In der Reihe „Tierisch herzlich“ stellt BLICK aktuell die Arbeit engagierter Tierschützer vor
Wir brauchen mehr Pflegestellen
Allein 20.000 Euro werden jedes Jahr für Tierarztkosten aufgewendet

Region. Nicht nur Wildtiere, auch Haustiere vermehren sich gerne im Frühjahr. Leider passiert es immer wieder, dass die Jungtiere kein Zuhause haben und auf die Hilfe von Tierschützern angewiesen sind. Zahlreiche Initiativen wie Tierschutzvereine oder Tierheime kümmern sich in unserer Region um das Wohlergehen der Kleinen. In der Reihe „Tierisch herzlich“ stellt BLICK aktuell diese Initiativen vor. Diese Woche: Andrea Brezina, Erste Vorsitzende der Katzenschutzfreunde Rein-Ahr-Eifel e. V.
1. Was ist Ihre Aufgabe im Bereich des Tierschutzes?
Wir sehen uns als Ergänzung des örtlichen Tierheims was Katzenschutz in Koblenz und Umgebung angeht. Wir lieben einfach Katzen, beschäftigen uns schon lange intensiv mit ihnen, bilden uns fort und sind daher Spezialisten. Unser Alleinstellungsmerkmal: wir arbeiten auch im Freien in den Stadtteilen. Wir betreuen Futterstellen z.B. in Industriegebieten, Kleingartenanlagen, und bei Bauernhöfen, wo sich freilebende Katzen natürlicherweise einfinden und sorgen dort nicht nur für Futter, sondern auch für tiermedizinische Behandlung verletzter und kranker Tiere sowie für Kätzinnen und Welpen, die Hilfe brauchen.
Diese Tiere fangen wir nach Möglichkeit ein und nehmen sie in Obhut unserer Pflegestellen. Wenn sie (noch) nicht komplett verwildert und menschenscheu sind, werden sie aufgezogen, gesundgepflegt und vermittelt. Die von uns verwendeten Tierschutzfallen tun den Tieren kein Leid an, wie viele meinen – im Gegenteil! Es steht hinten leckeres Futter darin, beim Fressen betätigen die Katzen einen Taster und dabei geht ganz vorne eine Klappe zu. Danach werden Fallen samt Katzen zeitnah von uns abgeholt und sofort in eine Tierarztpraxis gebracht.
Dazu setzen wir einen weiteren Schwerpunkt auf praxisnahe Information und Beratung über gute und zeitgemäße Katzenhaltung. Liebhaben allein reicht dafür leider nicht! Beim Katzenwissen hapert es nämlich noch, während Hundewissen längst Allgemeingut ist und die Hundehaltung von Kommune und Veterinäramt überwacht wird. Dabei sind Katzen nicht wirklich pflegeleichte und unkomplizierte Haustiere, das ist leider längst überholt.
2. Wie groß ist Ihr Team ? Haben alle HelferInnen feste Aufgaben, oder tut einfach jeder das, was gerade anfällt?
Wir sind ein engagierter und aktiver, aber vergleichsweise kleiner Verein mit aktuell ca. 200 Mitgliedern. Davon sind ca. 20 - 30 „Aktive“, die anderen helfen durch ihre regelmäßigen Mitgliedsbeiträge, Geld- und Sachspenden. Jede(r) macht das, was er/sie am besten kann und am liebsten tut. Sportliche Mitglieder z.B. führen bei Wind und Wetter frühmorgens und spätabends im Freien Fangaktionen durch oder betreuen Futterstellen, RentnerInnen die viel zuhause sind stellen uns oft unverzichtbare Pflegestellen für unsere Katzen zur Verfügung.
