Bericht der letzten Sitzung 2020 des Kreistags im Landkreis Mayen-Koblenz
Kreistag beschließt einstimmig den Haushalt 2021 mit „Punktlandung“
Klinikum braucht weiteren Zuschuss in Höhe von 2,5 Mio. Euro

Ochtendung. Wiederum bedingt durch die strengen Vorgaben zur Bekämpfung der Corona-Pandemie trat der Kreistag diesmal zu einer Präsenzsitzung in der Ochtendunger Kulturhalle zusammen. Mit gut eineinhalb Stunden war es jedoch eine sehr kurz gehaltene Versammlung. Dies besonders im Hinblick auf die Haushaltsberatungen und die dabei üblichen Reden aller jeweiligen Fraktionsvorsitzenden. Das am Jahresende übliche Get-together von Kreistagsmitgliedern, Verwaltungsmitarbeitern und Gästen entfiel pandemiebedingt.
GemeinschaftsklinikumMittelrhein
Bereits im Februar hatte der Kreistag in einer nötigen Sondersitzung beschlossen, dem Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) zur Abwendung der drohenden Insolvenz ein zins- und tilgungsfreies Darlehen mit Rangrücktritt in Höhe von maximal 3 Mio. Euro zu gewähren; alle Gesellschafter zusammen 8,2 Mio. Euro. Durch einen Rangrücktritt kann eine drohende Insolvenz vermieden werden, weil diese Verbindlichkeit des Unternehmens quasi mit erlaubten juristischen Tricks im Rahmen des Insolvenzrechts nicht als Fremdkapital, sondern als Eigenkapital qualifiziert wird. Insofern billigte der Kreistag seinerzeit im Grunde genommen einen verlorenen Zuschuss des Kreises an das GKM, weil der Kredit wohl absehbar niemals zurückgezahlt werden wird.
Und schon jetzt braucht das GKM weitere finanzielle Unterstützung. Diesmal nicht zur Abwendung einer drohenden Insolvenz deklariert, sondern zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit im Restrukturierungszeitraum und diesmal auch nur 2,5 Mio. Euro. Erneut handelt es sich um ein langfristiges rangrücktrittsbewehrtes Darlehen, also im Grunde einen weiteren verlorenen Zuschuss.
Die Probleme des GKM wurden vom Kreistag ausschließlich hinter verschlossenen Türen behandelt. Lediglich die Beschlüsse müssen aufgrund von Vorschriften im öffentlichen Teil einer Kreistagssitzung gefasst werden. Ob die Öffentlichkeit ansonsten Kenntnis von den Problemen des GKM und den zu leistenden Zahlungen bekommen hätte, ist nicht unumstritten. Die Beschlüsse wurden ohne Aussprache und mit überwältigender Mehrheit im Kreistag gefasst. Lediglich die Fraktionsgemeinschaft FWM3 / Die Linke stimmte mit ihren zwei Stimmen dagegen.
UNESCO-Welterbestätten
Eigentlich war die Unterstützung des Landkreises für die Bewerbung des „Eifeler Mühlsteinreviers“ um einen Platz auf der deutschen Vorschlagsliste 2021 von Kultur- und Naturdenkmälern zum UNESCO-Weltkulturerbe eine ausgemachte Sache. Die Freie Wählergruppe MYK und die FDP hatten jedoch kurzfristig in der letzten Kreistagssitzung beantragt, den Beschluss zu verschieben, um den Befürwortern der „Sayner Hütte“ mehr Zeit für ihre Pläne zu verschaffen. Eine Entscheidung sollte jedoch wegen des engen Zeitplanes auf dem Weg zum Welterbe noch in diesem Jahr getroffen werden. Wohl wissend, dass zwei Vorschläge aus einer Region für die deutsche Vorschlagsliste kaum Aussicht auf Erfolg haben werden und obwohl die Voraussetzungen für den Vorschlag „Sayner Hütte“ beiweitem nicht so weit fortgeschritten sind, unterstützte der Kreistag jetzt jeweils einstimmig die Bewerbung jedes der beiden Projekte gleichermaßen. Eine umfassende und detaillierte Berichterstattung hierzu finden interessierte Leser in Kürze in BLICK aktuell.
Haushalt
Bei der Einbringung des rund 370,8 Mio. Euro umfassenden Haushaltsentwurfs des Jahres 2021 sprach Landrat Dr. Saftig bei einem Überschuss von 615.000 Euro von „einer echten Punktlandung“. Zwischenzeitlich eingetretene Änderungen sowie die Behandlung im Jugendhilfe- und Kreisausschuss haben die Zahlen nur marginal verändert. Weitere Fachausschussberatungen wurden wegen der Pandemie nicht durchgeführt. Das Volumen des Haushalts wuchs auf rund 372 Mio. Euro an und der Überschuss schmolz dabei auf rund 530 Tsd. Euro zusammen. Vor dem Beschluss durch den Kreistag lagen einige Anträge vor, die jedoch auch nur vernachlässigbar kleine Auswirkungen hatten und denen teils zugestimmt wurde oder die teilweise abgelehnt wurden.
