Manfred Hammes und Georg Kohlen überschreiten im Burgbrohler Kunstpavillon Grenzen künstlerischer Gattungen

Papierarbeiten greifen Raum

02.05.2017 - 11:56

Burgbrohl-Lützingen. Die Überraschung ist gelungen. Den Raum erobernd, geben sich die Werke mit der Wand nicht zufrieden.

Wie auch, wenn ein „Es ist an der Zeit“ getiteltes Megabreitformat von Manfred Hammes sich unüberschaubar weit ausdehnt, selbst wenn es vermutlich nicht die von ihm ausgewiesenen 100 Meter misst? Auf- und absteigend, Schlaufen schlagend, wogt das riesige Bild des 2006 gestorbenen Künstlers üppig an den Panoramafenstern des Kunstpavillons. Seine schwungvoll gemalten Endlos-Landschaften mit Bergen, Wasser und Grün scheinen der frühlingshaften Natur draußen zeigen zu wollen, was in einem Malerleben aufgesogen und der Welt in ureigener Filterung und Anreicherung wiedergegeben wurde.


Malerei und Skulptur


An der gegenüberliegenden Wand sahen erwartungsfrohe Gäste ebenfalls Papierarbeiten, die den üblichen Rahmen sprengen. Da lappen Hochformate des Künstlers Georg Kohlen, auf denen er malerisch Gedichte zurückbaut, über den Boden und greifen auf die Decke aus.

Alles dies zeigt die Ausstellung „Es ist an der Zeit“, zu deren Eröffnung Verbandsgemeinde-Bürgermeister Johannes Bell in Karin Meiners Kunstpavillon willkommen hieß. Die Kuratorin - sie war Kunst- und Lebenspartnerin von Hammes - begrüßte insbesondere Mitglieder des Kulturfördervereins AIM. Er ist sowohl Träger der Kulturwerkstatt für junge Menschen mit Kursprogramm im Kunstpavillon als auch dessen ArtLab. Unter anderem bietet das ArtLab Raum für intermediale Aufführungen, diesmal für die frisch eröffnete Duo-Präsentation, da sie künstlerische Gattungen überschreitet. Für Hammes trifft dies zu, berücksichtigt man die objekthafte Dimension, welche seine Malerei durch Meiners Inszenierung erhält. Bei Georg Kohlen, Mitbegründer der Produzentengalerie 68elf in Köln, wo Manfred Hammes seit 1990 bis 2002 kontinuierlich Gast war, erschloss sich der Bild und Skulptur vereinigende Ansatz, als er ihn dem Publikum erläuterte.


Radikal kürzen


An die Anfänge der gemeinsamen Zeit mit Hammes anknüpfend, nahm Kohlen eigens für die aktuelle Ausstellung seine lange nicht mehr praktizierte Arbeit mit Tipp-Ex wieder auf. Er könne nicht besonders gut schreiben, „ich greife aber sehr gern in Dinge ein“, ließ er wissen. Daher bearbeitet er Gedichte, etwa von Erich Fried, Berthold Brecht, Enzensberger und macht sie zu seiner eigenen Schöpfung. „Der Bildhauer nimmt etwas vom Material weg. Ich liebe es zu reduzieren und nehme etwas weg von der Sprache“. Für manchen Vernissage-Besucher verblüffend, erklärte er so sein „bildhauerisches“ Vorgehen. Dabei deckt er Worte des Gedichtes mit der weißen Korrekturflüssigkeit ab. Gekürzt wird „so viel wie möglich“. Zwar zielt Kohlen nicht auf ein erzählerisches Ergebnis ab.

Eher reiht er sich bei der konkreten Lyrik ein. Dennoch drängen sich dem interessierten Leser mögliche oder vermeintliche Inhalte auf. Eine in der Gedicht-Überschrift isolierte „Verzweiflung“, der lauter von ihren früheren Wort-Nachbarschaften losgelöste „ich“ folgen, scheint doch tatsächlich auf ein verzweifelt im Ich gefangenes Individuum zu verweisen.


Leerstellen überschreiben


Doch ob formale Kürzungen oder sinnverändernde Wortfügung, Mehrdeutigkeit und eine spielerische, oft humorvolle Komponente wohnen den Wortbildern in jedem Fall inne.

Sie liegen übrigens über Packpapier auf malerischen Hintergründen, die dem Auge als ornamental gestaltetes Pflaster aus sorgsam gesetzten Pinselstrichen gegenübertreten. Eingeblendet sind stilisierte Figuren. Zusammen mit den geweißten Wörtern, über denen das Tipp-Ex nicht aggressiv wie die Rotanstreichungen aus der Schulzeit, sondern weich wie Schnee

sitzt, bildet sich ein vielschichtiges Sprach- und Motivensemble zum Themenfeld Mensch ab. Um den Vernissage-Gästen eine Gedichtumwandlung vorzuführen, griff der 1955 geborene Künstler, der seit 20 Jahren alternative Kunsträume betreibt, zum Pinsel. Bürgermeister Bell hielt ihm dazu die Vorlage und schließlich erlaubte es der Kohlen den Anwesenden, jene von ihm geschaffenen Leerstellen erneut mit Worten ihrer Wahl zu überschreiben.

Einige ergriffen die Chance. Andere unterhielten sich mit dem Künstler und den Künstlerkollegen Bildhauer Andreas Joerißen und Leo Jongen, die ihr Atelier neben seinem auf dem Fabrikgeländes Teeuwen in Gillrath, Kreis Heinsberg, haben.

