Kita Horressen wurde geschlossen

Schimmelpilz und Kleberdämpfe in der Kita

Schimmelpilz und Kleberdämpfe in der Kita

Auf der Straße vor der wegen schädlicher Emissionen geschlossenen Kindertagesstätte St. Johannes in Horressen diskutieren Bürger aufgebracht über die Missstände dort, die angeblich schon lange bekannt waren. KER

Montabaur-Horressen. Passanten auf der Straße vor dem wegen Schimmelbefall gesperrten Kindergarten in Horressen sagen: „Das Problem ist doch schon lange bekannt. Ein Wahnsinn, dass die den Kindergarten jetzt erst schließen!“ Ein älterer Herr, der mit seiner Enkeltochter dort spazieren geht, sagt: „Das war früher die Schule. Da war schon Schimmel im Keller, als ich dort als Kind hinging. Der Schimmel hat sich im Mauerwerk immer weiter nach oben gefressen. Eine Sanierung würde eine Million Euro kosten, ein Neubau drei Millionen, wird hier immer gesagt.“

Eigentümer des Gebäudes ist die Stadt Montabaur. Der Senior in Horressen betreut jetzt sein Enkelkind, das den Kindergarten nicht mehr besuchen kann. Einige Kinder konnten in die nahe Waldschule umquartiert werden, sagt eine Mitarbeiterin der Kita Horressen, die aber sonst keine weiteren Auskünfte geben will. Die Kita Waldschule sei total überfüllt, sagt der Rentner mit der Enkeltochter. Ein anderer Bürger fragt die Kita-Mitarbeiterin, ob der Kindergarten nächstes Jahr wieder geöffnet habe, da seine Tochter plane, nach Horressen umzuziehen. Auch dazu kann die Erzieherin, die sich am Donnerstag mit einigen anderen Personen in dem für Kinder gesperrten Gebäude aufhielt, nichts sagen. Man habe sie und ihre Kollegen nur kurzfristig am Dienstagmorgen informiert, dass der Kindergarten geschlossen werden müsse. Die Eltern waren am Mittwochmorgen per Rundmail informiert worden. Die Kindergartenleiterin sei momentan nicht erreichbar, heißt es in Horressen. Auskünfte gebe nur die Kindergartenkoordinatorin der Kirche, Katharina Klein. Die sagt auf Anfrage von „BLICK aktuell“: „Kommenden Montag setzen wir uns zusammen mit der Stadt, mit dem Baubiologen und dem Gesundheitsamt und gucken, was gemacht werden muss. Die Eltern sind auch eingeladen. Wir wissen im Moment nicht, ob es eine einzelne Stelle ist, die vom Schimmel befallen ist, oder mehrere. Man sieht das mit dem bloßen Auge nicht. Die Messwerte sind durch Bodenproben rausgekommen. Betroffen sind alle Räume, denn überall waren die Messwerte erhöht. Am Donnerstag und am Freitag sind die Kinder in Notgruppen in der Kita Waldschule untergebracht. Wir suchen im Moment eine Räumlichkeit, die geeignet ist als Ersatz für die Kita St. Johannes zu dienen. Die Eltern werden eventuell heute oder morgen informiert. Wir sind seit Mittwoch mit Hochdruck auf der Suche nach einem Ersatzstandort. Am Montag wird es definitiv eine Möglichkeit geben, die Kinder zu betreuen. Die Eltern werden zuerst informiert. Diese Ausweichmöglichkeit wird auf jeden Fall zentral gelegen und für die Eltern und die Kinder gut erreichbar sein.“ Die Kirche als Träger habe erst jetzt Handlungsbedarf gesehen, weil ein erstes Messergebnis eines Baubiologen unbedenklich gewesen sei, sagt Katharina Klein. Und fügt hinzu: „Die Not der Eltern können wir verstehen, dass ist natürlich ärgerlich.“