3. Womit verbringt das Team die meiste Zeit?
Natürlich mit dem „Kümmern“ um unsere Schützlinge. Wir werten gerade die Tierarztrechnungen unseres Vereins aus den letzten Jahren aus. Unser Verein gibt wegen der Not der Tiere jährlich ca. 20.000 Euro für tierärztliche Behandlung und Medikamente aus. Da wir kein Tier wegen Alter und/oder Krankheit abweisen (lediglich wenn unsere Kapazitäten erschöpft sind) und vor allem die Fundtiere fast durchgängig verwahrlost und krank sind, fahren Vereinsmitglieder insgesamt ca. 250 mal im Jahr mit Katzen in die Tierarztpraxis. Danach kommt die häusliche Pflege, die für oft Wochen bis Monate einen täglichen Einsatz. Die allermeisten können wir rehabilitieren, allerdings steigen unsere Zahlen an Euthanasien (Einschläfern beim Tierarzt) wegen wirklich schlimmer, z.B. unheilbarer Infektions- und Krebserkrankungen trotz aller Mühen erschreckend an, von 2015 (3 %) bis 2019 auf über das Dreifache. Hier sind Politiker und Veterinärämter gefordert, die Tierschutzgesetze machen (z.B. Qualzuchten endlich verbieten!) und deren Einhaltung auch durchsetzen müssen
5.Haben Sie auch UnterstützerInnen, die sich regelmäßig einbringen, aber nicht zum festen Team gehören?
Die gemeinnützige Stiftung Else Schütz unterstützt unser Anliegen, bald in Koblenz eine Katzenschutzverordnung einzuführen. Auch die niedergelassenen Kleintierärzte in Koblenz und der unmittelbaren Nachbarschaft setzen sich immer wieder engagiert für unsere Schützlinge ein, helfen uns Helfern mit Rat und Tat und sprechen sich fast einhellig für eine Katzenschutzverordnung aus. Unsere Vereinszeitschrift „Schängelkatze“ können wir zum Glück allein durch Anzeigen freundlicher Menschen finanzieren.
Auch BürgerInnen, die in ihrem Hof oder Garten private Futterstellen für Streunerkatzen betreiben und uns benachrichtigen, wenn eine Katze gefangen und versorgt werden muss, sind wir und unsere Schützlinge zu großem Dank verpflichtet.
4.Die finanzielle Ausstattung vieler Initiativen zum Tierschutz reicht nicht aus, um alle Aufgaben zu erfüllen. Wie sieht es bei Ihnen aus? Wo fehlt das Geld?
Die Gelder, die unser Verein aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden einnimmt, sind für unsere Schützlinge da, da sind wir ganz streng. Dafür reicht es so gerade, zumal wir ja nur so viele Katzen in Not aufnehmen können wie wir Aktive haben, die für sie sorgen können. Für andere, auch sehr wichtige Aufgaben eines Tierschutzvereins fehlt das Geld. Unsere Vereinszeitschrift Schängelkatze, die viel fachliche und sachliche Aufklärung über Katzenhaltung, Katzenpflege, Katzenkrankheiten bietet und die in einer Auflage von ca. 500 Heften einmal jährlich kostenlos verteilt wird, könnten wir attraktiver und noch informativer für unsere Zielgruppe gestalten wenn wir uns professionelle Hilfe „zukaufen“ könnten z. B. für eine Grafikerin. Hier haben wir schon Angebote vorliegen, auch für einen tollen Informationsflyer für KatzenhalterInnen zur Katzenschutzverordnung - konnten dies aus finanziellen Gründen bislang aber nicht umsetzen. Wir bezahlen Bürokosten und Fahrtkosten unserer ehrenamtlichen Arbeit sehr oft aus eigener Tasche. Das kann sich nicht jede(r) leisten, deswegen würden wir es gerne ändern. Und unsere Infostände besser ausstatten, denn unser Verein und seine Anliegen sind immer noch zu wenig bekannt!
5.Jetzt im Frühjahr werden wieder viele Tierbabies zur Welt kommen, die unter anderem dank Ihnen bald ein neues Zuhause finden. Diese Tiere werden gegen eine sogenannte Schutzgebühr vermittelt. Was hat es damit auf sich und warum ist diese Gebühr wichtig?
