Allgemeine Berichte | 07.01.2022

Das Heimatmuseum Sinzig stellt dank der Funde zweier Bürger seine Römerabteilung größer auf

Terra Sigillata-Sammlung zehnfach aufgewertet

Freude über mehr Terra Sigillata: Agnes Menacher (v. r.), Manfred Gappe, Gabriel Heeren und Friedhelm Brandau.Fotos: HG

Sinzig. Einige Stücke sind glatt, andere reizen das Auge durch ihre Reliefdekore und -figuren. Da sind Perl- und Eierstäbe, Blätter und Blüten, ebenso Tiere, Menschen und Götter. Hat man erst einmal einen Blick auf die antike Keramik geworfen, lässt sie einen so schnell nicht wieder los. Einige rot glänzende Scherben plus jener sieben Objekte, die das LVR-Landesmuseum Bonn 2012 als Leihgabe übergab - mehr hatte das Heimatmuseum Sinzig von der ortsansässigen Manufaktur aus römischer Zeit nicht vorzuweisen.

Als das Provinzialmuseums Bonn bereits 1912/1913 eine Grabung in der Stadt tätigte, ging Sinzig leer aus. Die Funde verblieben teils in Bonn und der Großteil gelangte ins Remagener Heimatmuseum, von wo etliche Stücke an Museen des In- und Auslandes gingen.

Umso bedeutender ist es, dass die von Friedhelm Brandau und Manfred Gappe von 1970 bis 2020 aufgelesenen Exemplare, Scherben und fast vollständige Geschirrteile, zudem Brennhilfen als Dauerleihgabe ins Heimatmuseum kommen. Sie werten die Sinziger Museumssammlung enorm auf. Museumsleiterin Agnes Menacher plant, eine ganze Abteilung umzukrempeln. Archäologe Gabriel Heeren, beschäftigt bei der Landesarchäologie Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), begleitet sie dabei ehrenamtlich mit fachlichem Rat und Expertise.

Handwerker aus Trier töpfern in Sinzig

Um 120 bis 140 nach Christus wurde das hochwertige römische Tongeschirr, genannt Terra Sigillata, „gestempelte Erde“, am Sinziger Rheinufer neben der heutigen Panzerstraße in der Flur Am Pannenschläger produziert. Dafür nutzte man den Rotton hinter der Remagener Apollinariskirche und im Gappental bei Schloss Ahrenthal in Sinzig. Von Trier kommend fertigten zwei Gruppen die reliefverzierten zuweilen mit Töpfernamen versehenen Bilderschüsseln und Formschüsseln, Teller, Becher und Schalen.

Vorher, von 40 bis 69 nach Christus, existierte dort schon eine Truppenziegelei der in Xanten stationierten V. römischen Legion. Sie stellte, mit eingestempeltem V als Qualitätssiegel, Ziegelsteine und Dachziegel her, von denen Brandau und Gappe ebenfalls Funde in Fülle vorweisen.

Die beiden Sinziger leitete dieselbe Motivation, immer wieder den Acker abzusuchen. Brandau erinnert sich Ende der 1960er an „so viele Leute auf dem Feld“. Alle steckten etwas ein und trugen es fort. „Ich habe die Dinge nachher teilweise auf dem Trödelmarkt gesehen, das hat mich geärgert.“ Außerdem beobachtete er, dass der Aushub von Baggerarbeiten an der Panzerstraße in die Kiesgruben ging. Auch Gappe sah das Vorhandene für Sinzig schwinden. Ehe es sich zusammenhangslos in alle Himmelsrichtungen zerstreute, „sollte es für Sinzig gesichert werden“.

Geschichte anschaulich machen

Nicht für sich sammelten sie, sondern damit die Stücke verfügbar bleiben, um Geschichte zu vermitteln. „Gappe hat mir die erste Scherbe in die Hand gedrückt“, so Brandau über die Anfänge einer jahrzehntelangen Leidenschaft. Aus Sorge Begehrlichkeiten an falscher Stelle zu wecken, sprachen beide mit kaum jemanden darüber: „Wir wollten erst ganz sicher sein, dass die Sammlung in geordneten Bahnen übermittelt und auch in Sinzig oder in der Nähe gezeigt werden kann“.

