Politik | 21.08.2025

Die Naturschutzinitiative betont, dass Naturpark-Kernzonen nicht für eine Industrialisierung genutzt werden sollen

Naturschutzinitiative e.V.: "Rote Karte für die Zerstörung der Neuwieder Wälder durch die Windindustrie"

Die Karten zeigen, dass keine Rücksicht auf die Belange des Natur- und Artenschutzes und der Menschen genommen wird (hier: Heimbacher Wald). Quelle: Naturschutzinitiative e.V. (NI), Immo Vollmer

Neuwied. Die Energieversorgung Mittelrhein (EVM) und die Stadtwerke Neuwied (SWN) wollen 15 Windindustrieanlagen (WIA) in Wäldern errichten, die von den Westerwaldhöhen bei Straßenhaus bis zum Mittelrheintal bei Heimbach-Weis herunterreichen. Hierzu wurde eine eigene Gesellschaft, die „Erneuerbare Energien Neuwied GmbH (EEN)“ gegründet. Die 15 WIA, die eine gigantische Höhe von jeweils ca. 280 m haben werden, sollen ausnahmslos auf Waldgebieten errichtet werden, die dem Fürstenhaus zu Wied und der Stadt Neuwied gehören.

Dipl.-Biologe Immo Vollmer, Naturschutzreferent der NI, hat die vorgesehenen Flächen analysiert und spricht von einer „Dampfwalze“, die hier Natur, Landschaft und Kulturgüter rücksichtslos niederwalze. Besonderer Kritikpunkt der NI ist die komplette Zerstörung des Heimbacher Waldes in der Kernfläche des Naturparks Rhein-Westerwald mit dem international bedeutenden Kulturmonument „Limes“.

Kernzonen sollen ausschließlich der Erholung in der Stille und dem Naturschutz dienen. Diese Wälder gehören außerdem zum Naherholungsgebiet von Neuwied. Wie eine grafische Auswertung der NI zeigt, sollen 9 der gigantischen Anlagen, dazu zwei weitere angrenzend zu der Naturpark-Kernzone, im Wald verteilt werden, wobei der historische Limes in einem Abstand von 200 - 800m durch die vorgesehenen Anlagen flankiert werde, so die Naturschutzinitiative e.V. (NI).

Auch vom touristisch bedeutenden Rheintal aus werden die Anlagen zur dominierenden Industriekulisse werden. „Diese historische Stätte in ein Windindustriegebiet zu verwandeln, bedeutet nicht nur die Zerstörung dieser historischen Aura, sie ist auch an Respekt- und Maßlosigkeit gegenüber allen Werten, die eine Gesellschaft trägt, kaum zu überbieten. Diese Pläne stehen für einen skrupellosen Werteverfall in unserem Land“, erklärte Harry Neumann, Landesvorsitzender der NI.

„Naturpark-Kernzonen dürfen nicht für eine Industrialisierung genutzt werden, ansonsten kann man diese Schutzkategorie auch abschaffen“, betonte Immo Vollmer. Denn es sind nicht nur die Kulturdenkmäler und der Erholungsraum der Menschen, die vor der Windkraftindustrie keinen Bestand haben, auch die Natur selbst werde auf großer Fläche irreversibel geschädigt, so die NI. Alleine in der ca. 1200 ha großen Kernzone des Naturparks werde für die 9 Anlagen dem Wald eine Fläche von mindestens 9 ha dauerhaft entzogen.

„Hinzu kommen zusätzlich die Auswirkungen des Wege- und Leitungsbaus, so dass sich kein luftfeuchtes Waldinnenklima mehr ausbilden kann. Ein weiterer Waldzerfall ist in Wärmejahren vorprogrammiert. Auch die in der Landes-Biotopkartierung erfassten Wälder sind betroffen. Für die NI ist es ein absoluter Widerspruch, dass Wälder, die die Lunge der Erde sind und die einen maßgeblichen Einfluss auf die Sauerstoff/Kohlendioxid-Bilanz haben, durch eine Technik zerstört werden, deren Durchsetzung mit dem Begriff „Klimaschutz“ begründet wird. Das Gegenteil ist der Fall“, so Immo Vollmer.

Weiterhin werde durch die Windkraft am Rand des für den Vogel- und Fledermauszuges sehr bedeutsamen Rheintals ein Riegel an Windkraftanlagen erzeugt, der eine besonders hohe Anzahl an Schlagopfern erwarten lasse. „Die in Richtung Westerwaldhöhen liegenden Anlagen zwischen Straßenhaus und dem Umland von Anhausen liegen zudem in Zonen, die durch den „Fachbeitrag Artenschutz“ des Landesamtes für Umwelt (LfU) als Dichtezentrum für den vom Vogelschlag an WIA besonders betroffenen Rotmilan gekennzeichnet wurden. Wo das nicht zutrifft, liegen die geplanten WEA zumeist auch in Wäldern, die für den Schutz schlagempfindlicher Fledermäuse von Bedeutung sind“, betonte Harry Neumann. Hinzu komme, dass die Wälder zunehmend perforiert und damit zerstört würden, so die NI.

