Kreistag Ahrweiler beschloss fast einstimmig den Haushalt für 2020

Schwarze Null eröffnet Möglichkeiten für zukunftsweisende Investitionen

Landrat Dr. Jürgen Pföhler (CDU) stellte einen Etat mit einem Jahresüberschuss von knapp 185.000 Euro vor

17.12.2019 - 10:01

Ahrweiler. Fast einstimmig verabschiedete der Kreistag Ahrweiler den Haushaltsplan für das Jahr 2020, der mit einer „Schwarzen Null“ abschließt. Bei einem Volumen von 211,7 Millionen Euro weist der Ergebnisplan einen Jahresüberschuss von knapp 185.000 Euro aus. Noch besser sieht es im Finanzhaushalt aus, wo das Plus sogar etwa zwei Millionen Euro beträgt. Lediglich Wolfgang Huste (Die Linke) stimmte mit Nein, weil in dem Zahlenwerk für seine Begriffe zu wenig gegen die Armut getan werde.

Er wurde allerdings in seinem Redefluss ausgebremst, nachdem der Landrat ihn mehrfach ermahnt hatte, sich auf Themen zu konzentrieren, für die der Kreis auch zuständig sei. Hustes Steckenpferd ist nämlich der soziale Wohnungsbau, für den der Kreis zu wenig tue. Deshalb forderte er die Mitglieder des Kreistags dazu auf, sich in ihren jeweiligen Gemeinden für die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft einzusetzen und preiswerten Wohnraum für alle zu errichten, die sich nicht auf der Sonnenseite des Lebens befänden. Er erinnerte an Menschen ohne Wohnung und Menschen auf der Flucht vor Krieg und Armut und appellierte an die Kommunalpolitiker, sie sollten Druck ausüben auf ihre Landes- und Bundespolitiker sowie auf die Vertreter des Europaparlaments. Spätestens jetzt konnte Michael Schneider (CDU) keinen Bezug mehr zur Kreispolitik erkennen und stellte den Geschäftsordnungsantrag, Huste das Rederecht zu entziehen, was auch von der großen Mehrheit der Kreistagsmitglieder befürwortet wurde.


Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Bürger


„Unser Haushalt hat Auswirkungen auf die wirtschaftliche, ökologische und soziale Lebenswirklichkeit der Bürger in einer Tiefe wie kein Haushalt zuvor“, hatte Landrat Dr. Jürgen Pföhler (CDU) zuvor in seiner Haushaltsrede geäußert. „Und besonders wichtig: Er ist nachhaltig und wirkt über das Jahr 2020 hinaus.“ So werde im Ergebnishaushalt die „Schwarze Null“ aus dem Vorjahr bestätigt und der gesetzlich gebotene und von der Aufsichtsbehörde geforderte Haushaltsausgleich erreicht. Das Plus im Finanzhaushalt mache auch im kommenden Jahr Investitionen ohne die Neuaufnahme von Krediten möglich. Gleichzeitig sinke der Schuldenstand um insgesamt 4,8 auf jetzt 63 Millionen Euro. „Wir wollen mit unserem Haushalt die Zukunft gestalten, statt den Mangel zu verwalten“, betonte Pföhler. Sparsames und vorausschauendes Wirtschaften, der Anstieg der Steuerkraft der Gemeinden und steigende Zuschüsse von Bund und Land hätten das gute Ergebnis möglich gemacht.

Zudem erlaube es die gute Haushaltslage, die Kommunen weiterhin zu entlasten. Der Kreisumlagesatz liege unverändert bei 43,15 Prozent und damit unter dem Landesdurchschnitt von 44,11 Prozent. Durch eine Erhöhung der Kreiszuschüsse für Neu- und Umbauten von Kindergärten würden die Kommunen darüber hinaus in den kommenden zwei Jahren zusätzlich um rund 630.000 Euro entlastet. 2,4 Millionen Euro will der Kreis im kommenden Jahr in Umwelt- und Klimaschutz investieren. Darunter fallen das Naturschutzgroßprojekt Obere Ahr-Hocheifel, das Förderprogramm „Artenreiche Wiese – Lebensraum für Biene, Schmetterling & Co.“ und das neue Energiekonzept des Abfallwirtschaftsbetriebes.


