Bürgermeisterwahl in Bendorf im Blick

Sascha Schoblocher und Christoph Mohr wollen Stadtchef werden

Sascha Schoblocher und Christoph Mohr wollen Stadtchef werden

Christoph Mohr (l) und Sascha Schoblocher waren zu Gast im Krupp Medienzentrum. Foto ROB

Am Sonntag, 27. September, müssen die Bendorfer eine Antwort auf die wichtig Frage liefern: Wer wird der künftige Bürgermeister in der Stadt am Rhein? Dass bereits im Jahr 2020 die Wahl des neuen Stadtchefs angesetzt wird, kam überraschend. Amtsinhaber Michael Kessler hat im Juni diesen Jahres seinen Rücktritt bekanntgegeben. Bis Ende September muss also ein Nachfolger gefunden werden und zwei Kandidaten möchten Kessler als Bürgermeister beerben: Christoph Mohr tritt als SPD-Kandidat gegen den Christdemokraten Sascha Schoblocher an. Nun kamen die beiden Bewerber um das höchste Stadtamt nach Sinzig zum Redaktionsgespräch mit Hermann Krupp, BLICK aktuell-Chefredakteur und Geschäftsführer des Krupp Verlages, um ihre Pläne für die Zukunft Bendorfs zu erläutern. Weitere Themen waren die Dringlichkeit einer umfassenden Digitalisierung, Bendorfs Perspektiven als Wohnort und ein Wahlkampf, der in Zeiten von Corona etwas anders ausfällt als üblich. Zunächst interessieren Hermann Krupp die persönlichen Hintergründe der beiden Bewerber für das höchste Amt Bendorfs. Christoph Mohr ist in Bendorf stark verwurzelt, insbesondere durch seinen Beruf. Der 38jährige Sozialdemokrat ist Lehrer und 2. stellvertretender Schulleiter des Wilhelm-Remy-Gymnasiums, Familienvater und seit 1999 politisch aktiv. In 2014 ist Mohr erstmals als Stadtratsmitglied ins Rathaus eingezogen und hat somit eine Gemeinsamkeit mit Mitbewerber Sascha Schoblocher. Der CDU-Mann ist ebenfalls seit fünf Jahren Mitglied des Stadtrates, in verschiedenen Ausschüssen aktiv und ein „Ur-Bendorfer“. Der 48jährige wohnt mit seiner Familie in der Innenstadt Bendorfs, ist ausgebildeter Landschaftsarchitekt und mittlerweile in der Baustoffbranche tätig.

„Persönliche Gespräche sind entscheidend“

Der Wahlkampf nimmt langsam an Fahrt auf und Hermann Krupp möchte wissen: „Wie erreichen Sie in diesen herausfordernden Zeiten die Bürger?“ Sascha Schoblocher macht den Anfang. „Am besten mit Abstand“, stellt er fest. Bei den Gesprächen mit den Bendorfern, die derzeit stattfinden, sei ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen gefragt. So werden trotz Corona auch die obligatorischen Haustürbesuche stattfinden, jedoch anders als üblich. Der Abstand soll gewahrt werden und auch der Mund-Nasen-Schutz sei absolute Pflicht, wie Schoblocher betont. Auch trotz dieser Hindernisse komme dem persönlichen Gespräch eine besondere und wichtige Bedeutung bei. Dieser Aussage pflichtet auch Christoph Mohr bei. Der SPD-Bewerber setzt zusätzlich verstärkt auf digitale Lösungen – auch im Wahlkampf. „Wir richten ein Bürgertelefon ein, wo die Bendorfer Fragen und Anregungen äußern können“, sagt er. Außerdem möchte er regelmäßig in Videostreams Rede und Antwort stehen. „Mohr am Montag“ soll dieses Konzept heißen und gemäß des Titels wiederkehrend stattfinden.

Einen wahlkampftypischen Aspekt wird es dieses Jahr in Bendorf nicht geben: Beide Kandidaten verzichten auf Auftritte mit den jeweiligen Politgrößen der Parteien, da Großveranstaltungen angesichts steigender Fallzahlen derzeit nicht angemessen seien.

