Märchenklassiker der Brüder Grimm auf der Freilichtbühne
Ein gestiefelter Kater macht mächtig Theater
Umjubelte Abenteuergeschichte mit viel Caramba und Karacho
Schuld. Seit 70 Jahren gibt es das „Spiel im Grünen“ auf der Naturbühne oberhalb des Dörfchens Schuld. Im Mai 1948 eröffnete man die Freilichtsaison auf der Waldlichtung mit dem Legendenspiel „Genovefa“. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Freilichtbühne zu einem Garant für familienfreundliche Unterhaltung entwickelt. War 2017 noch Robin Hood der Held vieler kleiner und großer Zuschauer, hat man in diesem Jahr eine Märchenfigur in den Mittelpunkt gestellt: Den gestiefelten Kater, 1812 von den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm veröffentlicht. In der Bearbeitung von Jan Bodinus wird aus dem etwas angestaubten Klassiker eine rasante Abenteuergeschichte voller Witz und Elan. Am Wochenende erlebte sie ihre umjubelte Premiere.
Die Story kennt jedes Kind: Der Müller ist gestorben und hat seinen beiden älteren Söhnen die Mühle vermacht. Hans, der Jüngste, ist leer ausgegangen. Er hat nur den Kater geerbt, muss die ganze Arbeit alleine tun und wird obendrein von seinen Brüdern noch schlecht behandelt. Doch sein Kater ist kein gewöhnlicher Stubentiger. Das merkt Hans, als dieser plötzlich anfängt zu sprechen und ein Paar Stiefel verlangt. Denn er ist in Wirklichkeit Don Miguel de la Salamanca, ein spanischer Musketier und will mit Hans in den Kampf gegen den bösen Zauberer Zohak ziehen. Hans ist zunächst skeptisch. Doch als er Prinzessin Amalie trifft, die Tochter des Königs Ottokar von Puffenstein, der ebenfalls unter der Knute des Zauberers steht, lässt er sich umstimmen. Von seinen letzten Ersparnissen lässt er rote Stiefel für den Kater anfertigen und als er sie ihm anzieht, verwandelt sich der in den spanischen Edelmann.
Caramba und Karacho
Nun geht es los mit einem Abenteuer voller Überraschungen, voller Caramba und Karacho. Das Federballspiel wird erfunden, es wird gejagt, es wird gezaubert, dass es nur so blitzt und kracht, es wird getanzt und gesungen, gefochten und gerungen. Und geturtelt wird noch obendrein. Das ist spannend, pfiffig, überraschend und vor allem sehr lustig.
Die Besucher sitzen unter dem schönen, neuen Dach und sehen einen formidablen Märchenwald, links die wunderschöne Mühle samt Mühlrad, in der Mitte den prächtigen Königshof und rechts das gruselige schwarze Schloss, wo die Magier hausen. Und als ob das noch nicht genügt, schwebt darüber am Seil eine Wolke, die selbst bei herrlichstem Sonnenschein für einen Gewitterregen sorgt. Da haben die Bühnenbauer in Schuld mal wieder ganze Arbeit geleistet.
Großartig auch die Kostüme von Monika Mauer und Reni Weber und die Maske von Erika Michels, Michaela Linden, Hannah Müller und Claudia Esser. Die zahlreichen und bis ins Detail liebevoll ausstaffierten Darsteller von den Rebhühnern bis zum Hofstaat suchen ihresgleichen.
Herausragende Darsteller
Apropos Darsteller. Da hat Regisseur Jens Kerbel ein wirklich glückliches Händchen bewiesen. Die beiden Hauptdarsteller sind ehemalige Nachwuchstalente. Leon Schmitz ist als Hans der Sympathieträger schlechthin, wie er zudem zur Musik von La Boum den bis über beide Ohren Verknallten gibt, ist einfach spitze. Marius Ewerts lässt es als spanischer Edelmann (der allerdings auch noch ein Stück weit Kater ist) so richtig krachen, Ola muchacho, ganz großes Kino. Um dieses vortreffliche Duo agieren allerdings in jeder Rolle tolle Akteure, die man leider nicht alle nennen kann. Exemplarisch für die in diesem Jahr wirklich herausragende Darstellerriege seien Olaf Justen als schwuler König, Heiko Linnerz als diabolische Zauberer und Rebekka Kuhl als seine mindestens genauso böse Schwester Fabula Rasa genannt. Nicht zu vergessen Maya Schmitz glänzt als spanisch redebrechender Kater vor der Verwandlung. Allen Mitwirkenden ist die enorme Spielfreude anzumerken, da wird Theater gelebt und geliebt, das spürt man.
Der mit viel Wortwitz gespickte Text, die ideenreichen Dialoge, die spritzigen Regieeinfälle und die zahlreichen Effekte sorgen dafür, dass die zwei Stunden wie im Fluge vergehen, bis am Ende Hochzeit gefeiert wird.
Zum Schluss zu Recht viel Beifall und Jubelrufe aus dem begeisterten Publikum. Gespielt wird bis 5. August immer Samstag um 20:30 Uhr und Sonntag um 15:30 Uhr, außerdem an zwei Freitagen (27. Juli und 3. August) um 19:30 Uhr. Karten unter Tel. (0 26 95) 3 18. Informationen unter www.freilichtbuehne-schuld.de.
Der gestiefelte Kater hat einen ganzen Sack voll Rebhühner für den König gefangen.
Müllersohn Hans und sein treuer Begleiter beschließen, den Kampf gegen den Zauberer aufzunehmen.
Ein wahrhaft gruseliges Geschwisterpaar: Die Hexe Fabula Rasa und der Zauberer Zohak.
