Gedenkveranstaltung in Meckenheim an die Pogromnacht 1938
„Und deshalb sind wir hier – heute, wie in jedem Jahr“
Kranzniederlegung am Gedenkstein in der Prof. Scheeben Straße

Meckenheim. Seit vielen Jahren gedenken die Meckenheimer Bürgerinnen und Bürger ihrer jüdischen Mitbürger, die dem Nazi-Regime zum Opfer fielen. Die Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 ist keineswegs der Anfang der Gräueltaten durch die Nationalsozialisten. Schon kurz nach der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 erfolgte der Aufruf zum Judenboykott. Als dann am 7. November 1938 bekannt wurde, dass der Diplomat Ernst vom Rath in Paris von einem Juden, ermordet wurde, brach in ganz Deutschland der Hass gegen die Juden aus, angeführt von der SA und SS. In den Novemberpogromen, auch (Reichs-)Kristallnacht oder Reichspogromnacht genannt, wurden 400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben. Über 1.400 Synagogen, Betstuben, Geschäftshäuser, Wohnungen und Friedhöfe wurden zerstört. Am 10. November wurden etwa 30.000 Juden in Konzentrationslagern inhaftiert. Im Laufe der nächsten sieben Jahre stieg die Zahl der ermordeten Juden auf mehr als sechs Millionen. Um diese schrecklichen Ereignisse niemals zu vergessen, versammelten sich auch in diesem Jahr am 9. November die Bürgerinnen und Bürger auf dem Meckenheimer Synagogenplatz.
Verstehen durch erinnern
Bürgermeister Bert Spilles betonte in seiner Ansprache, dass nur durch das Erinnern ein tieferes Verstehen aufkommen kann und somit eine Möglichkeit zur Versöhnung. Er zitierte aus der Meckenheimer Schulchronik vom 10. Oktober 1938: „Der Martinszug zog auch heute wieder durch die Straßen unserer Stadt.“ Wegen des Attentats auf den deutschen Diplomaten fielen allerdings in Köln und Bonn die Martinszüge aus. Aber die Nachricht vom Tod des Herrn vom Rath reichte auch in Meckenheim aus, um sofort gegen jüdische Mitbürger vorzugehen. Es kam „zu judenfeindlichen Kundgebungen, bei denen die Synagoge und mehrere Judenwohnungen vollständig demoliert wurden, insbesondere die Wohnungen von Benny Mendel, Bonnerstraße und Siegmund Moses, Tombergstraße. Wie der Bürgermeister feststellte, machen auch heute, 76 Jahre nach dem Pogrom, „die geistigen Erben der damaligen Mörderbande keinen Hehl daraus, deutschen Nazis neues Selbstbewusstsein zu geben“, so geschehen bei den Ausschreitungen der Hooligans in Köln.
Erinnerung braucht Orte
Zum Schluss sagte der Bürgermeister: „Erinnerung braucht Orte – Ort unserer Erinnerung ist der Standort des Gedenksteins, wo früher eine Synagoge stand.“ Und weiter: „Deshalb sind wir hier - heute, wie in jedem Jahr.“ Es ist bereits zur Tradition geworden, dass Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen der Geschwister-Scholl-Hauptschule die Feier bereichern mit Gedichten und Texten von Überlebenden des Holocaust. Darunter Gedichte und Texte von Elie Wiesel: „Wo ist Gott?“, oder von Charlotte Delbo, weiterhin ein Text von Yankel Wiernik, einem Überlebenden von Treblinka. Die Klassenlehrerinnen Marion Schrief, Simone Kracht und Carina Hofmann hatten die Texte zusammen mit den Schülern ausgesucht. Nach der Kranzniederlegung am Gedenkstein luden der Bürgermeister, das Stadtarchiv und Regionalkantor Bernhard Blitsch zu einem Besuch in die Merler Pfarrkirche St. Michael ein. In der Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Kaum hatte ich begonnen, habe ich schon gelebt“, wurden Werke von Bach, Tansmann, Hindemith, Eben und Byrd aufgeführt.

Die Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Hauptschule tragen ergreifende Texte vor von Überlebenden des Holocaust.