Theatergruppe Westum taucht in die Gastroszene ein
Westum. Im bunten Investoren-Traum ist es ein Gourmet-Tempel am Hellenbach. Doch weiter von der Sterneküche entfernt könnte der Gastrobetrieb von Wirtin Erna Wutschke kaum sein. Denn ihre Eckkneipe „Zum warmen Würstchen“ ist zwar gemütlich verraucht, doch ansonsten regiert weitgehend die Tristesse.
Seit Jahren begeistert die Laienspieltruppe aus Westum mit pointierten Komödien, die lokale Farbe mit universellem Unterhaltungswert verbinden. Bereits wenige Minuten nach Eröffnung des Vorverkaufs waren die ersten Vorstellungen ausverkauft, kurz darauf folgte der Rest. Theaterkarten – das ist in Westum trotz der vielen Aufführungen und des erweiterten Platzangebotes im großen Saal des Gasthauses Herges – eine ganz harte Währung. „All das zeigt uns, dass das Publikum Lust auf lebendiges Theater hat und auf Geschichten, die nah am Leben liegen“, zog Wolfgang Staus, erster Vorsitzender des Ensembles, eine erste Bilanz.
„Kneipe Royal“ heißt das Lustspiel von Winnie Abel, das in drei Akten keinen Lacher auslässt. Und natürlich sorgen die Theaterleute selbst dafür, dass es von kleinen Anspielungen nur so wimmelt. So wird etwa jemand im „Ännchen“ gefeuert, weil er es gewagt hat, zwei Stück Kuchen auf einmal an denselben Gast auszuliefern. Und natürlich bekommen auch die Löhndorfer, der gut gelittene Nachbarort, ihr wenig kulinarisch schmeckendes Fett weg.
Besonders freut sich die Theatergruppe darüber, dass das Konzept der Vorpremiere großen Anklang findet. Dieses feierte erst im vergangenen Jahr seine Premiere: Mit verkürzten Pausen und einer entspannten Atmosphäre richtet sich diese besondere Vorstellung am Freitagnachmittag vor allem an Menschen, die sich bei einer regulären Aufführung möglicherweise überfordert fühlen würden. Mit rund 90 Besucherinnen und Besuchern zählte die Lebenshilfe einmal mehr zu den Stammgästen. „Inklusion ist kein Schlagwort für uns, sondern gelebte Praxis“, betonte Wolfgang Staus zu diesem neuen Konzept.
Doch zurück „Zum warmen Würstchen“, wo die abgebrannte Mikrowelle das Wort warm kaum noch rechtfertigt. Dort sind nicht nur Küche und Einrichtung samt Wirtin, sondern auch das Stammpersonal im Alltagsbetrieb meilenweit von der Topgastronomie entfernt. Da ist Heini (Jörg Schmerer), der einfach immer da ist, und Uwe (Wolfgang Staus), der seinen Deckel partout nicht bezahlen will. Sandy und Mandy (Elisa Arzdorf und Caroline Sommersberg) jammern über die Männer, die sie selbst ganz schön auf Trab halten. Und da ist schließlich noch Ernas Verehrer, gespielt von Dirk Hansen, dessen unbeholfene Romantik schon für einige Lacher sorgt.
Die eigentliche Zeit für das ganz große Chaos beginnt jedoch mit der Ankündigung von Ernas Cousin und Geldgeber Harry (Daniel Kohzer) und dessen Mutter Heike (Irmgard Kohzer), die von den Bahamas anreisen. Sie haben sich zu einer kleinen Inspektion angekündigt, die sie als freundlichen Besuch tarnen. Aus der verrauchten Eckkneipe muss nun in kürzester Zeit ein Szenelokal mit feinster Küche werden – und die ersten Maßnahmen folgen prompt. Der Bürgermeister (Andreas Braun) und seine Gattin (Gaby Bockshecker in einer Paraderolle) mischen kräftig mit – nicht immer zum Vorteil von Erna. Und da ist auch noch der direkte Konkurrent Wolfi (Norman Esch), der jede Gelegenheit nutzt, um der Konkurrenz eins auszuwischen. Ein renommierter Restauranttester (Dirk Heimann) und ein Sternekoch (Roland Janik) machen das Tohuwabohu komplett – das Chaos der Verwechslungen nimmt seinen Lauf, und das Publikum bekommt die Lachmuskeln kaum noch unter Kontrolle.
Weitere Informationen zur Theatergruppe Westum gibt es unter www.theatergruppe-westum.de. Dort besteht auch eine kleine Chance auf Restkarten, indem man sich auf die Warteliste setzen lässt – allerdings nur, falls am zweiten Aufführungswochenende noch überraschend Plätze frei werden. Und das ist in Westum eher unwahrscheinlich. Denn wie gesagt: Theaterkarten in Westum – das sind im „Murreland“ eine ganz harte Währung. Die Komödie der Laienspieler ist im wahrsten Sinne des Wortes eine großartige Lachnummer. BL
