IHK-Pressegespräch zur aktuellen Lage im Gastgewerbe während des zweiten Lockdowns
Problematische Entwicklungen haben sich durch Corona beschleunigt
Gastronomen blicken mit Sorge in die Zukunft – Größter Wunsch für das Jahr 2021: Planungssicherheit

Mayen-Koblenz/Neuwied. „Die IHK steht an der Seite der Gastronomen und möchte daher deren Forderungen an die Politik weitertragen“, betonte IHK-Regionalberaterin Kristina Kutting beim Pressegespräch in Winningen. Die Ortsgemeinde an der Mosel wurde nicht ohne Grund gewählt, denn die Kommune ist bei Tages- und Mehrtagestouristen sehr beliebt. Gemeinsam mit dem IHK-Tourismusreferenten Christian Dübner hatte die Regionalberaterin für die Landkreise Mayen-Koblenz und Neuwied eine Auswahl betroffene Vertreter gastronomischer und touristischer Einrichtungen eingeladen.
„Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr hatten wir einen starken Sommer, dann aber auch einen starken Einbruch“, berichtete Michael Klein von Klein´s Fronhof in Winningen. Den Monat November habe das Personal genutzt, um Überstunden und Urlaub abzubauen. Aktuell bietet man einen Außerhaus-Verkauf an: „Große Umsätze erwarten wir nicht. Es ist eigentlich eine Beschäftigungsmaßnahme, um nicht in Vergessenheit zu geraten“, so Michael Klein. Deutliche Kritik äußerte er an den staatlichen Hilfen, die für November angekündigt sind: „Warum müssen wir den Weg über die Steuerberater gehen? Dem Finanzamt liegen doch alle Umsätze vor!“, fragt nicht nur er sich.
Zustimmung erhielt er von Heike und Werner Kochhäuser vom „Roten Ochsen“ in Rhens. „Es erschließt sich uns nicht, warum wir jetzt geschlossen haben müssen“, so Heike Kochhäuser, dass dies für das Friseurhandwerk nicht gelte. Die Einschränkungen im Frühjahr seien nachvollziehbar gewesen, da sie, abgesehen vom Lebensmittelbereich, alle Branchen betroffen habe. Nun liege jedoch eine Ungleichbehandlung vor.
Von einer äußerst schwierigen Zeit für seinen Betrieb berichtete auch Reisebusunternehmer Timo Kröber („Der Moselaner“). „Erst Mitte August haben sich die Leute allmählich wieder getraut, mit dem Bus zu reisen. Mit der Herausgabe des Winter-Katalogs wurden wir nun aber vom zweiten Lockdown getroffen. Das Silvester- und Weihnachtsgeschäft fällt komplett weg“, so Timo Kröber. Einige wenige Busse kann er derzeit für die zusätzlichen Schülerverkehre einsetzen. Doch der Großteil seines Fuhrparks steht derzeit ungenutzt auf dem Betriebshof. Mit Blick auf die Personalsituation berichtete er von Problemen, die man schon vor der Corona-Pandemie hatte: „Man arbeitet dann, wenn andere frei haben. Da war es ohnehin schon schwer, gute Mitarbeiter zu finden. Nun besteht natürlich die Gefahr der Abwanderung“, so Timo Kröber.
Auch die anderen Anwesenden bestätigten, dass die Suche nach geeignetem Personal seit Jahren schwierig sei. „Viele problematische Entwicklungen haben sich leider durch Corona beschleunigt“, fasste IHK-Tourismusreferent Christian Dübner die Wortmeldungen der Gastronomen zusammen.
Christian Heller, seines Zeichens Geschäftsführer von Andernach.net, der Gesellschaft für Stadtmarketing und Wirtschaft, berichtete, dass man trotz des Trends zum „Deutschland-Tourismus“ rückläufige Besucherzahlen verzeichnet habe. Das Gruppengeschäft sei sogar um rund 40% eingebrochen. „In den Monaten Mai und Juni war eine Aufbruchstimmung zu verzeichnen, doch seit September haben die Menschen wieder Angst, weshalb auch die Besucherzahlen beim Geysir in Andernach eingebrochen sind“, so Christian Heller Die aktuelle Schließzeit nutzt man derzeit in Andernach, um notwendige Modernisierungen durchzuführen.
Auch bei den Gastronomen investiert man derzeit trotz der schwierigen Lage. So ist vieler Orts die Anschaffung kleinerer Tische geplant, um flexibler auf Besucher reagieren zu können.
Doch mit welchen Gefühlen blicken die Betroffenen in die Zukunft? „Wir rechnen damit, dass es erst ab Ostern wieder richtig losgeht“, so Heike Kochhäuser. Ihr Mann ergänzt: „Auf lange Sicht wird es mit Sicherheit weniger Gastronomen geben“. Dies sieht auch IHK-Tourismusreferenten Christian Dübner so. Er verwies auf die hohe Zahl von Gastronomen, bei denen der Renten-Eintritt bevorstehe: „Es gibt auch einen Unterschied zwischen Pachtbetrieben und Eigenbetrieben. Wer für seinen gastronomischen Betrieb Miete bezahlen muss, der überlegt sich derzeit sehr sorgfältig, ob er überhaupt nochmal öffnet“, so Dübner.
Welche Forderungen haben die Gastronomen an die Politik? Durchweg wurde der Wunsch geäußert, dass die sogenannten „November-Hilfen“ nun auch schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden. Für Timo Kröber ist auch die Planungssicherheit und die Perspektive für die Zukunft von großer Bedeutung. Michael Klein wurde konkreter: „Die Betriebe, die in den letzten Monaten in Schutzmaßnahmen investiert haben, sind derzeit die Gelackmeierten. Andere, die nichts gemacht haben, hatten keine Ausgaben gehabt und sind jetzt trotzdem in der gleichen Situation wie die Vorbildlichen Betriebe“, so Klein. Die sorgenvollen Blicke in Richtung Zukunft möchte die IHK nun auch an die Politik weiterleiten. Wie im Rahmen des Pressegesprächs deutlich wurde, sind für die Betroffenen die Fragen der Perspektive und Verlässlichkeit mindestens genauso wichtig, wie die finanziellen Unterstützungen.

Kristina Kutting (Mitte), IHK-Regionalberaterin Mayen-Koblenz und Neuwied, sowie der IHK-Tourismusreferent Christian Dübner (rechts) standen der BLICK aktuell-Reporterin Katja Gaebelein (links) Rede und Antwort.