Kreistag entscheidet sich gegen progressive Kreisumlage

„Sie passt nicht zu den Strukturen, ist ungerecht und leistungsfeindlich“

Landrat Dr. Jürgen Pföhler (CDU) weist darauf hin, dass die finanzstarken Gemeinden ohnehin schon finanzielle Nachteile hätten

28.10.2019 - 13:39

Von unserem Mitarbeiter Volker Jost

Kreis Ahweiler. Keinen Erfolg im Kreistag hatte der Antrag der SPD, mit der Einführung einer progressiven Kreisumlage die finanzschwachen Kommunen im Kreis Ahrweiler zu entlasten, indem die reichen Gemeinden mehr in die Kreiskasse einzahlen sollten. Mit deutlicher Mehrheit von CDU, FWG, FDP und AfD lehnte der Kreistag den Antrag ab, lediglich die Sozialdemokraten selbst und die Grünen stimmten dafür. Der Grafschafter Sozialdemokrat Günter Bach enthielt sich, denn seine Heimatgemeinde wäre mit am stärksten von der Veränderung betroffen gewesen.


Finanzschwache Kommunen sollen entlastet werden


Ab dem kommenden Haushaltsjahr, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph Schmitt, solle eine progressive Kreisumlage eingeführt werden mit fünf Progressionsstufen von jeweils zehn Prozent. „Intention unseres Antrags ist es, Mittel und Wege aufzuzeigen, wie finanzschwache Kommunen entlastet werden können“, führte er aus. In den vergangenen Jahren habe sich die finanzielle Situation in vielen Kommunen zwar deutlich gebessert. Dennoch gebe es nach wie vor eine Reihe von Gemeinden, die Probleme hätten, ihre Haushalte auszugleichen.

„Die Unterschiede in der Steuerkraft zwischen den einzelnen Kommunen sind erheblich und werden in Zukunft weiter ansteigen“, befürchtete Schmitt. Während einige Gewerbegebiete und Unternehmen eine sehr erfolgreiche Entwicklung genommen hätten, gebe es auch Kommunen, die aus topografischen Gründen kein Potential für einen vergleichbaren wirtschaftlichen Erfolg besäßen und somit nur wenig an ihrer Situation ändern könnten. „Eine progressive Kreisumlage wäre ein Mittel, um die großen Finanzkraftunterschiede unserer Kommunen im Kreis Ahrweiler abzuschwächen.“ Insgesamt würden 90 Prozent der Kommunen im Kreis entlastet. „Sie hätten dann wieder etwas mehr Luft in ihren kommunalen Haushalten für die Sanierung von Spielplätzen, Bürgersteiganlagen, Gemeindehallen oder sonstigen Dingen, die für viele kleine Gemeinden nur schwer finanzierbar sind.“


Konterkariert Bemühungen um Arbeitsplatz-Schaffung


Das sah Landrat Dr. Jürgen Pföhler (CDU) anders: „Eine progressive Kreisumlage passt nicht zu den Strukturen im Kreis Ahrweiler, sie ist ungerecht und konterkariert die Bemühungen der wirtschaftsstarken Kommunen um die Ansiedlung von Unternehmen und die Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze.“ Dabei hätten die „reichen“ Kommunen schon jetzt massive finanzielle Nachteile. Sie erhielten nur noch reduzierte Schlüsselzuweisungen des Landes, müssten nach Progressionssätzen gestaffelt zusätzlich eine Finanzausgleichsumlage an das Land zahlen und erhielten darüber hinaus aufgrund der vorhandenen liquiden Mittel keine Zuweisungen mehr aus dem Investitionsstock des Landes.

Zudem hätten sie durch die Erschließung von Gewerbegebieten ohnehin schon höhere Kosten für die dafür notwendige Infrastruktur zu stemmen. „Andere Gemeinden haben diese Kosten nicht, profitieren dann aber von der progressiven Kreisumlage“, schüttelte der Landrat den Kopf. So habe die Gemeinde Grafschaft für die Erstellung des Innovationsparks Rheinland sowie des Gewerbegebietes Gelsdorf insgesamt rund 44 Millionen Euro investieren müssen.


Im Nachhinein bestraft, demoralisiert und frustriert


Ähnlich sei es in der Gemeinde Meuspath. „Es war vor 25 Jahren eine echte Pionierleistung, sich über drei Ortsgemeinden, aber auch über drei Verbandsgemeinden und sogar drei Landkreise hinweg zusammen zu tun und das Gewerbegebiet Nürburgring zu erschließen“, blickte Pföhler zurück. Obwohl der Anfang nicht einfach gewesen sei, laufe das Gewerbegebiet heute erfolgreich. „Aber diese 25 Jahre waren für die Ortsgemeinde eine finanzielle Durststrecke. Jetzt kommt sie nach so langer Zeit endlich in die schwarzen Zahlen – und hätte durch eine progressive Kreisumlage eine um 80.000 Euro höhere Belastung. Damit wird sie für ihren damaligen Mut quasi im Nachhinein bestraft, demoralisiert und frustriert.“ Außerdem entstünden in den Gewerbegebieten zahlreiche Arbeitsplätze, die auch von den Einwohnern der umliegenden Gemeinden besetzt würden und sich durch höhere Einkommenssteuern auf deren Haushalt auswirkten.