Jedoch knüpften sie Kontakt zu Bernd Liesen, Leiter der Grabungsauswertung im LVR-Archäologischer Park Xanten. Der Archäologe publizierte über ihre Funde und aktualisierte den Forschungsstand, nachdem zuletzt Charlotte Fischer 1969 über „Die Terra-Sigillata-Manufaktur von Sinzig am Rhein“ geschrieben hatte. Auch Liesen erklärt sich bereit in Sinzig zu beraten.

Die beiden Finder waren von der Materie gefesselt. Brandau baute sogar einen Ofen, in dem sie Ware nachbrannten. Allerdings: „Für einen Treffer gingen 20 Töpfe hops“, kommentiert Gappe. In der Liebenstein-Gesellschaft fanden sie für ihre große Schenkung die geeignete Institution. Sie kooperiert etwa mit städtischen und Landeskultureinrichtungen, wie der GDKE.

Direktor Axel von Berg, stellvertretender GDKE-Direktor, bot die Sammlung dem Sinziger Museum als Leihgabe an. Er attestierte „zahlreiche bislang unbekannte komplett erhaltene Gefäße, Gefäßfragmente sowie Materialien zur Keramikherstellung“. Damit lasse sich der antike Produktionsprozess der fein ausgearbeiteten Keramik anschaulich illustrieren. „Die besondere Qualität der Funde muss den Vergleich mit den Sammlungen in Bonn und Rheinzabern kaum scheuen“, urteilt von Berg. Gabriel Heeren sieht die Bedeutung des Museumsbestandes durch den Zugang „verzehnfacht“. Die ostgallische Produktionsstätte im damaligen Niedergermanien habe zwar nur kurz existiert, aber weit ausgestrahlt: Geliefert wurde in die Eifel, ins gesamte Rheinland und bis nach England.

Neue Vitrinen

Auf den Ausbau der Abteilung, die aussagekräftiger werden soll als vorher, freut sich Agnes Menacher. Zusätzliche Vitrinen für die Keramik-Zugänge sind schon bestellt. Kosten: rund 17.000 Euro. Der Vorsitzende des Denkmalfördervereins, Hardy Rehmann, beantragte erfolgreich Fördergelder: Rund 13.000 Euro trägt der Deutsche Verband für Archäologie im Rahmen des Soforthilfeprogrammes, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

2000 Euro übernimmt die Stadt Sinzig (Träger). 6100 Euro spenden Achim Habbel, Kreissparkasse Ahrweiler, Volksbank AhrRheinEifel, Friedhelm Brandau, Gerd Martin Forneck, Liebenstein-Gesellschaft, Hildegard Krall, Gunter Windheuser, Fritz Ockenfels, Ursula Balß und Frank Michels. Das Geld fließt nicht allein in die Vitrinen, sondern darüber hinaus in die Umstrukturierung und Erweiterung des Ausstellungsbereichs. Dafür werde weitere Spenden benötigt.

Markenzeichen Pferdchen?

Schon jetzt ist gewiss, dass ein spezielles Objekt unter den Funden Brandaus die Sympathien auf sich ziehen wird. Bei einer Begehung stieß er auf einen besonderen „Stein“. Gesäubert kam ein springvergnügtes Pferdchen hervor. Laut Heeren ist es die Herstellungsform für einen Punzenstempel, der einen Negativabdruck in der Formschüssel hinterlässt, um als erhabene Darstellung auf der Bilderschüssel zu erscheinen: „So etwas ist sehr selten“. Außerdem äußerst hübsch, ein Ausbund an Lebendigkeit.

Das Pferdchen bietet sich geradezu als Signet der neuen Abteilung an. Mehr noch, um das Original zu schonen, ließe sich womöglich eine Replik für die weitere Vervielfältigung herstellen. Die Besucher könnten das Relief eines springenden Pferdchens mit kurzer Mähne und wehendem Schweif als Souvenir mit nach Hause nehmen. Ein Zugpferd sondergleichen. HG

Glücksfall: Die Form eines Punzenstempels in der Hand ihres Finders Friedhelm Brandau.

Glücksfall: Die Form eines Punzenstempels in der Hand ihres Finders Friedhelm Brandau.

In solche Formschüsseln wurde der Rohling des Gefäßes eingesetzt.

In solche Formschüsseln wurde der Rohling des Gefäßes eingesetzt.

Freude über mehr Terra Sigillata: Agnes Menacher (v. r.), Manfred Gappe, Gabriel Heeren und Friedhelm Brandau.Fotos: HG

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