Allgemeine Berichte | 20.01.2020

Große Unterstützung für junge Frau aus Langenfeld

Reinhardt-Konzerte und eine große Portion Solidarität machen Lisas Leben leichter

Lisa Faßbender (v.l.), Jörg Holzem vom Arfter Heimatverein (v.r.) und die berühmte Musiker-Familie Reinhardt (2. Reihe v.l. Sascha, Jermaine, Django und Marlon) freuten sich gleichermaßen über die gelungene Aktion. Foto: SOT

Langenfeld. Einzigartigkeit hat nicht immer etwas Gutes zu heißen. Lisa Faßbender aus Langenfeld könnte in gewisser Weise gut darauf verzichten. Seit ihrer Kindheit leidet die 29-jährige unter einem tatsächlich einzigartigen Gendefekt, der die moderne Medizin vor ein Rätsel stellt und weitestgehend hilflos dastehen lässt.

„Ich habe nicht nur einen „Buchstabendreher“ in meinen Genen - so hat ein Arzt mir das mal erklärt - sondern der komplette „Gen - Satz“ ergibt einen völlig anderen Sinn“, erklärt Lisa ihre Krankheit, die in Schüben fortschreitet. Sämtliche Muskeln und Organe werden im Verlauf schwächer, „ich habe mittlerweile Probleme beim Schlucken und Atmen, besonders das Kauen fällt mir schwer“, berichtet die junge Frau; oft fielen ihr Dinge aus der Hand, weil die Kraft nicht mehr ausreiche, richtig zuzugreifen.

Die ersten Symptome zeigte Lisa bereits im Kindesalter, doch die wurden fehlgedeutet: „Es hieß damals, ich sei lustlos und gehfaul“, erinnert sie sich noch genau. Wachstumsschübe sollten in der Jugend als Ursache ihrer Probleme herhalten. Aufforderungen wie „Stell dich nicht so an!“ oder „Streng dich mal an!“, bekam Lisa damals häufig zuhören; überhaupt erinnert sie viele Situationen, in denen Menschen hart mit ihr umgegangen sind. „Ich habe mich immer extrem angestrengt und mich bemüht, ganz „normal“ mitzulaufen, obwohl mir alles so schwergefallen ist“, erzählt sie, „ich war noch nie jemand, der sich hat hängenlassen und es war mir selbst immer unbegreiflich, warum ich mich noch mehr anstrengen sollte - was mir letztlich ja auch gar nicht möglich war.“

Ärzte konnten lange keine Diagnose stellen

Lisa konnte nie so weit laufen, wie Gleichaltrige, beim Schreiben taten ihr die Handgelenke weh. „Es war irgendwann schon klar, dass mit mir irgendwas nicht stimmt, aber die Ärzte haben lange keine Diagnose stellen können.“ Mehrfach musste sie in jungen Jahren operiert werden - und das hatte fatale Konsequenzen: „Zu der Zeit wusste man natürlich auch noch nicht, dass sich das Narkosemittel negativ auf meine Krankheit auswirken würde. Auf jede Narkose, die ich bekam, folgte ein Schub - und niemand konnte sich die Symptome erklären. Da hieß es, ich würde mich einfach nicht richtig erholen.“ Bei einer Operation erlitt sie einen Herzstillstand und ihr Leben hing plötzlich am seidenen Faden: „Ab dann war zumindest klar, dass ich das Narkosemittel nicht vertrage - aber warum? Darauf hatte man keine Antwort.“ Erst nach Jahren geriet Lisa endlich an einen Experten, der der Ursache ihrer Probleme auf den Grund ging. Und sie hatte es endlich schwarz auf weiß: Lisa war keine Simulantin! Das sollte allerdings die einzige gute Nachricht sein, denn ihre Krankheit ist bis heute unerforscht; niemand außer ihr leidet an diesem Gendefekt: „Es ist eine Laune der Natur - also es gab von Anfang an weder Erkenntnisse darüber, wie der Verlauf meiner Krankheit aussehen würde, noch, wie man sie aufhalten kann“, erzählt Lisa. Seither nimmt die junge Frau zahlreiche Medikamente - ob sie helfen, ist ungewiss, „mir wird dennoch angeraten, die Mittel konsequent einzunehmen, denn die Hoffnung besteht zumindest, dass sich der Verlauf doch ein bisschen verlangsamen lässt.“

Um die Schmerzen aushalten zu können, muss Lisa zusätzlich mehrmals täglich starke Schmerzmittel einnehmen.