An Investitionen sind 2021 gut 9,3 Mio. Euro geplant. Dazu werden neue Kredite in Höhe von 3,5 Mio. Euro nötig. Allerdings sollen gleichzeitig 3,9 Mio. Euro an Investitionskrediten getilgt werden. Die größten Brocken sind dabei Schulen und Sport mit rund 3,3 Mio. Euro, Rettungsdienst und Katastrophenschutz mit etwa 2,2 Mio. Euro sowie die Kreisstraßen mit knapp 1,6 Mio. Euro. Die Liquiditätskredite erreichten 2014 mit 111,9 Mio. Euro den Höchststand. Mit der 2021 geplanten Tilgung in Höhe von über 10 Mio. Euro sollen sie auf gut 25 Mio. Euro gesunken sein.
Die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden beschränkten sich in diesem Jahr coronabedingt auf ein absolutes Minimum und gingen dabei so gut wie gar nicht auf Zahlen ein. Die Reihenfolge der Redner orientierte sich wie üblich an der Fraktionsstärke.
CDU: Fraktionsvorsitzender Georg Moesta betonte, dass es keine Blaupause gäbe für den Umgang mit Corona und den Lockdowns. Glücklicherweise engagiere sich der Bund finanziell außerordentlich. Er drückte die Hoffnung aus auf Beherrschbarkeit der wirtschaftlichen Herausforderungen auf die Kreisfinanzen. Beim Stellenplan mit mehr als 26 Zugängen in 2021 sollte innegehalten werden und die Personalentwicklung nicht weiter steigend angegangen.
SPD: Zu den guten Nachrichten im Jahr gehören für den Fraktionsvorsitzenden Achim Hütten die Pandemie als Beschleuniger der Digitalisierung und die Förderung des Kreises aus dem Programm „Smart City“. Im Haushalt künftig wieder 100 Mio. Euro negatives Eigenkapital zu erwirtschaften sei keine akzeptable Perspektive. Man müsse ohne nennenswerte Umlageerhöhungen die Zukunft gestalten. Mit der Frage wie wir in zehn Jahren leben wollen solle sich der Zukunftsausschuss gleich in seiner ersten Sitzung des kommenden Jahres befassen.
Grüne: Im Vergleich zu Corona sei der Klimawandel die noch viel größere Katastrophe befand Fraktionsvorsitzender Wolfgang Treis. Alles müsse sich daran ausrichten und auch die Kreispolitik müsse diesem Thema künftig einen deutlich höheren Stellenwert einräumen.
FWG: Investitionen in die Zukunft durch Digitalisierung sollten für Fraktionsvorsitzenden Bruno Seibeld die positiven Signale des Haushalts 2021 sein. Die Belastungen kommender Haushaltsjahre werden vom öffentlichen Nahverkehr geprägt sein, der per Gesetz zur Pflichtaufgabe werden wird und dessen finanzielle Auswirkungen derzeit nicht absehbar sind.
AfD: Fraktionsvorsitzender Dr. Horst Knopp wollte nicht auch noch über Corona reden und mit Seitenhieb auf die Grünen auch nicht über das Klima. Die AfD befürchtet, dass weiteres Geld für das Gemeinschaftsklinikum „nicht vollständig auszuschließen“ sei.
FDP: Fraktionsvorsitzender Ekkehard Raab begrüßte die Ergebnisse der sechs ausgeglichenen Haushalte der vergangenen Jahre und die daraus resultierende Steigerung des Eigenkapitals sowie den Schuldenabbau. Für die Zukunft drohen jedoch Gewitterwolken wie der ÖPNV. Er habe den Traum, Haushalte zu beschließen ohne Stellenerhöhungen.
FWM3/Die Linke: Fraktionsvorsitzender Hans-Georg Schönberg gab seine Rede zu Protokoll. Die Fraktionsgemeinschaft befindet darin die finanzielle Lage 2021 noch stabil. Beeinflussen sollte die Kreispolitik die durch Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung belegbare dramatische Verschlechterung der hausärztlichen Versorgung und das Finanzchaos beim Klinikum.
Ob der jeweils von den einzelnen Fraktionen oder gemeinsam im Verbund gestellte Antrag Zustimmung fand oder abgelehnt wurde, war für die Entscheidung unerheblich. Der Haushalt 2021 wurde vom Kreistag einstimmig beschlossen.
WEC