Die Angst davor, an Weihnachten allein zu sein
Musikalisches Theater regt zum nachdenken an
Horbach. Das Theaterstück „Herr Gerber will heim“ begeisterte 2024 im Rahmen der bundesweiten Demenzwoche im Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach. Jetzt kam der kauzige Alte wirklich wieder „heim“ ins Seniorenzentrum: mit Puppenspieler Dietmar Bertram und dem musikalischen „duoW“ unterhielt er die Gäste in der Kapelle mit dem Programm „Herr Gerber feiert Weihnachten“. Ermöglicht wurde diese ganz besondere Adventsfeier von der Westerwald-Bank.
Hauptdarsteller war wieder Fritz Gerber, ein grantiger alter Herr mir rauem Charme. Im letzten Jahr noch stark vergesslich und von einer fortschreitenden Demenz gezeichnet, ging es ihm bei der Rückkehr ins Buchfinkenland nun in der Adventszeit deutlich besser: „Ich bin noch etwas schusselig, aber die neuen Medikamente haben geholfen, meine Demenz hat mich nicht mehr so im Griff“, ließ der Star auf der Bühne alle wissen. Die wurden hellhörig in der Hoffnung auf Linderung für alle dementiell Erkrankten. Dazu mag an diesem Abend auch die musikalische Begleitung des „duoW“ mit Katharina Wimmer an der Violine und der aus St. Peterburg stammenden Pianistin Maria Chernousova beigetragen haben. Die beiden Künstlerinnen trugen virtuos ihren Teil zu einem heilsamen Theater-Konzert-Programm bei.
Für den Senioren-Rat Westerwald und den Förderverein der gastgebenden Einrichtung als Veranstalter, dankte Uli Schmidt, auch im Namen von Heimleiter Chris Martin, der Westerwald Bank, ohne die der liebenswerte Herr Gerber wohl nicht mehr den Weg ins Buchfinkenland gefunden hätte. Er wurde belohnt mit leckeren, von den Musikerinnen selbst gebackenen Weihnachtplätzchen, die von den beiden auch an die erfreuten Gäste verteilt wurden. Darunter war auch die Gemeindeschwester plus Barbara Spiegelhoff, die wie alle anderen in der Kapelle einen Sitzplatz gefunden hatte.
Mitgebracht hatte der Hauptdarsteller, wie er meinte, einen Sack voller Wunder, dem er nach und nach viele zauberhafte Gegenstände von einer Spieldose bis zu einem Nussknacker entlockte und diese mit kleinen Geschichten verband. Letztere verband das DuoW immer wieder mit passenden Melodien – so beispielsweise „Der Nussknacker“ von Peter Tschaikowsky.
„Ich bin schon sehr klug“, verriet Herr Gerber der Schar der Gäste. Um dem dann seine Einschätzung dazu folgen zu lassen, weshalb es immer wärmer wird und wir deshalb immer vergeblicher auf weiße Weihnachten hoffen. Unausgesprochen gab er dem fortschreitenden Klimawandel, also uns allen, die Schuld daran. Passend dazu ein Ausschnitt aus dem Ballett „Der Schneemann“, zu dem mit Erich Wolfgang Korngold ein damals Elfjähriger die Musik geschrieben hat.
Besinnlich wurde es in der Kapelle, als Herr Gerber ein Foto seiner verstorbenen Frau Lisbeth aus dem Sack hervorkramte und dieses in eine berührende Romanze verpackte. Noch berührender wurde es, als Katharina Wimmer mit ihrer Violine, begleitet von Maria Chernousova am Klavier, die Romanze op. 23 von Amy Beach ausdrucksstark dazu ertönen ließ.
Herr Gerber mag ganz besonders den Norden Europas. So berichtete er aus Finnland, wo es ein eigenes Wort dafür gibt, wenn sich jemand in Unterhose betrinkt. Auch dazu intonierte das DuoW mit dem „Snepflug“ von Selim Palmgren ein würdiges Musikstück. Doch der offensichtlich weihnachtlich gestimmte alte Herr gestand auch seine Angst davor, an Weihnachten allein feiern zu müssen. Lang anhaltender Beifall dürfte diese Angst zumindest etwas gemindert haben!
Pressemitteilung Förderverein für das Ignatius-Lötschert-Haus e.V.