Alle Katzen, alt oder jung, die durch unsere liebevollen Hände gegangen sind und die wir weitervermitteln, haben einen Namen, eine Geschichte, eine Persönlichkeit und eine Würde. Das wollen wir mit der Vermittlungsgebühr klarmachen. Eine Katze ist kein lebendiges Spielzeug für Kinder und Erwachsene, kein Einrichtungsgegenstand den man nur herausholt, wenn man gerade Zeit hat. Wir prüfen unsere Interessenten im Gespräch sehr sorgfältig und besuchen nach einiger Zeit das neue Mensch-Katze-Gespann, denn das neue Zuhause muss in erster Linie auf die Bedürfnisse der Katze passen und nicht umgekehrt - sonst geht es schief, und all unsere Fürsorge für die Tiere war umsonst. In 98% passt es dann auch und alle werden glücklich, ansonsten würden wir es wieder rückgängig machen. Bei Jungtieren hinterlegen die Neu-BesitzerInnen eine Kaution, die sie voll erstattet bekommen wenn sie zu gegebener Zeit einen tierärztlichen Nachweis der erfolgten Kastration schicken. Und unsere Vermittlungsgebühr ist nur halb so hoch wie die durchschnittlichen Tierarztkosten, die unsere Schützlinge verursachen damit sie aufgepäppelt, gechippt, geimpft, entwurmt und (bei älteren Tieren) schon kastriert in ihr neues Zuhause einziehen können.
6. Woher stammen die meisten Tierbabies, die Sie vermitteln?
Nur in ganz wenigen Fällen bekommen wir Tierbabies als Abgabetiere. Fast alle unsere Jungkatzen (jährlich etwa 50) sind dagegen im Freien geboren und von uns eingefangen worden, oder die Katzenmutter ging uns mit Glück trächtig in die Falle und konnte bei uns werfen. Das rettet Katzenbabies das Leben, denn die Hälfte der draußen geborenen Katzenwelpen kommt zu Tode. Im Idealfall fangen wir Mutter und Saugwelpen zusammen ein und nehmen sie auf eine Pflegestelle auf. Nur Katzenwelpen bis sieben oder acht Wochen kann man noch zähmen und mit viel Zuwendung auf ein Zusammenleben mit Menschen prägen. Später gefangen bleiben sie wild, und diese Tiere müssen wir oft wieder aussetzen. Das ist tragisch, weil „draußen“ die Lebenserwartung für Hauskatzen nur 2-4 Jahre beträgt (Katzen, die bei Menschen leben: 15 Jahre!).
7. Bevor die Tiere in ihr neues Zuhause einziehen, gibt es Einiges zu tun. Wie bereiten Sie die Tiere und ihre neuen Besitzer darauf vor?
Interessenten rufen die Nummer unseres Vereins an oder schicken unserem Verein eine E-Mail. In vielen ausführlichen Gesprächen checken wir gemeinsam mit den Interessenten, ob Mensch und Katze. Zum Beispiel würde eine Familie mit lebhaften, kleineren Kindern mit einer ängstlichen und empfindsamen Katze, die schon schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, nicht glücklich werden - umgekehrt würde diese Katze durch den Stress irgendwann erkranken und Verhaltensstörungen entwickeln. Ein älteres Tier, das gute Erfahrungen mit Menschen hatte, das Zusammenleben bereits erlernt hat, freundlich und gelassen ist, wäre da eher geeignet. Berufstätige müssen gut aufpassen, dass es nicht zur Vereinsamung und Vernachlässigung der Katze kommt – was einem selbst bei einem aktiven Leben oft gar nicht auffällt! Hier ist beispielsweise ein Katzenpärchen, das sich gut verträgt, ideal. Und für SeniorenInnen, die zu zweit oder allein in einer Wohnung leben, gibt es bei uns die Katzensenioren, die es gern ruhig, warm und gemütlich mögen und zufrieden sind, vertrauten Menschen Gesellschaft zu leisten.
8. Nicht alle Tiere finden zeitnah ein neues Zuhause. Welche Tiere sind derzeit besonders beliebt und welche bleiben auch einmal länger als einige Wochen bei Ihnen?
Wir haben immer – und zur Zeit besonders - viele Nachfragen nach süßen, flauschigen Katzenbabies. Dabei machen Jungtiere unter 6 Monaten nur ca. ein Drittel bis ein Viertel unserer Aufnahmen aus. Oft sind es die Kinder der Familien, die solche Wesen als Spielzeug sehen (Internetvideos zeigen eben nicht die Realität!) und mit „Haben wollen!“ ihre Eltern plagen. Gerade die kleinen Katzen unter einem Jahr sind aber nichts für Anfänger, sie fordern viel Zeit, haben „Kinderkrankheiten“ und Flausen, bringen sich oft in Gefahr und müssen erst lernen, Regeln zu beachten (ganz sanft und ohne Gewalt!). Es ist ganz normal und natürlich, dass Kinder unter 12 Jahren noch nicht die Erfahrung und Einsicht wie Erwachsene besitzen und beim Umgang mit Haustieren von Erwachsenen angeleitet und beaufsichtigt werden müssen.