Soziales und Jugendhilfe sind die größten Ausgabeposten


Der Sozial- und Jugendhilfeetat ist mit 150 Millionen Euro der größte Posten im Haushalt. Davon will der Kreis unter anderem 46,4 Millionen Euro in die Kindertagesbetreuung investieren, 14,7 Millionen Euro kommen den Familien in Form von Erziehungsberatungen zugute. Der Jugendhilfeetat steigt unter anderem durch den Ausbau der Kindertagesbetreuung um 2,8 auf 69,2 Millionen Euro. 360.000 Euro enthält der Haushalt für die Förderprogramme Ländlicher Raum, Vereinsförderung und Artenreiche Wiese sowie für die kostenlose Nutzung der Sporthallen in kreiseigenen Schulen durch die Vereine. 2020 startet der Kreis außerdem die Initiative „Weitermachen!“ und möchte Vereine mit einer kostenlosen Ehrenamtsschule und weiteren Angeboten fit für die Zukunft machen. Dafür erhält der Kreis über drei Jahre eine Förderung in Höhe von 400.000 Euro vom Bund.

Eine Million Euro stehen im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Schul- und Gebäudemanagement für weitere Schulsanierungen zur Verfügung. Vorgesehen sind zum Beispiel die Vergrößerung der Mensa an der Berufsbildenden Schule und die Heizungssanierung am Rhein-Gymnasium Sinzig. Für die Umsetzung des Digitalpakts in den Schulen sind 3,5 Millionen Euro sowie drei zusätzliche Stellen für System-Administratoren eingeplant. Zusammen mit Landeszuschüssen sind außerdem Investitionen in Höhe von 3,4 Millionen Euro für die Sanierung von Kreisstraßen vorgesehen.


Grünstreifen stoppen nicht das Artensterben


Wolfgang Schlagwein (Bündnis 90/Die Grünen) freute sich, dass Klimaschutz, Energiewende und selbst die Verkehrswende keine Nischenprodukte mehr seien, „und dass im neuen Klima-Mainstream Busse und Bahnen des ÖPNV nicht mehr im Verdacht stehen, freie Bürger in Unfreiheit und Sozialismus zu fahren.“ Er hoffe nicht nur auf breitere Fahrradwege, sondern auch darauf, dass im Konfliktfall der Platz auf den Verkehrswegen zugunsten von Bussen, Fahrrädern und Fußgängern vom Auto freigeräumt werden müsse. Das verheerende Artensterben sei nicht durch Grünstreifen am Wegesrand zu stoppen, und wer der Landwirtschaft Hektar um Hektar fruchtbarsten Boden nehme, um neue Autobahnen, Kreisstraßen oder Gewerbegebiete zu bauen, zwinge die Landwirte dazu, auf immer weniger Flächen immer intensiver zu wirtschaften. Ansätze, wie es gehen könnte, zeige vielleicht das neue Naturschutzprojekt an der mittleren Ahr, „aber da ist noch viel Konjunktiv.“


Potenzial für Senkung der Kreisumlage


Christoph Schmitt (SPD) zeigte sich beeindruckt von einem neuerlichen Rekordhaushalt bezüglich der Höhe des Eigenkapitals, der Schuldentilgung und der Höhe der Kreisumlage. „Hier erwarten wir neue Rekordeinnahmen in Höhe von fast 70 Millionen Euro“, begründete er den erneuten Antrag seiner Fraktion, die Kreisumlage um 1,1 Prozentpunkte zu senken. Angesichts der äußerst guten Haushaltssituation des Kreises sei die Kreisumlage einfach zu hoch, es gebe Potenzial für eine Senkung und damit einhergehende finanzielle Entlastung der Kommunen. Dies sah die große Mehrheit des Kreistags anders und lehnte den Antrag ab. Erfreulich fand Schmitt die Haushaltsansätze im Bereich der Schulen, denn die längst fällige Sanierung und Erweiterung der Mensa und eines Pavillons in der Berufsbildenden Schule werde ebenso durchgeführt wie wichtige Sanierungsmaßnahmen am Erich-Klausener-Gymnasium in Adenau und an der Heizungsanlage am Rhein-Gymnasium Sinzig. „Wir werden also weiterhin in die ohnehin schon gute Infrastruktur unserer Schulen investieren und diese zukunftsfähige aufstellen“, freute sich Schmitt. Die vorgesehene Erhöhung der Baukostenzuschüsse für die Kitas sei ein weiteres wichtiges und richtiges Zeichen an die Kommunen, dass der Kreis sie gerne unterstütze.


