gemeinsamkeit fand er: „Brot ist auch Leben.“
Das wurde reichlich gerne vertilgt bei der Feier, bei der auch die haupt- und ehrenamtlichen des Vereins über ihre Tätigkeiten berichteten: Claudia Wengeneroth als Koordinatorin, Friederike Kettel und Franz Böder als ehrenamtliche Begleitung und Liesel Albrecht als eine der Leiterinnen der „Letzte-Hilfe-Kurse“, die für jedermann gedacht sind und vermitteln, wie man mit Sterben und Trauer umgeht, wo man Hilfe findet und wie man für sich selber vorsorgt. Auch Valerie Wirz aus Wiesemscheid berichtete von ihrer ersten Begleitung nachdem sie vom Hospiz-Verein auf diese Aufgabe vorbereitet worden war: „Der Tod hat mich nicht traurig gemacht. Vielmehr habe ich von der Person, die froh war, dass sie mit jemand neutralem reden konnte, und von den Angehörigen viel Bestätigung erhalten. Und ich war froh, dass er zu Hause sterben konnte, wie es sich ja alle wünschen.“
Ein neuer Kursus zur Befähigung der ehrenamtlichen Begleitung für Menschen jeden Geschlechts, jeder Herkunft und jeden Alters beginnt beim Hospiz-Verein im Januar (Infoabend am 12. November um 18 Uhr, Georg-Kreuzberg-Straße 7 in Bad Neuenahr). Und das stationäre Hospiz, Dorotheenweg 6 in Bad Neuenahr-Ahrweiler, lädt im Jahr seines zehnten Bestehens zum Tag der offenen Tür für Samstag, 29. November, ab 10 Uhr ein.


