„Janz Senzech em Jubiläumsfieber“
Der Festumzug ließ die Facetten der Verbundenheit aufscheinen
Sinzig. Ein dichtes Spalier säumte die Straßen von Sinzig, als am Samstagnachmittag bei herrlich sonnigem Wetter der eindrucksvolle, rund 60 Nummern starke Festumzug vorüberzog.
Galanterweise überließ man es den Gästen, dem Barbarossa der Stadt Altenburg (Thüringen) und seiner liebreizenden Begleiterin, den Höhepunkt eines rauschenden Jubiläumswochenendes 750 Jahre Stadt Sinzig anzuführen. Huldvoll grüßte das Paar in die Zuschauerschar. Diese zeigte sich angetan von den Wagen und Fußgruppen, der ganzen bunten Vielfalt der Sinziger Vereine, Organisationen und Firmen sowie der Darstellung der verschiedenen Ortsteile.
Bad Bodendorf
Den Anfang machte Bad Bodendorf mit umfangreichem Gefolge. Der Heimat- und Bürgerverein transportierte als „Boureschar“ wie anno dazumal auf Handkarren Kartoffelsäcke und Spankörbe voll Erdbeeren, während die Dorfgemeinschaft mit ihrem gelungenen Brücken-Motivwagen forderte: „Über den Quellensteg zum St.-Josef- Sprudel“.
Denn statt Verbindung von einem zum anderen Ahrufer zu sein, ist der schadhafte Steg schon lange gesperrt. Mit Pfauenfedern waren die Mitglieder des Vereins Tier- und Naturfreunde Schwanenteich unterwegs.
Die Bodendorfer Jonge machten mit, die St. Sebastianus-Schützengesellschaft, der Kindergarten und der SC Bad Bodendorf 1919 nicht minder. In ihrer orientalischen Kalif Storch-Montur zog die Theatergruppe Mubabor einschließlich fliegenden Teppichs die Blicke auf sich. Desgleichen taten die Garde- und Showtanzgruppen Blue Berrys, Blue Stars und Blue Velvet in ihren schmucken blau-weißen Outfits.
Sportlich Ringe, Reifen und Bälle mit sich führend, kamen die Grundschüler gegangen, Erdbeeren verteilend, die Möhnen. Die KG Rievkooche schwang die Kochlöffel auf ihrem großen Wagen. Dessen Rückseite zeigte gleich zwei Stadtmauredrisser mit heruntergelassenen Hosen, vielleicht ein Hinweis darauf, dass sich der Anblick der Bronzefigur auf dem Kreisel Richtung Westum, Koisdorf und Franken auch doppelt gesehen mit Alkohol im Blut nicht schöntrinken lässt?
Franken
Im 19. Jahrhundert war der Obstanbau in Franken bedeutend. Daran erinnerte der Stadtteil, indem er sich im Zeichen des Apfels präsentierte.
Auf dem durchdacht eingerichteten Frankener Festwagen, vielleicht der schönste im ganzen Zug, „wuchs“ ein Apfelbäumchen, behangen mit Früchten. Eine Kelter und körbeweise rotbackige Äpfel komplettierten das urwüchsige Arrangement. Ihm schloss sich die freundliche Fußgruppe an, die gerne Flüssiges einschenkte. Saft oder Apfelwein, da gingen die Meinungen der Verkoster am Wegesrand auseinander. Von Glück konnte sagen, wer sogar ein Gläschen Frankener Apfelgelee gereicht bekam. Die Junggesellen schließlich waren Fahnen und Schärpen tragend mit von der Partie.
Koisdorf
Auch der Höhenort Koisdorf legte sich mächtig ins Zeug. Steinzeugkrüge, Nüsse, Stroh und ihre Käskömpche-Spezialität hatte ein Trupp fröhlicher Landleute auf den Wagen gepackt. Anmutig und stolz grüßten historisch gewandete Bäuerinnen und Bauern.
Ihnen voraus fuhr ein Anhänger, der in Miniaturausgabe das Wahrzeichen des Dorfes, die Wendelinuskapelle, präsentierte: strahlend weiß, mit Glöckchen und detailliert bis in die Fenstergestaltung hinein. Im Sinne der Eigenwerbung ließen es sich die Koisdorfer nicht nehmen, auf ihr baldiges Käskömpchen-Fest vom 30. Juni bis 2. Juli hinzuweisen. Darüber hinaus feierte der Ort gerade erst sein eigenes Jubiläum 825 Jahre Koisdorf.
Löhndorf und Westum
Mit einem roten Trecker kündigte sich der Stadtteil Löhndorf an. Eine stattliche Anzahl bestens aufgelegter Möhnen in prächtigen rot-schwarzen Kleidern lachte, winkte und verteilte Blumensträußchen, natürlich Rosen, wie es beim Rosendorf Löhndorf anders nicht denkbar ist. Die Löhndorfer nutzten zudem die Gelegenheit und machten auf ihr Dorffest am 18. Juni aufmerksam.
Auch die Westumer Möhnengesellschaft glänzte.
