Allgemeine Berichte | 09.12.2025

Vortrag von Prof. Dr. Klaus Fischer der Universität Koblenz in Hundsangen

„Welche Natur wollen wir?“ – Naturschutz in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft

Savannenähnliche Strukturen herrschen im Beweidungsprojekt Schmidtenhöhe. Foto: Marcel Weidenfeller

Hundsangen. Im Rahmen der Vortragsreihe 2025 des NABU Hundsangen war Prof. Dr. Klaus Fischer als diesjähriges Highlight am 1. Dezember mit einem echten Reizthema zu Gast: Wie muss man Naturschutz in einer Kulturlandschaft einordnen? Was ist eigentlich Natur? Ist das Motto‚ Natur Natur sein lassen immer richtig? Sollte man einen Lebensraum für seltene Orchideen erhalten – auch wenn dafür Bäume und Büsche, die ‚natürlich‘ aufkommende Vegetation, gerodet werden muss?

Selbstverständlichkeiten der Naturschützer wurden von Prof. Fischer geschickt in Frage gestellt. Einige Überzeugungen von engagierten Interessierten wurden hinterfragt und Kernaussagen des Referenten haben für gewollte Irritation gesorgt. Sehen wir den Menschen als Teil der Natur oder nicht? Ist als „Natur“ nur das Erscheinungsbild der Erde vor der Einflussnahme des Menschen anzusprechen?

Die mitteleuropäische Landschaft ist eine vom Menschen geprägte Kulturlandschaft – aber sind demnach die Grünlandgebiete des Hohen Westerwaldes oder die Lüneburger Heide keine „Natur“? Beides sind Lebensräume mit hoher Artenvielfalt – allerdings durch menschlichen Einfluss. Selbst der weitreichend sich selbst überlassene Naturpark Bayrischer Wald wird durch gezielte Eingriffe in seinem natürlichen Waldzustand erhalten.

Ziel des Vortrages war die Vermittlung eines „integrativen Naturverständnisses“. Dieser Begriff beinhaltet eine Vielfalt von unterschiedlichen Lebensräumen – Wälder ebenso wie Wiesen, Felder, Stadtlandschaften – die alle schützenswerte Natur beinhalten. Für Naturschützer*innen ergeben sich daraus essentielle Probleme. Was ist wirklich sinnvoll im Naturschutz? Natur sich selbst überlassen und keinerlei Eingriffe durch den Menschen dulden? Oder in die Natur gestaltend eingreifen, um die Artenvielfalt zu bewahren?

Es konnte im Rahmen des Vortrages gut belegt werden, dass im Naturschutz viele unterschiedliche Maßnahmen eine Berechtigung haben und auch viele gestaltende Eingriffe des Menschen zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Die Beantwortung der Frage, wie wir in unseren Kulturräumen die Artenvielfalt erhalten können, wird daher zum zentralen Thema des Naturschutzes.

In der Diskussion musste sich Prof. Fischer vielen kritischen Fragen stellen und nicht alle seiner Aussagen waren konsensfähig – aber jede ohne Zweifel wert, darüber nachzudenken. Auch wenn übereinstimmend festgestellt wurde, dass der „Naturschutz im engeren Sinn“ einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Arten leistet, sind menschengeschaffene Kulturlandschaften nicht nur wertvolle Lebensräume – sie sind unsere „Natur“ in Deutschland. Der NABU Hundsangen wird dieses Thema nochmals im Rahmen seiner Veranstaltung NABU-on-Tour aufgreifen.

Unter dem Titel „Naturschutz im Spannungsfeld zwischen Sinn und Unsinn“ wird im Sommer 2026 eine Veranstaltung im Naturzentrum „Nahe der Natur“ angeboten. Weitere Informationen gibtg es unter nabu-hundsangen.dePressemitteilung NABU Hundsangen

Die Lüneburger Heide ist eine Weidelandschaft mit hoher Artenvielfalt. Foto: Marcel Weidenfeller

Die Lüneburger Heide ist eine Weidelandschaft mit hoher Artenvielfalt. Foto: Marcel Weidenfeller Foto: Marcel Weidenfeller

Prof. Dr. Klaus Fischer beim Vortrag in Hundsangen.Foto: Peter Ahrens

Prof. Dr. Klaus Fischer beim Vortrag in Hundsangen.Foto: Peter Ahrens

Savannenähnliche Strukturen herrschen im Beweidungsprojekt Schmidtenhöhe. Foto: Marcel Weidenfeller

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