Verein zur Erhaltung der Schieferbergbaugeschichte installiert Gedenkwand zur Erinnerung an verunglückte Bergmänner
Jedes Todesopfer bleibt in Erinnerung
Der 88-jährige ehemalige Hauer Hubert Klinkner war bei der Enthüllung sichtlich gerührt

Müllenbach. Ein neuer Anlaufpunkt für Wandergäste, aber auch ein Platz der Erinnerung für Angehörige verunglückter Schieferbrecher wurde im Rahmen des jährlichen Vereinstreffens des Schiefervereins im Kaulenbachtal eingeweiht. Fast drei Jahrhunderte dauerte die Bergbaugeschichte der Schieferregion Kaulenbachtal an. Dass es für die Bergmänner, die tief unten in den Stollen des Kaulenbachtals nach dem „schwarzen Gold“ der Eifel gruben, nicht ungefährlich war, ist hinläufig bekannt. So wurden in der vorindustriellen Zeit sämtliche Schieferplatten bis zu einem Gewicht von unvorstellbaren 150 Kilogramm auf dem Rücken aus dem Stollen getragen. Der Schieferstaub, der die gefürchtete Silikose verursachte, die Arbeitsbedingungen der Männer, die in Zwölf-Stunden-Schichten unter Tage waren, sowie die schweren Steine, die sie tragen mussten, führten häufig zum frühen Tod meist im Alter zwischen 45 und 50 Jahren. Somit wäre fast ein jeder der Schieferbrecher ein Opfer seines Berufs.
Die nun von dem Vereinsvorsitzenden erdachte Gedenkwand geht jedoch nur auf die Unfallopfer ein, die während ihrer Arbeit in den Schieferstollen ums Leben kamen. Nachweislich waren es seit Beginn der Aufzeichnungen 46 Bergmänner, die im Kaulenbachtal ihr Leben lassen mussten. Für jeden von Ihnen hat der Vereinsvorsitzende und Hobbykünstler Dieter Laux eine Schieferplatte mit Namen, Geburts- und Sterbedatum graviert und an der Gedenkwand angebracht. Eine große Naturbruch-Platte oberhalb der Namensgravuren weist mit ihrer Inschrift „All de duude Koulemänner“ auf die Gedenkwand hin, die sich unmittelbar hinter dem neu erstellten Spalthaus auf der Herrenwiese im Kaulenbachtal befindet. Schrifttafeln geben Informationen über die Kirchenbuch-Einträge, die der jeweilige Pastor nach dem Unglück im Bergwerk eingetragen hat.
Sprache ist ungeschönt
Wahre Tragödien zeichnen sich innerhalb dieser Eintragungen ab. Die Sprache ist ungeschönt und geht auf die grausamen Unfälle in drastischen Worten ein. Hier einige Beispiele: Allein im Jahre 1846 werden fünf tödliche Bergunfälle gemeldet. Der Markanteste: Am 27. Mai 1846 zieht sich Nikolaus Both schwerste Kopfverletzungen in der Grube zu. Bürgermeister Ziliken (Kaisersesch) beschreibt den Unfall in einem Bericht: „Am 27. Mai 1846 ereignete sich in der Schiefergrube des Anton Walgenbach ein Unglück. Dabei wurde der Schieferbrecher Nikolaus Both lebensgefährlich verletzt. Both wurde aus der Grube in das Haus von Walgenbach auf der Leyenkaulen etwa eine Stunde von Kaisersesch gelegen gebracht. Anton Walgenbach lief nach Kaisersesch, um geistlichen und ärztlichen Beistand zu rufen. Er ging davon aus, dass für den Arbeiter Both aus Masburg der Pfarrer in Kaisersesch verantwortlich wäre. Der Kaisersescher Pfarrer lehnte es jedoch ab, nach Leienkaul zu kommen. Both befinde sich zurzeit in der Pfarrei Müllenbach, für die nicht er, sondern der Pfarrer aus Alflen zuständig sei. Walgenbach lief nun von Kaisersesch nach Alflen. Inzwischen starb Nikolaus Both in Leienkaul, ohne dass ihm geistlicher Trost gespendet werden konnte. Am 27. Juli 1856 wird der 21-jährige Matthias Valerius aus Müllenbach zerschmettert in der Schiefergrube gefunden. Am 23. September 1865 wird Nikolaus Steffesen aus Müllenbach, 30 Jahre alt, Ehemann von Anna Barbara Bourgeois und Vater eines Kleinkindes, auf der Schiefergrube von Gesteinsmassen zermalmt. Ein grauenvoller Unfall ereignet sich am 8. September 1914 auf der Grube Mariaschacht. „Nach der Mittagsschicht, etwa gegen 14 Uhr, verunglückt der Grubenaufseher Josef Mohr aus Laubach, ein Vater von sechs Kindern. Mohr fährt mit vier anderen Bergleuten mit dem Förderkorb in den Schacht ein, von denen drei aber auf der dritten Sohle den Förderkorb verlassen. Mohr will mit dem Bergmann Klasen aus Müllenbach in die vierte Sohle herabfahren, als plötzlich der Korb stehen bleibt. Klasen kriecht auf Händen und Füssen aus dem Korb und kann sich retten. Aber, da der Förderkorb nun leichter geworden ist, schleudert er einige Meter in die Höhe, das Drahtseil reißt, der Korb stürzt ungehindert in die Tiefe. Josef Mohr wird bei dem Aufschlag zu einer unkenntlichen Masse zermalmt. Die Leichenteile werden zusammengelesen und in ein Leinentuch eingenäht, sodann werden sie auf einem Leiterwagen – mit Stroh bedeckt – der leidgeprüften Gattin, die sich gerade auf einem Betgang nach Martental befand, zurückgebracht. Es ist, als habe die Frau eine böse Ahnung gehabt, denn sie wollte gar nicht haben, dass er an diesem Tag in die Grube geht, sondern beim Dreschen helfen soll. Er war ein nüchterner, braver und fleißiger Mann.“
Schlimme Details
Schreckliche Details, die jedoch die Gefährlichkeit der Arbeit in den Schieferbrüchen vermittelt. Für die Enthüllung der Gedenkwand konnte der Verein mit Hubert Klinkner aus Leienkaul den letzten Bergmann des Müllenbacher Dachschieferwerks Mariaschacht gewinnen. Hubert Klinkner war überwältigt von der Ehre, gemeinsam mit dem Vereinsvorsitzenden die Gedenktafeln enthüllen zu dürfen. Der 88-jährige ehemalige Hauer war sichtlich gerührt, als die vielen Gäste, die der Enthüllung beiwohnten, ihren Beifall zollten. Bei einem kühlen Bier und Essen vom Grill verbrachten alle gemeinsam mit dutzenden Wandergästen, die an diesem Tag im Kaulenbachtal unterwegs waren und am Spalthaus Rast machten, „einen unvergesslichen Nachmittag“, wie es Hubert Klinkner formulierte.
Mehr über den Schieferverein unter www.schieferverein.de.