Sie könne derzeit schlecht einschätzen, ob und wie sich ihre Krankheit weiterentwickelt: „Es ist relativ schleichend: Ich merke zwar, dass ich mal was bessere und dann auch wieder schlechtere Tage habe, aber es ist schwer für mich festzustellen, ob es insgesamt schlechter ist als vor einem Jahr, denn ich erlebe mich ja täglich. Ich versuche immer alles, so gut es geht, zu machen. Mich hinlegen und mich dem zu ergeben ist absolut keine Option für mich - ich will möglichst selbständig bleiben, so lange es geht. Und ich würde gerne noch was erleben - ich bin gerade mal 29, da ist das Leben noch nicht vorbei! Auf keinen Fall möchte ich Zuhause sitzen und auf den Tag X warten, von dem niemand weiß, wann er kommt.“

Finanzielle Sorgen

Neben den bangen Fragen, was ihr die Zukunft bringt, plagen Lisa Faßbender immer wieder auch finanzielle Sorgen: „Da es meine Erkrankung offiziell nicht gibt, ist nirgendwo festgeschrieben, welche Hilfen und Therapien mir zustehen und welche Kosten die Krankenkasse zu tragen hat“, bedauert sie. Immer wieder wehre sich ihre Krankenkasse, Kosten für Therapien, Hilfsmittel und Medikamente zu übernehmen - sogar um ihren Rollstuhl habe sie kämpfen müssen - das mache wirklich fassungslos. Der VDK sei jedoch sehr an ihrer Seite und unterstütze sie immer wieder im Kampf um Kostenübernahmen, „dafür bin ich sehr dankbar“, sagt die 29-jährige.

Da auch ihre Augen von dem Gendefekt betroffen und inzwischen stark blendempfindlich sind, bekam Lisa kürzlich eine spezielle „Kantenfilterbrille“ von ihrem Augenarzt verschrieben: Die 516 Euro dafür musste sie allerdings selbst tragen. „Die Begründung ist dann immer ganz einfach: Ich habe keine Erkrankung, die die Kostenerstattung vorsieht“, ein Trick der Krankenkasse, weil es Lisa`s Erkrankung offiziell nicht gibt. Inzwischen steht

fest, dass die junge Frau sehr von der Therapie mit dem „Exoskelett“ (einer mechanischen Konstruktion, die in der Therapie Querschnittsgelähmter erfolgreich eingesetzt wird) sehr profitieren würde. Doch auch hier zeigt sich die Krankenkasse nicht bereit, die Kosten - rund 100.000 Euro - zu tragen.

Bei der Kreisverwaltung Koblenz hat sich Lisa Faßbender immerhin schon vor einiger Zeit den Zuspruch einer Assistenzkraft erkämpft; ein Mensch, der ihr dabei hilft, sich ihre Selbstständigkeit zu bewahren: „Ich kann zwar keinen Topf mehr auf den Herd stellen - dafür reicht die Kraft nicht mehr - aber ich kann mir Rezepte aussuchen und weitestgehend zubereiten“, ist Lisa für das dankbar, was für die meisten Menschen nicht selbstverständlich ist.

Lisa sucht ein passendes Fahrzeug

Der große Traum der jungen Frau ist es, noch einmal mobiler zu werden „um meine alltäglichen Therapien, aber auch Einkäufe und Freizeitaktivitäten eigenständiger und unabhängiger gestalten zu können.“ Doch die rund 78.000 Euro für ein Fahrzeug, das auf Lisa`s Bedürfnisse angepasst wäre, machen die Umsetzung unrealistisch. „Wir schauen zwar auch nach gebrauchten Autos, aber da auch mein Rollstuhl Sondermaße hat, müsste es schon ein Fahrzeug vom Typ „Transporter“ sein – „wenn das Auto dann noch so umgebaut werden würde, dass ich es selber steuern könnte, würden nochmal rund 55.000 Euro hinzu kommen. Das ist für mich unbezahlbar.“