Dass Löhndorf und Westum beide Junggesellenvereine haben, belegten sie mit ihren Abordnungen. Während die Löhndorfer zu Fuß gingen, ließen sich die Westumer zu lauten Klängen auf ihrem Wagen fahren. Beim zweiten Durchgang des Umzugs hatte die sich Stimmung der Jungmänner in schwarzen T-Shirts und roten Sonnenbrillen derart gesteigert, dass der Wagen auf und nieder wippte. Vertreten war sodann der SV Westum mit der 1993 gegründeten Abteilung Lauftreff und eigenem riesigen Wagen, auf der eine Baluster-Brücke den siegreichen Weg zum Kunstrasenplatz markierte.
Richtig was fürs Auge bot die KG Rot-Weiß Westum 1935. In den Farben der Vereinigung liefen kleine und große Mädchen und hielten rote und weiße Luftballons in den knallblauen Himmel.
Sinzig
Erwartungsgemäß bot der einwohnerstärkste Ortsbezirk Sinzig die größte Zugabteilung auf. Die Feuerwehr hatte ihr Oldtimer-Fahrzeug Mäxchen mitgebracht, das trotz seiner 65 Jahre noch nicht zum alten Eisen zählt.
Die Hundesportfreunde kamen mit Plüschtier bestücktem Wagen und Fußvolk, die Freunde des Bodendorfer Thermalbades per pedes, ebenso wie die Bänder schwingenden Mitglieder des Turnvereins, der Wassersportverein Sinzig mit Kanu im Schlepptau, die Langenfelder Bruderschaft und die Stadtmaure-Möhnen. Trommelrhythmen entfesselte die Musikgruppe Batida di Samba, die Magic Majorettes aber schwangen ihre Stöckchen und ließen die Röckchen fliegen.
Die Kleinen der Kindertagesstätten Storchennest und Spatzennest rührten die Zuschauer, als sie Herz-Plätzchen verschenkten. Eine große Eifelvereinsgruppe machte mit grüner Oberbekleidung deutlich, wohin ihr Weg sie führt.
Viele tolle Ideen bereicherten den historischen Lindwurm. Da führte der Tischtennisverein etwa eine veritable Tischtennis-Platte mit.
Das Bürgerforum verbreitete Heiterkeit mit einer Art alternativem Barbarossa. Das herzige Pferdchen und sein Reiter bildeten quasi eine Figur, dank Heinz Degen, der zu Lebzeiten dieses einfallsreiche Kostüm kreierte.
Regenbogenschüler
Großen Eindruck machte die Regenbogenschule Sinzig, nicht nur weil alle Schüler mitgingen. Sie wurde auch ihrem Namen voll gerecht. Klassenweise waren die Kinder in Orange, Rot, Gelb, Blaugrün, Dunkelblau und Lila gekleidet, ein unvergessliches buntes Bild. Gleichfalls waren selbstverständlich die St. Hubertus Schützengesellschaft, die St. Sebastianus Schützenbruderschaft und die St. Josef-Gesellschaft 1300, letztere mit großem Gefährt dabei.
Auch die Spielmannszüge KG Bad Breisig und Freiweg Sinzig erwiesen dem Stadtjubiläum die Ehre. Selbiges galt für wichtige Firmen. Für den Sinziger Mineralbrunnen rollte ein hoch mit Fässern beladenes Fahrzeug an, das Brauereipferde zogen. Voraus ging die Direktion; die Frauen trugen apartes Weiß, die Männer dunkles Blau. Eindrucksvoll auch der Auftritt des Krupp Verlages und seiner Wochenzeitungen Blick aktuell. Zahlreiche Mitarbeiter standen gut gelaunt im riesigen Wagen, der 750 Jahre Stadt mit 141 Jahren Sinziger Zeitungsgeschichte verband.
Blühendes Sinzig
Auf 50 Jahre blickt der Elferrat der KG Närrische Buben von 1067. Seinem gewaltigen Wagenschiff folgte das Kinder- und Jugendcorps. Weiter ging es mit dem Stadtsoldatencorps Närrische Buben und den Reservisten der KG, die mit ihrem Wagen Schlosskultur heraufbeschworen. Sentiaca Andrea II. thronte souverän in ihrer eigenen „Prinzessinnenkutsche“ trotz Samtkleid bei sommerlichen Temperaturen. Endlich aber erschien auch der Sinziger Rotbart, während des Jubiläumsjahres gemimt von Bernd Linnarz.
Würdig schritt er im Schutze der Söldnertruppe Milites Sentiacum und Mitgliedern des Vereins Wir helfen einher. „Janz Senzech em Jubiläumsfieber“ stand zu Recht auf dem städtischen Wagens geschrieben, die als Burg den Schlusspart bildete. Gleichzeitig aber lautete die Botschaft „Sinzig soll blühen“, denn Bürgermeister Kroeger, Landrat Pföhler, Dechant Thieser und die Ortsvorsteher verteilten an Einwohner und Gäste des einmaligen Umzugserlebnisses Anemonenzwiebeln als nachhaltige Erinnerung.
HG
St. Josef Gesellschaft beteiligte sich auch am historischen Umzug durch die Stadt.
Ein aktuelles Video zu diesem Thema finden Sie im Internet unter: www.blick-aktuell.tv Reinschauen lohnt! Viel Spaß.
Der Spielmannszug Freiweg sorgte für gute Musik.
