Die verhängnisvolle G.Schichte

Heute: Das verhängnisvolle Tennisfieber

Das Verhängnis begann, als G. das Tennisfieber packte. Da halfen keine Wadenwickel und auch der berüchtigte Senkdruck war dagegen machtlos. G.s Tennisfieber betrug konstant 40 Grad und ging nur leicht zurück, wenn man das Fernsehgerät ausschaltete und blitzschnell ein Gedicht aufsagte, das mit dem Wort ‚Rosen‘ begann. In den meisten Fällen fing G. an im Fieberwahn zu monologisieren und es gab nur ein Thema: Tennis.

Für Tennisübertragungen braucht man Tennisspieler, sagte sie, und die Tennisspieler brauchen Federballschläger. Tennisspieler zerfallen in zwei Sorten: die einen, die gut sind und immer gewinnen und die, die immer verlieren. Ein Match besteht aus mehreren Sätzen. Ein Satz aus mehreren Spielen. Ein Spiel aus mehreren Punkten. Der Einfachheit halber wird mit dem ersten Aufschlag des ersten Spiels des ersten Satzes begonnen. Das heißt ein Spieler serviert, auch wenn der andere gar nichts bestellt hat.

Ein Break kommt immer kurz vor den Werbeeinblendungen. Irgendjemanden wird dann vor aller Augen der Aufschlag abgenommen, ebenso ungerecht wie unterhaltsam. Das kriegt man als Fernsehzuschauer ganz gut mit, als Oberschiedsrich­ter aber nicht. Der Oberschiedsrichter sitzt immer oben links. Hat der Schiedsrichter einen Spieler besonders gern, schenkt er ihm neue Bälle. Der andere Spieler schimpft dann mit dem Schiedsrichter. Manchmal steigt der Schiedsrichter auch von seinem Stuhl und zeigt einem Spieler die Linie, wenn der vergessen hat wo sie ist. Fliegt einer dieser neuen Bälle so dicht an einem Unterschiedsrichter vorbei, dass er ihn an der gelben Farbe erkennen kann, kann er sich meist nicht beherrschen und teilt dem Publikum mit: Der Ball war gut. Boris Becker war auch gut - manchmal. Er muss aber wegen seines Geschlechts immer gegen Männer spielen, oft auch gegen Ausländer. Steffi Graf hingegen fiel eher unter die Frauen. Doch nun noch zu den Assen. Asse sind Klasse - Weltklasse. 21 Asse pro Spiel sind relativ viel, 2 eher wenig. Dann schon lieber ein Love, das zählt dann fifteen und aus Gründen der Logik zählt man dann weiter mit 30-40 40-40 bzw. Deuce und folgerichtig 6 zu 4. Bei 6 ist ein Satz vorbei und gewonnen. Bei 4 verloren, aber das heißt noch gar nichts. Im nächsten Satz kann man ja noch einmal versuchen Flugbälle zu töten oder das Netz anzugreifen. Vielleicht guckt der Oberschiedsrichter ja einmal weg, das wäre dann Vorteil, dann kann man mit dem Aufschlag nach vorne gehen. Wenn man allerdings erwischt wird, ist das ein Fußfehler und wenn man Pech hat, ein Punkt für den Gegner. Punkte für den Gegner ist gut gegen Gewinnen. In der Pause rauchen ist gut gegen Kondition, und die braucht der Tennisspieler für seine vielen Hände: Vorhände und Rückhände usw. Manche ha­ben auch eine beidhändige Rückhand. Das sieht sehr komisch aus und sie verschleißt beim Slise. Gute Bälle machen Punkte. Fehler machen Punkte für den Gegner. Doppelfehler machen aber keine Doppelpunkte. Gegner finden das ungerecht, dabei sollen die froh sein. Besonders froh sind sie, wenn ein Turnier Wim­bledon heißt, dann findet es nämlich automatisch in England statt und da gewann früher immer Boris Becker, außer wenn er verlor, dann gewann ein anderer. Das ist natürlich ungerecht. Aber logisch.

Nach diesem anstrengenden Vortrag schlief G. erschöpft ein, und ich tupfte ihr den Schweiß von der Stirn. Hoffentlich hat sie mich nicht angesteckt, dachte ich und stellte den Fernseher ein. Das Match hatte gerade begonnen und der Schiedsrichter sagte: Autsch!