Benefizkonzerte zugunsten von Lisa

Unbezahlbar im positiven Sinne sind dagegen die Menschen, an Lisa`s Seite: Im vergangenen Jahr gaben Mitglieder der berühmte Musiker-Familie Reinhardt aus Koblenz im Arfter Gemeindehaus zwei Benefizkonzerte zu ihren Gunsten; zusammen mit der Versteigerung eines Renn-Overalls kamen 13.000 Euro zusammen, die Lisa`s Leben nicht nur etwas leichter machen, sondern ihr Freundschaft und Solidarität bekunden. Familie, Freunde und die gesamte Arfter Dorfgemeinschaft waren involviert und mit viel Herzblut bei der Sache. „Ich bin allen Mitwirkenden wahnsinnig dankbar“, sagt Lisa, „den Helfern, Unterstützern und Besuchern - und ganz besonders den Mitgliedern des Heimatvereins Arft - Netterhöfe, die das alles für mich organisiert und somit erst möglich gemacht haben - das war und ist absolut überwältigend. Ich bin glücklich und dankbar, von derart tollen Menschen umgeben zu sein“, strahlt die junge Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.

Lisa`s Kämpfernatur, aber auch die Eigenwilligkeit des Schicksals bewegten Musiker Django Reinhard bei seinen Besuchen in Arft sehr: „Für die meisten von uns lag am Jahresende der Fokus auf der Planung der Festtage: Was kochen wir - was kaufen wir ein? Was schenken wir den Kindern? Das waren die größten Sorgen! Wenn du dann aber mal überlegst, dass da auch so junge Menschen sind, die sich über die Frage Gedanken machen müssen: Wie kann ich weiterleben? Dann sage ich zu mir selbst: Komm mal runter! Wenn du was zu essen hast, ein Dach über dem Kopf und deine Kinder sind gesund - dann bist du ein glücklicher Mensch!“, so der Musiker. Von all den oberflächlichen Sorgen, die viele Menschen beschäftigen, habe er sich längst und bewusst distanziert: „Ich bin mittlerweile Opa und ich mache wirklich viel aber ich sehe klar die Priorität: Das Wichtigste ist, dass Kinder gesund und glücklich groß werden, dazu müssen sie nicht mit Dingen überhäuft werden“, - Maß halten, teilen und damit anderen helfen oder einfach eine Freude machen, mache auch den, der schenkt glücklich.

Django Reinhardt hofft, mit seinem Beispiel auch andere Menschen anzustecken: „Heute laufen viele Dinge schief“, gibt er im Bezug auf das Thema Menschlichkeit zu bedenken, „wir Menschen maßen uns an, zu bestimmen, wem die Erde gehört; wenige legen fest, wer wo leben soll, überall werden Grenzen errichtet. Dabei hat jeder Mensch das Recht auf ein würdiges, sicheres Leben.

Wir sind eine Menschheitsfamilie! Doch noch immer wird festgelegt: Der Fluss gehört mir, der Berg gehört dir - was für ein Quatsch! Jeder Mensch ist hier zu Gast und wir müssen füreinander da sein. Was im Moment auf der Erde los ist, finde ich ganz schlimm.“ Sich gegen alle Missstände aufzulehnen sei aber nicht der wirksame Weg: „Ich sage klar: Wir müssen das Gute vorleben, zusammenhalten und den Frieden attraktiv machen. Wir müssen die Menschen, die wir erreichen, begeistern.“ Menschen beizubringen, wie Menschlichkeit geht, sei derzeit die wichtigste Aufgabe überhaupt - aber auch die schönste, das hätte das tolle Publikum in der kleinen Eifelgemeinde Arft im vergangenen Jahr wieder einmal mehr gezeigt.

Lisa Faßbender (v.l.), Jörg Holzem vom Arfter Heimatverein (v.r.) und die berühmte Musiker-Familie Reinhardt (2. Reihe v.l. Sascha, Jermaine, Django und Marlon) freuten sich gleichermaßen über die gelungene Aktion. Foto: SOT

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