Fristlose Kündigung von Marcel Möcking vom Tisch

Richter schlug Vergleich vor –Parteien folgten dem Vorschlag

Richter schlug Vergleich vor – Parteien folgten dem Vorschlag

Bürgermeister Björn Ingendahl und Tourismusleiter Marcel Möcking bei der Präsentation des neuen Marketingkonzept der Stadt Remagen 2019. Foto: AB

Remagen. Die „Fristlose Kündigung“ des Remagener Tourismusleiters, die im vergangenen Jahr für reichlich Aufregung sorgte, ist vom Tisch. Das Gericht sah dazu keine ausreichende Veranlassung. In einer gemeinsamen Pressemitteilung einigten sich die Parteien auf Vorschlag des Vorsitzenden Richters beim Koblenzer Arbeitsgericht auf einen Vergleich. Die Mitteilung sah ebenso die Aussage vor, dass es für „eine persönliche Bereicherung von Marcel Möcking keine Anzeichen gibt“. Doch das Arbeitsverhältnis endete nun zum 30. September vergangenen Jahres.

Zu einer „Fristlosen Kündigung“ von Marcel Möcking sah sich Stadtchef Björn Ingendahl im vergangenen Jahr gezwungen, „um Schaden von der Stadt abzuwenden“. In Absprache mit dem Personalrat, ohne Einbeziehung der städtischen Gremien hatte der Bürgermeister diese arbeitsrechtliche Maßnahme vollzogen. In der Stadt und in den Gremien sorgte diese Entscheidung für einigen Wirbel, außerordentliche Sitzungen des Stadtrates wurden einberufen, die Aufsichtsbehörde war eingeschaltet worden. Die genauere Begründung lautete, so Ingendahl damals, „Unregelmäßigkeiten in der Kassenführung zwischen Stadt und Volkshochschule (VHS), die zu außerordentlichen finanziellen Schäden führten“. Ein nachträglicher Versuch sich die ausgesprochene Kündigung vom Stadtrat genehmigen zu lassen, scheiterte mehrheitlich bei der Abstimmung im Rat der Stadt. „Eine persönliche Bereicherung des Tourismusleiters hat niemals vorgelegen“, betonte der Stadtchef aber bereits damals. Gegen seine „Außerordentliche Kündigung“ erhob Möcking Klage beim Arbeitsgericht. Nach mehr als sechs Monaten kam es in Koblenz zum Prozess. Der Richter bewertete die in Remagen bereits seit Jahren von Kommunalpolitikern bemängelten „Uneinsichtigkeiten“ nach Aussage von Prozessbeteiligten zwischen Stadt und Volkshochschule anders als der Verwaltungschef, der sich nach Aussage von Prozessbeteiligten auf seine „erst zweijährige Amtszeit“ berief. Es wäre Aufgabe der Verwaltung gewesen, Licht ins Dunkel der Kontenkompetenz zu bringen, der Tourismusleiter sei Angestellter der Stadt und nicht der Volkshochschule, so der Vorsitzende der Kammer, nach Aussage von Prozessbeteiligten. In der Vergangenheit hatte die Verwaltung Mitgliedern des städtischen Rechnungsprüfungsausschusses Zugang zu den Unterlagen der VHS verweigert, mit der Begründung, es handele sich bei der VHS um einen „eigenstädtischen Gemeinnützigen Verein“, der von eigenen Rechnungsprüfern kontrolliert werde. Die Gemeinnützigkeit wurde zwischenzeitlich der VHS versagt. „Das dubiose Finanzsystem ist in keiner Weise von Marcel Möcking verantwortlich betrieben worden“, hieß es nun beim Prozess, bei dem der Richter den Vergleich vorschlug. Und weiter: „Ist es hervorzuheben, dass nachhaltig finanzielle Unregelmäßigkeiten durch Möcking unter dem Eindruck des vorliegenden arbeitsrechtlichen Verfahrens nicht gegeben sind“. Daraus folgerte für das Gericht, „dass gegenüber Möcking auch keine Veranlassung besteht, diesen in Regress zu nehmen“.

Stadtrat nahm Schadensersatzforderungen zurück

Zwischenzeitlich hat in einer Sondersitzung des Stadtrates, dieser, die im August vergangenen Jahres mit Mehrheit beschlossenen „Schadenersatzansprüche in Höhe von 60.000 Euro“, auf Antrag des Bürgermeisters einstimmig zurück genommen. Einen Kernpunkt seiner Kritik sah der Richter auch im Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung. Möcking befand sich bei Zustellung bereits in psychiatrischer Behandlung, wovon Ingendahl, unterrichtet worden sein soll. Die letztendliche Trennung der Parteien erfolgte, da Möcking - nach seiner Aussage „auf Anweisung“ - Technikrechnungen für Veranstaltungen der VHS in der Rheinhalle aus Deckungsmangel über den städtischen Haushalt abrechnete. Dieses war aus Sicht des Richters nicht korrekt, denn „nicht allen Anweisungen ist Folge zu leisten“. Da Marcel Möcking sowie Bürgermeister Björn Ingendahl erkennen ließen, dass für beide Parteien eine weitere Zusammenarbeit nur schwer denkbar sei, schlug der Arbeitsrichter den Vergleich vor, den beide Parteien zwischenzeitlich akzeptierten. So endet das Arbeitsverhältnis des Tourileiters nachträglich fristgerecht zum 30. September vergangenen Jahres.