Mit Jeanne Lessenich aus Waldorf und Boris Nieslony aus Köln fanden weitere Künstler den Weg in den Kunstpavillon. Ein Tisch voller Künstlerbücher mit Malerei, Zeichnungen und Wortbildhauerei rundet die anregende Ausstellung ab. Zu sehen ist sie bis 25. Mai im Herschenbergweg 6a nach telefonischer Absprache unter (0 26 36) 26 40.

HG

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

- Anzeige -

Sichere dir deinen Ausbildungsplatz bei HEUFT

HEUFT bleibt auf Erfolgskurs. Als mittelständisches Familienunternehmen haben wir das vor allem dem Know-how und Engagement unseres schlagkräftigen Teams zu verdanken. Um kontinuierlich weiter zu wachsen und unserer internationalen Kundschaft auch in Zukunft Produkte und Services in gewohnter Spitzenqualität liefern zu können, sind wir ständig auf der Suche nach qualifizierten und motivierten neuen Kolleginnen und Kollegen. mehr...

Die wilde Fahrt endete im Krankenhaus - und zwar zur Blutentnahme.

Westerwald: Promille-Spritztour mit Bagger

Windeck. Am Sonntagmorgen, dem 14. April, informierte ein Zeuge die Polizei gegen 05:10 Uhr über den Diebstahl eines Baggers in Windeck. Der Anrufer gab an, dass der Fahrer des Baggers aufgrund seiner unkontrollierten Fahrweise möglicherweise betrunken sei. Die Polizei traf zwei 18- und 19-jährige Windecker im Bereich des Bachmühlenwegs an, wo der gemeldete Bagger auf einem nahegelegenen Grundstück abgestellt war. mehr...

Regional+
 

Die Veranstalter rechnen voraussichtlich mit 500 Teilnehmern

Demo in Ahrweiler: Wilhelmstraße wird gesperrt

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Am Sonntag, den 21. April 2024, findet in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine Versammlung unter dem Titel „Sei ein Mensch. Demokratie. Wählen“ statt. Die Veranstalter erwarten etwa 500 Teilnehmer. Aufgrund des geplanten Demonstrationszuges wird die Wilhelmstraße zeitweise gesperrt sein. mehr...

Tag des Wanderns

Bad Breisig. Am 14. Mai – dem Tag des Wanderns – bietet die Tourist-Information eine familienfreundliche geführte Wanderung auf dem Kleinen Märchenweg an. Seit 2016 nutzen Mitgliedsvereine des Deutschen Wanderverbandes (DWV), Schulen, Kitas, Unternehmen, Naturschutz- und andere Organisationen auf Initiative des Deutschen Wanderverbandes den 14. Mai als Tag des Wanderns, um über die Vielfalt des Wanderns zu informieren. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

Zunahme in Koblenz um 60 Prozent

Jan Krebs:
Umso wichtiger ist das unsere wache Zivilgesellschaft, ideologische indoktrinationen erkennt. Siehe die aktuelle Kriminalstatistik... ...
Amir Samed:
Erstaunlich wie manche Leute sich verbiegen um von den wirklichen Inhalten der PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik) abzulenken. Indes, die Menschen im Land wissen dies, in der Politiblase ist es noch nicht so weit....
Amir Samed:
@Gabriele Friedrich + @Trudjean wenn keine Sachargumente greifen holen Menschen wie sie gerne die "Nazikeule" heraus, um Kritiker permanent als Rassisten zu diffamieren. Argumente? Wozu? Die Diskussion wird mit verbalen Totschlägern geführt, den Nazikeulen. Die Argumente zählen nicht nur mehr "Mora...
Gabriele Friedrich:
Was kostet die Bezahlkarte? Wie hoch ist der Aufwand? So oder so wären 2 Dinge diskriminierend: 1. Bezahlkarte, 2. Gutscheine. Hier kommt lediglich das Versagen der Migrationspolitik zum Vorschein und die Unfähigkeit, Lösungen zu finden. Jeder Mensch, egal wo er her kommt, hat ein Recht auf Würde....
Trudjean :
Teil 3/3: Vor wenigen Wochen wurdet ihr "Christdemokraten" von Nazis oder deren KI-Bot aufgefordert euch im Stadtrat für die Bezahlkarte einzusetzen und prompt kümmert ihr euch um diesen Mist, der der Stadt mehr Verwaltungsaufwand und weniger Menschenrechte gibt. Ihr seid nicht die Brandmauer. ...

Eifel: Gnadenhof soll Hunde abgeben

Gabriele Friedrich:
Ein wenig Realität könnte nicht schaden. 106.000 Leute können den Hof nicht kennen. 56 Hunde, die nicht jeweils ein eigenes Gehege haben, wie will denn da Die Dame gleichzeitig alle Hunde 100 % versorgen? Wieviel Hunde hat sie im Wohnhaus? Es ist leider so, das ja hier nur das "gute Herz" bewertet wird....
Monika Himmelberg:
Wir alle hoffen, dass sich doch noch ein guter Kompromiss finden lässt, damit das Lebenswerk von Liane Olert erhalten bleibt. ...
Anneliese Baltes:
Ich kenne den Gnadenhof persönlich- Liane Ohlert geht liebevoll mit den Hunden um und es ist wunderbar, das sie auf ihrem 10.000 grossem Grundstück sovielen Tieren aus dem Tierschutz ein gutes Zuhause gibt. Ich hoffe, das es eine gute vernünftige Lösung gibt, um diesen alten, kranken Tieren ihr Zuhause...
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service