Haushalt wetterfest machen für schwierige Zeiten


Ulrich van Bebber (FDP) fand den Haushalt 2020 finanzpolitisch solide, er rüste den Kreis für die Zukunft. Die Solidität sei wichtig, „denn wir wissen, die Zeiten werden schwieriger, die fetten Jahre sind vorbei, jetzt gilt es, den Haushalt wetterfest zu machen.“ Doch gute Ergebnisse seien kein Selbstzweck, sondern eröffneten dem Kreistag einen Gestaltungsspielraum auch für die Herausforderungen der Zukunft. Diese gehe man an durch Investitionen und Engagement im Klimaschutz, aber auch bei der Digitalisierung. Gefördert werde außerdem sowohl die „alte Mobilität“ in Form der Kreisstraßen, für die insgesamt 3,4 Millionen ausgegeben werden, denn diese seien wichtige Lebensadern für die ländliche Region. Aber auch die „neue Mobilität“ werde gestärkt, indem Weichen für ein kreisweites Radwegekonzept gestellt und Fahrradverleihstationen an zentralen Busbahnhöfen und Bushaltestellen eingerichtet würden.


Hausärztliche Versorgung sicherstellen


Dr. Johannes Hüdepohl (AfD) lobte, dass der Kreis keine Liquiditätskredite plane, Schulden weiter abbaue und zudem das Eigenkapital erhöhe. Die Ausgabensteigerung im Bereich „Soziales“ verlangsame sich, was eine Folge der guten Steuerung der Leistungen sei. „Es ist eine rundum gute Entwicklung, deren Zustandekommen von vielen Faktoren abhängt.“ Die Wirtschaft im Kreis, und die neue Standardkampagne „AW stark“ werde sicher auch ihren Beitrag leisten. Mehrheitlich befürwortet – gegen die Stimmen von SPD und Linke – wurde sein Antrag, eine „Niederlassungsinitiative für angehende Ärzte im ländlichen Raum“ zu prüfen. Die hausärztliche Versorgung in der Flächenregionen des Kreises könne zukunftsfest gestaltet werden, indem Stipendien an Medizinstudenten vergeben würden, für die sich die Stipendiaten im Gegenzug zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichten.


Schuldensenkung für den Kreis ist notwendig


Jochen Seifert (FWG) freute sich, dass der Kreishaushalt von der positiven Entwicklung der Steuereinnahmen der Kommunen profitieren. So steige die Kreisumlage gegenüber 2019 nochmals um fast vier Millionen Euro, obwohl im Vorjahr die Gewerbesteuer zurückgegangen sei. „Die Steuerschätzungen sehen im Moment so aus, dass es zu einem Einbruch der Gewerbesteuer kommen kann. „Allein aus diesem Grund wäre es unzweckmäßig, die Umlage zu senken, um sie dann für 2021 wieder zu erhöhen“, begründete er seine Ablehnung des SPD-Vorstoßes. Ohnehin unterstütze der Kreis die Kommunen schon mit 5,8 Millionen Euro, was einer Entlastung von etwa 1,5 Prozent der Kreisumlage gleichkomme. Die FWG sehe mehrheitlich eine Schuldensenkung für den Kreis als notwendig an. Der Kreis nehme durch die Maßnahmen der vergangenen Jahre, die man gemeinsam beschlossen und umgesetzt habe, eine sehr positive Entwicklung. „Die FWG ist der Meinung, dass wir gemeinsam viel erreicht haben.“


Bildung, Klimaschutz, Wirtschaft und Ehrenamt


Karl-Heinz Sundheimer (CDU) ergriff als letzter das Wort und zeigte die Schwerpunkte der politischen Arbeit der CDU auf und nannte vor allem die Bildung. „Wir haben unsere Schulen in den vergangenen Jahren mit über 150 Millionen Euro erweitert und fit für die Zukunft gemacht“, erinnerte er. Die Schulen im Kreis seien auf einem sehr hohen Stand, nächster Schritt sei die Umsetzung des Digital-Paktes. Auch im Bereich der Kita-Versorgung habe man durch Millionen-Investitionen ein sehr gutes Angebot geschaffen. Ein weiterer Eckpunkt sei der Umwelt- und Klimaschutz, „und das nicht erst seit Fridays for Future, sondern schon seit langem.“ Dabei dürfe die Wirtschaft jedoch nicht vernachlässigt werden, „denn wir wollen, dass die Menschen bei uns im Kreis gute und krisenfeste Arbeit finden.“ Dazu gehöre es, Betriebe zu beraten, Bürokratie abzubauen, Gewerbeflächen bereitzustellen, Innovationen voranzutreiben sowie Fördermöglichkeiten und Fachkräfte zu finden. Mit dieser Strategie habe man Erfolg, denn der Kreis Ahrweiler werde immer mehr als attraktive Region wahrgenommen. Besonders hob er die engagierte Unterstützung von Ehrenamt und Vereinen hervor, womit die Dorfgemeinschaften gestärkt und ein wichtiger Beitrag geleistet werde, gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land zu ermöglichen. JOST

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