Für Marcel Möcking und seine Familie hat dieser unrühmliche Teil der Remagener Geschichte natürlich eine ganz besondere Seite. Möcking versteht nicht, dass der Bürgermeister die „Fristlose Kündigung“ im August nahezu „als unumgängliche Gefahrenabwehr“ der Öffentlichkeit präsentiert hatte, obwohl er es doch gewesen wäre, der den Stadtchef als Vorsitzenden der VHS auf alle „Absonderlichkeiten“ hingewiesen hätte. Außerdem sieht Möcking die unvollständige Beteiligung des Personalrates sowie der städtischen Gremien als nicht rechtmäßig an, was aber leider keine Auswirkungen auf den Prozess gehabt habe. Den „Verfahrensablauf“ durch Verwaltung und Presse bezeichnet der „Vereinsmensch“ geradezu als „unwürdige Demontage“. Angefangen habe es bei der ersten öffentlichen Erklärung Ingendahls zur Kündigung, anlässlich der Vereinsversammlung von „Remagen mag ich“ im Beisein der Presse, im Kontext mit einer ausgefallenen Riesenradveranstaltung. Dadurch sei natürlich in den Medien und in der Stadt breiter Raum für die wildesten Spekulationen Platz gemacht worden. Die dann folgende, „teils äußerst unsachliche Berichterstattung“, so Möcking, hätte in breiten Teilen der Gesellschaft zu Unverständnis aber auch zu Häme geführt. „Ingendahl ist dann wohl zurückgerudert“, so Möcking zu seiner Wahrnehmung aus der Klinik heraus, habe sich aber zu keiner Zeit als ein verantwortungsvoller Mensch und Arbeitgeber gezeigt. „Die zerstörende Berichterstattung verfolgte ich nahezu täglich während meines stationären Aufenthaltes in der Psychiatrie unter therapeutischer Betreuung“, so Möcking, der sich auf Raten seiner Ärztin und seiner Rechtsberatung bis heute noch nicht öffentlich geäußert hat. Das Krankheitsbild seiner langjährigen „schweren Depression“, die im Sommer vergangenen Jahres in konkreten Suizidplänen mündete, setzten nach Ansicht seiner behandelnden Ärztin „rationales Denken wohl schon eine längere Zeit schrittweise außer Kraft. Typisch für das Krankenbild“.

In der Zwischenzeit hat Möcking einen mehrmonatigen Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik in Ahrweiler absolviert und befindet sich in ambulanter therapeutischer Behandlung. Aus der Öffentlichkeit hat sich der langjährige Kommandant der Remagener Stadtsoldaten komplett zurückgezogen. Zu seiner Zukunft sagt er: „Mein Alltag besteht darin, täglich meine Krankheit besser kennen zu lernen und beeinflussen zu können. Depressive Grundvoraussetzungen werde ich für immer besitzen, damit kann man Leben, wenn man lernt damit umzugehen. Ich gehe mit der Krankheit offen um, werde sie allerdings nicht als Titel vor mir her tragen.“ Für den Sommer sei ein erneuter stationärer Aufenthalt angedacht, doch sein Blick richte sich nun immer weiter nach vorne und immer weniger zurück, so Möcking. Doch aus dieser Lebenskrise heraus, schaut er auch ein wenig zurück. „Ich habe mein Umfeld komplett neu erlebt, da gab es positive wie negative Erfahrung. Es gab und es gibt in erster Linie grandiose Menschen um mich herum, die sich zu keiner Zeit von mir abgewandt haben und sich auch in der öffentlichsten Phase der Ereignisse zu mir als Mensch offen bekannt haben,“ zeigt der Mann, der die Öffentlichkeit liebte, seine positive Sicht. „Ich habe aber auch gelernt, zu sehen, dass sich der natürlich auch bei mir vorhandene sich abwendende Teil der Menschen und der abgetauchte Personenkreis nicht wirklich ins Gewicht fallen.“ Diese Erfahrungen hätten wahrscheinlich schon viele Menschen gemacht, aber so sei nun mal das Leben. „Und damit komme ich klar.“

Die strafrechtliche Würdigung des kompletten Sachverhaltes stehe noch aus und beschäftige aktuell noch die Staatsanwaltschaft Koblenz, ergänzt Rechtsanwältin Monika Gräfe-Trageser. Es sei davon auszugehen, dass die umfassenden Ermittlungen das komplette Konstrukt beleuchteten und so wohl auch „die Erfinder und Köpfe des zusammen gebrochenen Finanzierungssystems zwischen Stadt und VHS in den Fokus rücken“. Bis heute sei Marcel Möcking noch nicht zu den Vorgängen von der Staatsanwaltschaft befragt worden.