Bürgernähe als Kernmotiv

„Wo liegen ihre Stärken und wo möchten Sie in Bendorf als Bürgermeister Akzente setzen“, möchte Krupp wissen. Christoph Mohr bezeichnet sich durch seinen Beruf als Lehrkraft als Teamplayer mit Verwaltungserfahrung. Durch seine Tätigkeit konnte er als Führungskraft Erfahrungen sammeln, zum Beispiel beim Leiten von Teams innerhalb des großen Kollegiums des WRG. Diese Erfahrungen möchte er auch in die Stadtverwaltung übertragen. Generell will er als Bürgermeister die Verwaltungsmitarbeiter wieder mehr motivieren und sich für die Bürger einsetzen. Um dies zu realisieren, kann er auf ein breites Netzwerk zurückgreifen. Mohr konnte bereits durch berufliche Erfahrungen als Referent auf Bund- und Länderebene Einblicke in die Politik erhalten und profitiert so von einer Vielzahl von Kontakten. Akzente möchte er in der Bürgerbeteiligung setzen, denn die seien schließlich „Experten für das eigenen Umfeld“, wie Mohr unterstreicht. Außerdem wünscht er sich „mehr wertschätzende Politik für Familienthemen“. Zur ausdrücklichen Chefsache möchte er eine Neuorientierung in Sachen Digitalisierung anstreben, dies jedoch mit Augenmaß insbesondere wenn es um die kommunalen Finanzen geht. Auch Sascha Schoblocher ist die Führungsrolle nicht unbekannt. Durch seinen beruflichen Alltag ist er das Leiten von Teams gewohnt. Generell strebt der Christdemokrat eine enge und vertrauensvolle Mitarbeit an „drei Fronten“ an. Auf Platz Eins stünden dabei die Bürger, deren Belange es zu hören gelte. Der zweite Aspekt seien die Angestellten der Verwaltung. Neben einem konstruktiven Miteinander steht für Schoblocher vor allem die Förderung der Mitarbeiter ganz oben auf der Agenda. „Wir haben in der Verwaltung hoch kompetente Mitarbeiter und unentdeckte Talente sitzen, die es entsprechend zu unterstützen gilt“, sagt er. Außerdem möchte er sich für mehr Gleichberechtigung der einzelnen Parteien und Fraktionen innerhalb der städtischen Gremien einsetzen. Als besonders wichtig empfindet der CDU-Bewerber eine Weiterentwicklung der Bendorfer Innenstadt. Dazu gelte es nun, Ideen zu finden um Bendorf weiter voranzubringen.

Seit einigen Jahren wächst die Einwohnerzahl in Bendorf kontinuierlich. Grund genug für Hermann Krupp, nach dem „Wohnort Bendorf“ zu fragen: „Ist genug Wohnfläche vorhanden?“, möchte er wissen. Sascha Schoblocher möchte mehr Platz für junge Familien mit Kindern schaffen und dies sowohl in der Innenstadt als auch in den Randgebieten. Zum einen sollen neue Baugebiete ausgewiesen werden, aber auch der jetzige Bestand an Immobilien soll berücksichtigt werden. „Wir haben viel Bausubstanz in Bendorf, die es zu entwickeln gilt“, sagt Schoblocher. Christoph Mohr pflichtet dem grundsätzlich bei, legt jedoch den Fokus nicht nur auf junge Familien. Es bedürfe viel mehr eines „Wohnungsmixes“, denn es herrsche auch eine rege Nachfrage nach Apartments mit ein oder zwei Zimmern. Dieser Wohnraum werde dringend benötigt.

„In Bendorf ist nicht alles schlecht“

Nicht nur in Zeiten von Corona hat es der Einzelhandel oft schwer. Innenstädtische Unternehmen zu stützen ist in vielen Kommunen ein großes Thema. „Wie kann sich Bendorf als Wirtschaftsstandort weiterentwickeln?“, lautet die Frage vom BLICK aktuell-Chef. Christoph Mohr beschreibt zunächst den Ist-Zustand. „Wir haben eine Menge Leerstand in der Innenstadt“, stellt er fest. Um den Kern Bendorfs wiederzubeleben, schlägt er vor, einen „echten Leerstandkataster“ auf die Beine zu stellen. Für die Wiederbelebung müsse die Stadt enger mit den Unternehmern zusammenarbeiten. Dabei sollte man auch über die bisherigen Grenzen hinweg denken. So stellt sich Mohr einen Mix aus Online- und stationärem Verkauf für die Bendorfer Einzelhändler vor. Auch für die Wirtschaftsförderung hätte er neue Aufgaben : Statt nur neue Gewerbe anzuwerben, muss ein Dialog zwischen etablierten Unternehmen und der Stadt entstehen. Sascha Schoblocher sieht die Lage als weniger gravierend an. „In Bendorf ist nicht alles schlecht“, sagt er beispielsweise mit Blick auf die Gewerbegebiete. „Dort haben wir ein starkes Handelsgewerbe mit neuen aber auch eingesessenen Unternehmen“, weiß der CDU-Bewerber. Dass Bendorf attraktiv sei, läge besonders an der attraktiven Lage am Rhein zwischen Neuwied und Koblenz. Ganz klar gelte es aber, diese ohnehin vorhandene Attraktivität weiter zu steigern. Das bedeutet für Sascha Schoblocher: Neue Pläne aufstellen und weitere Geschäfte ansiedeln.

