Politik | 04.11.2025

Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt bei der Flut-Verantwortung nicht weiter:

„Ein Schlag ins Gesicht“ – Ahrtaler reagieren empört auf Einstellung der Flut-Ermittlungen

Die zerstörte Innenstadt von Ahrweiler am Morgen nach der Flut.  Foto: ROB

Kreis Ahrweiler. Mit Verfügungen vom 17. April 2024 hat die Staatsanwaltschaft Koblenz den von ihr geführten Ermittlungskomplex wegen möglicher strafrechtlich relevanter Versäumnisse bei der Bewältigung der Ahrflut vom 14./15. Juli 2021 eingestellt. Damit werden die Ermittlungen gegen den ehemaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Dr. Jürgen Pföhler, nicht wieder aufgenommen. Die Entscheidung sorgt im Ahrtal für Empörung, Enttäuschung und Unverständnis. BLICK aktuell hat sich in der Region umgehört.

„Vertrauen in staatliches Handeln schwer erschüttert“

„Ich kann die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz, die Ermittlungen zur Ahrflut einzustellen, nicht nachvollziehen.“ Mit diesen klaren Worten äußert sich Richard Lindner als Ortsvorsteher von Bad Neuenahr, aber auch als Bürger aus der Region.

„Viele Menschen in unserer Region empfinden das ebenso. Nach einer Katastrophe, die so viel Leid und Verlust gebracht hat, hätten wir uns eine offenere und umfassendere Aufarbeitung gewünscht – auch als Zeichen des Respekts gegenüber den Betroffenen.“

Für Lindner ist das Vertrauen in staatliches Handeln schwer erschüttert: „Jetzt liegt es an uns allen, durch Ehrlichkeit, Transparenz und konkrete Verbesserungen im Katastrophenschutz wieder Glaubwürdigkeit herzustellen.“

Auch Jürgen Saess, Ortsvorsteher von Heimersheim, findet deutliche Worte: „Für unsere überwiegende Bevölkerung ist es unverständlich, dass die Versäumung der Warnung vor der Flut durch unseren ehemaligen Landrat juristisch nicht gewürdigt werden kann bzw. soll. An den Schäden durch die Flut ist er nicht schuld, da konnte er nichts dran machen, aber wahrscheinlich hätten Menschenleben gerettet werden können.“

„Zwölf Menschen hätten nicht sterben müssen“

Ulrich van Bebber, Vorsitzender der Lebenshilfe Kreisvereinigung Ahrweiler e. V., spricht von einem „Schlag ins Gesicht“: „Juristisch kann ich die Entscheidung nicht bewerten. Politisch und moralisch ist sie für mich nicht nachvollziehbar. Für die flutbetroffenen Menschen im Kreis Ahrweiler ist diese Entscheidung ein Schlag ins Gesicht.“

Er erinnert an die Opfer im Lebenshilfehaus: „Besonders schmerzlich ist dies für die Angehörigen der 12 Menschen, die im Lebenshilfehaus ihr Leben verloren haben. (…) Dass dieser Punkt nun ausgeblendet wird, ist zutiefst verstörend. Die Menschen im Ahrtal haben ein Recht auf Klarheit, Gerechtigkeit.“ Es sei klar belegt, dass diese Menschen hätten gerettet werden können, wenn rechtzeitig gewarnt und evakuiert worden wäre.

„Ein bitterer Tag“

Auch aus der Wirtschaft und dem Tourismus kommt Kritik. Christian Lindner, Hotelier und Vorsitzender des Ahrtal-Tourismus betont:

„Meine Familie und ich haben die Flut persönlich erlebt und auch in meinem Hotel mussten wir um Menschen bangen. Dass politische Fehlentscheidungen und mangelnde Führung ohne strafrechtliche Folgen bleiben, ist für viele Betroffene ein Schlag ins Gesicht. Verantwortung heißt, sich dem Leid zu stellen – nicht es juristisch zu überleben.“

Der Schriftsteller und Flutbetroffene Andy Neumann aus Ahrweiler findet ebenfalls drastische Worte: „Ein brutaler Faustschlag ins Gesicht des gesamten Ahrtals, ein sehr bitterer Tag für den Rechtsstaat und das Rechtsempfinden der Menschen, ein rabenschwarzer Tag für die Opfer und deren Angehörige.“ Er fordert eine unabhängige juristische Klärung: „Ich bin unglaublich froh, dass die Familie Orth die Kraft aufbringt, weiterzukämpfen.“ Ralph und Inka Orth haben ihre Tochter Johanna auf tragische Weise in der Flutnacht verloren und möchten weiter um juristische Gerechtigkeit ringen. „Es ist für das Rechtsempfinden der Bevölkerung nicht nur im Ahrtal extrem wichtig, dass am Ende ein unabhängiges Gericht zu einem klaren Urteil kommt. (…) Meine volle Solidarität gilt nach wie vor allen Opferangehörigen und ganz besonders denen, die nicht aufgeben!“

„Die Menschen möchten Antworten“

Hugo Heinzen, Inhaber der „Plattenkiste“ in Bad Neuenahr, schildert eindringlich seine persönlichen Erlebnisse in der Flutnacht:

„Da ich direkt in Ahrweiler an der Ahr wohnte, habe ich hautnah die Entwicklung und die Geschwindigkeit der Wassermassen erlebt. (…) Erst zehn Minuten bevor die Flutwelle mein Haus erreichte, wurde die Evakuierung angeordnet – eindeutig mindestens zwei bis drei Stunden zu spät. Nur 50 Meter weiter ertrank eine ältere Frau, die bei einer frühzeitigeren Warnung ihre Wohnung verlassen hätte.“

Heinzen fordert eine unabhängige gerichtliche Aufarbeitung: „Die Menschen wollen wissen, wie es dazu kommen konnte, warum ihre Liebsten, Nachbarn, Freunde oder einfach nur Mitbürger starben. (…) So wie das jetzt vermittelt wird, fühlen sich die Menschen vom Rechtsstaat im Stich gelassen.“ ROB

Die zerstörte Innenstadt von Ahrweiler am Morgen nach der Flut. Foto: ROB

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  • D. Hermen : Ich hoffe auf Gerechtigkeit und wünsche viel Erfolg ??
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