Mängel sind

schon länger bekannt

Der Montabaurer Stadtrat beschäftigt sich schon länger mit einigen baulichen Mängeln der Kita in Horressen, konnte sich aber bisher nicht zu einer Aktion entschließen. Lediglich ein baubiologisches Gutachten war in Auftrag gegeben worden. Dessen Ergebnisse waren alarmierend, nicht nur was den Schimmelbefall, sondern auch die Belastung mit schadstoffhaltiger Luft angeht, verursacht durch einen Fußbodenkleber. Vonseiten des Horresser Ortsbeirats heißt es, die Schimmelpilz-Problematik sei schon länger bekannt, die Verantwortlichen hätten die Warnungen aber ignoriert.

In einer am Mittwoch verbreiteten öffentlichen Mitteilung der Stadt Montabaur heißt es: „Die Kindertagesstätte St. Johannes im Montabaurer Stadtteil Horressen ist bis auf weiteres geschlossen. Es besteht der Verdacht, dass einige der Gruppenräume mit einem Schimmelpilz befallen sein könnten. Außerdem ist der Kleber, mit dem der Fußbodenbelag im Turnraum befestigt wurde, mit Schadstoffen belastet. Es ist unklar, ob diese Stoffe auch im Staub und der Raumluft zu finden sind. Um einer möglichen Gesundheitsgefährdung der Kinder vorzubeugen und detaillierte Untersuchungen durchführen zu können, ließ das Landesjugendamt auf Empfehlung des Kreisgesundheitsamtes die Einrichtung am gestrigen Dienstagabend vorläufig schließen. Die Eltern wurden per E-Mail über die Schließung informiert; die Kinder mussten am heutigen Mittwoch zu Hause bleiben. Träger der Einrichtung ist die katholischen Kirchengemeinde St. Peter in Ketten; Eigentümer des Gebäudes ist die Stadt Montabaur. Beide arbeiten mit Hochdruck daran, ab dem morgigen Donnerstag eine Notunterbringung der Kinder zu organisieren. Die Zukunft des Gebäudes und die Frage, wo die Kindertagesstätte auf Dauer untergebracht wird, stehen heute noch nicht auf der Agenda der Stadtbürgermeisterin: „Wichtig ist heute erstmal, dass wir eine Lösung für die nächsten Tage, Wochen und Monate finden, so dass die Kinder möglichst ab morgen wieder betreut werden können. Das Wohl der Kinder, der Familien und des Personals steht an oberster Stelle.“ Am Montag werden bei einem Elternabend Details mit dem Baubiologen erläutert.“ (Ende der Pressemitteilung der Stadt Montabaur)

Die Kita Horressen

Die dreigruppige Kindertagesstätte St. Johannes im Montabaurer Stadtteil Horressen gehört zum Verbund der katholischen Kindertagesstätten in Montabaur. 2011 wurde auf Initiative des Elternausschusses ein Förderverein gegründet. Die Kita bietet für 75 Kinder Platz, davon 18 Plätze für zwei- bis dreijährige Kinder und 47 Ganztagsplätze mit Mittagessen. Leiterin ist Edith Kirchem.

Die Kita St. Johannes liegt in Horressen verkehrsberuhigt in der Nähe der Kirche. Der Wald vor der Haustür lädt ein zu regelmäßigen Naturerfahrungen und Waldspaziergängen. Die Trägerschaft der katholischen Kita St. Johannes obliegt der Pfarrvikarie St. Johannes der Täufer Horressen und Elgendorf.