Wir behalten unsere Schützlinge, ob Babies oder erwachsen, gerne länger auf den Pflegestellen, bis sich ein individuell wirklich passendes Zuhause findet. Manche Katzen sind auch unvermittelbar, das sind die sehr alten, chronisch kranken, behinderten und/oder nach Vernachlässigung und Misshandlungen schwer Verhaltensgestörten. In diesen Fällen haben wir Gnadenbrotplätze – das heißt Vereinsmitglieder pflegen diese Tiere bei sich zuhause liebevoll und sachkundig bis zum Abschiednehmen. Wir tun das gerne, denn gerade diese armen Wesen sind überaus dankbar für unsere Fürsorge. Der Nachteil ist natürlich, dass wir nicht unbegrenzt viele Pflegeplätze haben und diese solange für Neuzugänge blockiert bleiben.
Aus diesen Gründen sind wir auch immer auf der Suche nach weiteren Pflegestellen!
9. Abschließend möchte ich Sie einladen, einen Wunsch an unsere Leserschaft zu äußern. Was wünschen Sie sich von den Menschen?
Bitte macht uns unsere Arbeit, die wir freiwillig und unentgeltlich in unserer Freizeit verrichten, nicht schwerer als nötig. Wir helfen gern, aber nur wenn es uns auch möglich ist, z.B. wenn wir überhaupt passende Pflegeplätze frei haben. Wir nehmen zwar freiwillig öffentliche Aufgaben wahr, im Unterschied zum Tierheim erhalten wir dafür aber keinerlei finanzielle Entschädigung von der Kommune und sind daher auch nicht zur sofortigen, vielleicht sogar nächtlichen Aufnahme jeder Katze verpflichtet. Macht uns auch bitte keine Vorwürfe, wenn wir Euch nicht sofort und kostenlos Eure Wunschkatze liefern – und das eventuell noch mit Garantie! Wir sind kein Handelsunternehmen wie der Media Markt, eine Katze ist kein technisches Gerät. Es kann auch vorkommen, dass die Tiere, die wir vermitteln, ein verborgenes gesundheitliches Problem haben, das wir und unsere Tierärzte trotz aller Sorgfalt nicht feststellen konnten.
Vor allem brauchen wir mehr Pflegestellen!
Dabei lassen wir Erfahrenen niemanden allein, helfen und beraten. Man kann für 36 Euro im Jahr Vereinsmitglied werden und sich als Pflegestelle, vorübergehend oder auf Dauer, melden. Unser Verein trägt dann für das Pflegetier bis zur Vermittlung oder auch lebenslang die Kosten von Futter und Tierarzt.
Auch Nicht-Mitglieder können uns sehr helfen. Seien es aufmerksame und tierliebe AnwohnerInnen, die uns herrenlos herumstreunende Katzen melden – vor allem wenn diese Hilfe brauchen. Seien es Menschen mit einem großen Gartengrundstück, die gern eine Futterstelle für Streuner einrichten und betreuen möchten – mit unserer Unterstützung.
Wegen Corona sind unsere Lager für Sachspenden zurzeit leider voll. Aber finanzielle Zuwendungen helfen uns z.B., für sehr kranke Tiere besonders hohe Tierarztkosten zu begleichen (in Einzelfällen schon einmal 2.500 Euro pro Tier und Jahr!) und teure Medikamente und Diätfutter zu kaufen.
Wir freuen uns über jede/n neue/n Unterstützer/in.

Alter Streunerkater, verlor auf der Straße ein Auge und wurde von Tierquäler mit Luftgewehr angeschossen. Auf einem Gnadenbrotplatz bei liebevollen Vereinsmitgliedern genießt er seinen Lebensabend - denn er hatte früher mal ein Zuhause und ist anhänglich und zahm.

Abgabekatze aus ungünstigen Haltungsbedingungen, dadurch chronisch krank und verhaltensgestört. Nach erfolgreicher ReHa auf unserer Pflegestelle darf sie jetzt für immer bleiben!

Futterstelle des Vereins mit Schutzhäuschen für heimatlose Katzen und einer Tierschutzfalle.Fotos: Koblenzer Katzenhilfe