„ÖPNV ist ausbaufähig“

„Wie steht es in Bendorf um den Öffentlichen Personennahverkehr und den Zustand der Straßen?“, fragt Krupp. „Zum jetzigen Stand ist der ÖPNV gut aufgestellt“, stellt Sascha Schoblocher fest. Die Situation soll sich künftig positiv weiterentwickeln. Denn 2021 soll Bendorf einen eigenen Bahnhaltepunkt bekommen. Möchten die Bendorfer derzeit mit dem Zug fahren, können sie bisher nur in Engers einsteigen. Als „ausbaufähig“ bezeichnet Schoblocher den allgemeinen Zustand der Straßen, die „von den Kommunen lange Jahre nicht gut behandelt wurden.“

In Bezug auf die Straßen pflichtet Christoph Mohr bei; in Sachen ÖPNV jedoch nicht. Hier herrsche dringender Handlungsbedarf, gerade was den Busverkehr angeht. Die verschiedenen Verkehrsverbände haben die Interessen Bendorfs lange unbeachtet gelassen. Dies könne Mohr besonders am Schülerverkehr feststellen. Insbesondere in den Stadtteilen herrsche Nachholbedarf. Zum Thema Infrastruktur gehört auch der digitale Ausbau. Hier müsse sich laut Sascha Schoblocher dringend etwas tun. Seiner Auffassung nach ist die Versorgung sogar über die Jahre schlechter geworden, gerade in der Bendorfer Innenstadt. Eine flächendeckende Breitbandversorgung sei ein Muss, aber hier „gelte es dicke Bretter zu bohren“. Schließlich sei die Stadt nicht „Herr des Verfahrens“, sondern der jeweilige Internetanbieter.

Ein schnelles Internet für alle zu schaffen sieht auch Christoph Mohr als Kernaufgabe der Verwaltung. Denn davon profitieren sowohl Bürger als auch Wirtschaft und Verwaltung. Und auch Schulen: Ein entsprechender Antrag zur Förderung sei bereits in Mainz gestellt. Besonderen Nutzen sieht Mohr in der Möglichkeit der mittlerweile etablierten Videokonferenzen. Auch die Möglichkeiten zum Homeoffice sollen ausgebaut werden.

Kinderhort und Landesgartenschau als Reizthema

„Zum Thema Familien: In Bendorf wurde der Kinderhort geschlossen – wie beurteilen Sie diese Entwicklung?“, möchte Hermann Krupp wissen. Christoph Mohr hält dies für einen falschen Schritt und lobt insbesondere die Flexibilität für Eltern, die dieses Konzept mit sich brachte. In einem Hort können Kinder kurzfristig in die Betreuung gegeben werden. Nimmt man diese Leistung bei den Grundschulen in Anspruch, muss das Kind täglich kommen. Anders sieht es Sascha Schoblocher und zu diesem Thema gab es bereits hitzige Diskussionen im Stadtrat. Seiner Auffassung nach ist die Kinderbetreuung an Nachmittagen eine originäre Aufgabe der Grundschulen. Generell sei die Schließung des Hortes „schade, aber notwendig“. Dennoch sei es laut dem CDU-Bewerber Schoblocher ungleich wichtiger, aufgrund einer gestiegenen Nachfrage mehr Kita-Plätze zu schaffen. Uneinigkeit herrscht auch bei dem Thema Landesgartenschau, die 2026 in Bendorf stattfinden soll. Christoph Mohr wünscht sich hierbei mehr Bürgerbeteiligung. „Man sollte die Bürger entscheiden lassen, ob man sich durch das Großthema Landesgartenschau sechs Jahre finanziell bindet“, erläutert er und schlägt deshalb einen Bürgerentscheid vor. Schoblocher sieht das anders. „Ein Bürgerentscheid, ob eine Landesgartenschau stattfinden soll, bringt zur Zeit gar nichts“, sagt er. Gerade in diesem frühen Stadium der Planungen. So können man nicht schlicht für „Ja“ oder „Nein“ ankreuzen, wenn die Auswirkungen – zum Beispiel auf die Stadtkasse – nicht vollständig geklärt seien.

Blick in die Zukunft

Zum Schluss verlangt Hermann Krupp von den beiden Bewerbern einen Blick in die Zukunft: „Wie sieht Bendorf unter Ihrer Führung in 8 Jahren aus?“, möchte der BLICK aktuell-Chef wissen.

Sascha Schoblocher würde sich über eine sanierte Innenstadt freuen. Außerdem soll das Thema Landesgartenschau geklärt sein und das Projekt Sayner Hütte abgeschlossen werden. Generell wünsche sich Schoblocher, dass Bendorf eine Stadt bleibe, in der die Menschen gerne leben. Christoph Mohr hat die Hoffnung, dass junge Leute nicht gleich nach dem Abitur in die Ferne gehen, sondern ihrer Heimat treu bleiben. Mohr wünscht sich außerdem mehr Kommunikation zwischen Stadtrat und der Bevölkerung und hofft, dass Bendorf ein schöner Wohnort bleibt, der sein Potenzial weiter entwickeln kann.

Das Interview führte Daniel Robbel.