Auf der Internetseite der Kita St. Johannes in Horressen heißt es: „Geprägt ist die Arbeit von der Vorstellung eines christlichen Miteinanders und der Vermittlung von Gott, Christus und der katholischen Kirche. Neben der Betreuung von vielen katholischen und evangelischen Kindern, liegt ein besonderer Schwerpunkt bei der Wertschätzung von Pluralität und Interkulturalität, weshalb einige Kinder mit Migrationshintergrund und anderen religiösen Prägungen den Arbeitsalltag der Kita bereichern.“

Ein naturbelassenes Außengelände bietet den Kindern nicht nur unterschiedliche Spielgeräte, sondern auch viele Rückzugsmöglichkeiten und eine Pumpe mit Wasserlauf. Außerdem verfügt das Außengelände über zwei selbst angelegte Hochbeete, welche die Kinder in Zusammenarbeit mit ihren Eltern und dem Kindergartenteam angelegt haben und pflegen.

Zur Zeit findet eine Umgestaltung des Außengeländes statt, es soll auch einen abgegrenzten Raum für die U-3 Kinder geben. Den Kindern stehen innerhalb des Gebäudes normalerweise verschiedene Funktionsräume zur Verfügung: eine „Bewegungsbaustelle“, ein Rollenspielraum, ein Kreativraum, ein Werkraum, ein Konstruktionsraum. Die Nestgruppe verfügt auch noch über einen Schlafraum.

In der Kita St. Johannes sind 14 pädagogische Fachkräfte beschäftigt. In jeder Gruppe arbeiten zwei Erzieher mit unterschiedlicher Stundenzahl in Teilzeit. Neben der Büroarbeit und den anfallenden Leitungsaufgaben ist die Kita-Leitung im Gruppendienst mit eingebunden. Der gesetzlich vorgegebene Personalschlüssel wird nach eigenen Angaben erfüllt.

Der Kindergarten ist eine Bildungsstätte für Berufspraktikanten, Sozialassistenten in ihrem praktischen Jahr und Praktikanten im Freiwilligen Sozialen Jahr sowie Praktikanten von unterschiedlichen Schulformen. Für die Reinigung des Hauses ist eine Raumpflegerin zuständig. Die Instandhaltung des Außengeländes und kleinere Reparaturarbeiten übernimmt ein Hausmeister. Für die anfallenden Arbeiten beim Mittagessen werden zwei Hauswirtschafterinnen beschäftigt.

Die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises beantwortete in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt Fragen von „BLICK aktuell“ nach der Gefährlichkeit des Schimmelbefalls für die Kinder und Erzieher in dem Gebäude der Kita St. Johannes wie folgt:

1. Es handelt sich um einen aspergillus versicolor. Die gesundheitliche Gefährdung wird unterschiedlich eingestuft. Entscheidend ist immer die individuelle Konstitution. Die Spannbreite reicht von nicht gefährdend bis potentielle Gefährdung (Beispiel: der eine braucht nur ein Gänseblümchen um allergisch zu reagieren, der andere braucht eine ganze Sommerwiese)

2. Schimmelpilze sind nachweislich im Keller und in der Schmetterlingsgruppe stark nachweisbar. Am Speicher in leicht auffälliger Konzentration. Die flüchtigen organischen Verbindungen (MVOC), die von Schimmelpilzen erzeugt werden können, sind in allen Räumen nachweisbar. Sie können ein Nachweis von nicht sichtbaren Schimmelbefall sein.

3. Wie lange ein Schimmelbefall braucht, um nachweislich zu werden, d.h. um zu wachsen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese sind die Raumfeuchte, die ihm zur Verfügung stehende „Nahrung“ – hier reicht Hausstaub aus, die allgemeine Bauphysik und noch weitere Faktoren. Die Frage, wie lange der Schimmel dort schon existent ist, kann daher nicht beantwortet werden.

4. Schimmel stellt bekannter Weise ein erhöhtes Risiko vielfältiger Atemwegserkrankungen dar, z.B. ein Asthma bronchiale. Das Umweltbundesamt bescheinigt „Kindern insgesamt eine nachteilige gesundheitliche Entwicklung“. MVOC können unspezifische Symptome hervorrufen, wie Kopfschmerzen und Schleimhautreizungen.

5. Aufgetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen von Kindern sind uns nicht bekannt.