Der „LfU-Fachbeitrag Artenschutz“ weist Zonen aus, in denen möglichst keine Windindustrieanlagen errichtet werden sollen. Da dieses aufgrund der umfangreichen Privilegierung der Windkraft durch die letzten Gesetzesänderungen nur schwer durchzusetzen sei, habe das Land Hinweise für die Regionalplanung formuliert. „Was aber ist eine Raumplanung noch wert, wenn sich kommunale und private Planungen nicht daran halten müssen? 14 der 15 geplanten WIA sollen auf Flächen stehen, in denen diese nach der Landesplanung nicht stehen dürften. Das Neuwieder Fürstenhaus und die Stadt Neuwied verhalten sich damit Landschaften, Wäldern, Wildtieren und Lebensräumen für Mensch und Tier völlig verantwortungslos“, so die Naturschutzinitiative e.V. (NI).

Die meisten Anlagen sollen nur knapp oberhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu Splittersiedlungen und von knapp 1000 Metern zu geschlossenen Ortschaften stehen. Auch hierin sieht die NI einen Beleg, dass Menschenschutz im Rahmen der Windkraft-Geschäfte nachrangig geworden ist. Zwar sollen die im 2,5 km Radius liegenden Ortschaften eine Entschädigung in Form einer „Kommunalabgabe“ von insgesamt ca. 560.000 Euro erhalten, allerdings könne man Lebensqualität und Gesundheit nicht mit Geld aufwiegen, so die NI.

Hinzu kämen weitere 27 Windindustrieanlagen, die sich auf das ca. 8 km lange und ca. 2 km breite Waldgebiet südlich von Dierdorf verteilen. Dabei handelt es sich um den von Abo-Energy bereits 2024 beantragten „Märkerwald“ mit 8 Windindustrieanlagen und weitere 19 ebenfalls in der Antragsphase befindlichen Windindustrieanlagen der Fa. Vattenfall in den Gemeinden Dierdorf, Sessenhausen, Kleinmaischeid und Großmaischeid. Damit würde sich die liebliche Erholungslandschaft im Naturpark Rhein-Westerwald zu einer gigantischen Industrielandschaft umwandeln.

Pressemitteilung Naturschutzinitiative e.V.

Naturschutzinitiative e.V.: "Rote Karte für die Zerstörung der Neuwieder Wälder durch die Windindustrie"

Die Karten zeigen, dass keine Rücksicht auf die Belange des Natur- und Artenschutzes und der Menschen genommen wird (hier: Heimbacher Wald). Quelle: Naturschutzinitiative e.V. (NI), Immo Vollmer

Leser-Kommentar
22.08.202508:59 Uhr
Dr. Jutta Etscheidt

Wer hektarweise Bäume fällt mit Millionen von Blättern, um den CO2-Gehalt zu senken, hat im Biologieunterricht gefehlt. Im Wald verursachen WEA den größtmöglichen Schaden. Sie töten täglich unzählige Tiere, sie zerstören wertvollen Waldboden und damit unser Wasserreservoire, sie unterbrechen die Luftkühlungsfunktion des Waldes und verschlechtern damit das Kleinklima, sie können nicht löschbar Brände verursachen und sie nehmen uns den Wert des Waldes als Ort der Erholung. Wenn wir die Photovoltaik auf Dächern und versiegelten Flächen sowie zur Beschattung von Feldern ausbauen, brauchen wir zur Stromversorgung keine Windindustrie im Wald.

21.08.202519:19 Uhr
Gabi

Nun ja, gegen Ende dieses Jahrhunderts wird es sowieso keinen Wald mehr in Deutschland geben (+3 Grad, Waldbrände etc). Bei einem Scheitern der Energiewende, was diese Herren wohl bezwecken, wird es vlt. noch schneller gehen. Das erleben diese tapferen Kämpfer freilich nicht mehr.

21.08.202512:01 Uhr
Chris.W

Was ist das hier denn für ein Narrativ?
Ist das noch "Erneuerbare Energien ja, aber bitte nicht vor unserer Haustür", oder ist das schon "menschengemachter Klimawandel ist eine Erfindung der bösen Windindustrie"?
(P.S.: Doch, "vor meiner Haustür" werden auch Windkraftanlagen geplant. Ich würde mich sehr freuen, wenn die wirklich irgendwann errichtet werden!)

Windindustrie ja bitte! antwortete am 22.08.202508:44 Uhr

Keine Sorge, Chris, wir werden demnächst ein paar Windräder vor Ihrer Haustür bauen. Sie sind ja ein großer Fan davon, also viel Freude damit!

Jutta E. antwortete am 22.08.202508:37 Uhr

Sie haben den Artikel leider nicht verstanden. Es geht nicht um WEA ja oder nein, sondern wo der Bau mit großem Zerstörungspotential einhergeht. Ausserdem, wer hektarweise Bäume fällt mit Millionen von Blättern, um den CO2-Gehalt zu senken, hat im Biologieunterricht gefehlt. Aber Ihren Vorschlag, die 280m hohen Windräder direkt vor ihrer Haustür zu bauen, sollten wir annehmen. Die Tiere im Wald brauchen schließlich keinen Strom.

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