Autor Frank Bresching berührt bei seiner Lesung im Theater Lahnstein
Zwischen Bergen, Erinnerungen und neuen Wegen
Lahnstein. Es war eine dieser Veranstaltungen, bei denen man schon beim Betreten des Raumes spürt, dass ein besonderer Abend bevorsteht. Die Stadtbücherei Lahnstein hatte zur Lesung eingeladen und als Veranstaltungsort das stimmungsvolle Theater Lahnstein gewählt. Auf der Bühne war eine kleine, gemütliche Leseecke aufgebaut – ein Sessel auf geblümten Teppich, gedämpftes Stehlampenlicht und eine Pflanze auf dem Beistelltisch. Die Atmosphäre wirkte bewusst heimelig, einladend, beinahe so, als hätte man die Tür zu einem privaten Wohnzimmer geöffnet.
„Jeder, der hier reinkommt, trägt seine Geschichten – und darum geht es auch heute. Heute stelle ich meine Geschichte vor“, begrüßte Frank Bresching sein Publikum. Damit eröffnete er die Lesung zu seinem neuen Roman „Das verlorene Band“, einem fein gewebten Erzählwerk über Identität, Verlust und die heilende wie herausfordernde Kraft menschlicher Verbindungen.
Bresching nahm sein Publikum zunächst mit zu ersten Begegnungen mit den beiden Protagonistinnen: der zwanzigjährigen Mila, die nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter mit einer erschütternden Wahrheit lebt, und Almut, der rauen Milchbäuerin mit unverkennbar weichem Kern.
In abwechselnden Abschnitten las der Autor Passagen und erzählte Hintergründe zu Figuren und Orten. So lernten die Zuhörer nicht nur Milas Suche nach Antworten kennen, die sie in ein abgelegenes Bergdorf führt, sondern auch Almut, deren Leben vom Rhythmus der Natur geprägt ist und die die junge Fremde zunächst zögerlich in ihrem Bauernhof aufnimmt. Breschings Stimme verlieh dem Roman die Ruhe und Wärme, die auch den Sommer auf Almuts Hof durchdringen – jenen Sommer, in dem die beiden Frauen langsam Vertrauen entwickeln und alte Wunden aufbrechen. Die Zuhörer verfolgten aufmerksam die emotionalen Nuancen, den feinen Humor und die stille Kraft des Textes.
Nach einer weiteren Passage aus dem Mittelteil des Romans öffnete Frank Bresching den Abend für Fragen. Eine Zuhörerin wollte wissen, ob es einen besonderen Impuls für die Geschichte gab. Bresching lächelte und erklärte: „Den gibt es immer – etwas, das ich im Alltag sehe, höre, fühle. Für dieses Buch war es die Frage ‚Wer bin ich – und wie bin ich der geworden, der ich heute bin?‘ von besonderer Bedeutung.“ Weitere Fragen betrafen den Titel, die Arbeitsweise und die Schreibdauer. Die Antwort auf Letzteres brachte manche zum Staunen: Rund eineinhalb Jahre habe er an „Das verlorene Band“ gearbeitet. Ob er beim Schreiben bereits das Ende kenne? Bresching gab zu, dass das Ende bereits zu Anfang im Kopf habe, der Mittelteil jedoch erst im Prozess entstehe – „so wie sich Menschen auch erst im Kennenlernen entfalten“.
Zum Schluss hatten die Besucher die Möglichkeit, ihr frisch erworbenes oder mitgebrachtes Exemplar signieren zu lassen. Viele nutzten die Gelegenheit auch für ein kurzes persönliches Gespräch. Die Lesung klang so in einer beinahe familiären Atmosphäre aus. „Das verlorene Band“ erwies sich an diesem Abend nicht nur als Roman über die Überwindung tiefer Brüche, sondern auch als Erzählung, die im Gespräch weiterwirkt – viele Besucher verließen das Theater sichtlich bewegt.
Pressemitteilung Stadt Lahnstein