Das bestätigte Michael Schneider (CDU) aus der Grafschaft, der feststellte: „Es waren verdammt harte Jahre für die Gemeinde Grafschaft, bis die Ansiedlung von Haribo gelungen war.“ Nun habe man endlich etwas Luft zum Atmen und habe darüber hinaus auch dazu beigetragen, dass die Kreisumlage um einen Prozentpunkt gesenkt werden konnte. Außerdem müsse man auch die Nachteile sehen, die die Grafschaft durch die erfolgreichen Gewerbegebiete hätten. So habe die heimische Landwirtschaft wertvollen landwirtschaftlichen Boden verloren, und die Menschen seien enormen Belastungen durch Lärm, Verkehr und Emissionen ausgesetzt. Und nach wie vor habe die Grafschaft einen hohen Schuldenstand, der erst einmal abgebaut werden müsse.


Kommunale Reichensteuer ist abzulehnen


Den Argumenten schloss sich CDU-Fraktionssprecher Karl-Heinz Sundheimer an und fand: „Eine weitere Belastung ist ungerecht und führt zu Unfrieden zwischen den Gemeinden.“ Dr. Johannes Hüdepohl (AfD) sah in der Kreisumlage sogar eine „kommunale Reichensteuer“, die abzulehnen sei. FWG-Fraktionsvorsitzender Jochen Seifert ergänzte, Ursache der kommunalen Finanzmisere sei das Land durch den desolaten Kommunalen Finanzausgleich. Bevor man überhaupt an eine progressive Kreisumlage denken könne, müsse eine andere Grundlage geschaffen werden. Dann würde es auch den schlechter gestellten Kommunen im Kreis Ahrweiler besser gehen. Durch eine progressive Kreisumlage werde der ohnehin schon komplizierte kommunale Finanzausgleich noch komplizierter und am Ende leistungsfeindlicher, glaubt FDP-Fraktionsvorsitzender Ulrich van Bebber. „Entscheidend für uns als Kreis ist es aber, dass Arbeitsplätze geschaffen werden.“

Nur Grünen-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schlagwein unterstütze den SPD-Vorstoß und erklärte, dass seine Fraktion die Systementscheidung zugunsten der progressiven Kreisumlage getroffen habe. Die damit erzielten Mehreinnahmen seien notwendig, „denn wer den Klimawandel bremsen und den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen will, muss in dieser Aufgabe auch investieren, also die finanziellen Mittel bereitstellen. JOST

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Geldautomatensprengungen in Andernach und Montabaur

Polizei schnappt Automatensprenger: 20-Jähriger erbeutete mehrere hunderttausend Euro

Region. Nach einer Serie von Geldautomatensprengungen führten die Staatsanwaltschaft und die Polizei Köln am Morgen des 24. April Durchsuchungen in mehreren Privatwohnungen und Büros in Köln, Rheinbach und Heimerzheim sowie in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen durch. Die umfangreichen Ermittlungen konzentrierten sich auf einen 20-jährigen Mann, der seit Februar 2024 in Haft ist und eine Strafe für ein Raubdelikt verbüßt. mehr...

Angeklagte sollen Frau schwer misshandelt, zur Prostitution gezwungen und getötet haben

Nach Mord im Koblenzer Rotlichtmilieu: Anklage gegen zwei Personen erhoben

Koblenz. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilt, wurde nach dem Tötungsdelikt im Koblenzer Rotlichtmilieu vergangenen November nun Anklage gegen eine 40-jährige Frau und einen 48 Jahre alten Mann (beide bulgarischer Nationalität) erhoben. Den beiden Beschuldigten wird zur Last gelegt, eine mit ihnen zusammenlebende 31-jährige Bulgarin grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben.... mehr...

Regional+
 

Wer kann Angaben zum Unfallgeschehen machen?

Zeugen nach Verkehrsunfallflucht gesucht

Ehlscheid. Am 26. April, zwischen 06:55 Uhr und 15:50 Uhr, befand sich der PKW der Geschädigten auf dem Parkplatz der Tierarztpraxis in der Gommerscheider Straße. Bei der Rückkehr zum Fahrzeug bemerkte die Geschädigte eine großflächige Beschädigung im Bereich der linken Fahrzeugseite ihres PKW. Zeugen werden gebeten, mögliche Hinweise der Polizeiinspektion Straßenhaus unter Tel. 02634/9520 oder per E-Mail: pistrassenhaus@polizei.rlp.de. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
19-Jährige im Zug durch unbekannten Täter belästigt

Ermittlungen nach sexueller Belästigung in Regionalbahn auf der Fahrt von Frankfurt/Main nach Koblenz

19-Jährige im Zug durch unbekannten Täter belästigt

Koblenz. Am Donnerstagmittag, 25. April zwischen 11.30 und 12.30 Uhr soll es in der Regionalbahn 4256, auf der Fahrt von Frankfurt/Main nach Koblenz, zu einer sexuellen Belästigung einer 19-Jährigen gekommen sein. mehr...

Pkw prallte mit großer Wucht gegen einen Baum

Hubschraubereinsatz bei schwerem Verkehrsunfall auf der B 478 zwischen den Ortschaften Ruppichteroth Ahe und Harth

Pkw prallte mit großer Wucht gegen einen Baum

Ruppichteroth. Am Donnerstagnachmittag, 25. April 2024 um 16.20 Uhr wurde der Leitstelle der Polizei durch die Rettungsleitstelle des Rhein-Sieg-Kreises ein Verkehrsunfall mit verletzten Personen auf der B 478 zwischen den Ortschaften Ruppichteroth Ahe und Harth gemeldet. mehr...

FWG Andernach e.V. lädt ein

Infostände am 4. und 11. Mai

Andernach. Die Freie Wählergruppe Andernach e.V. (FWG) lädt die Bürgerinnen und Bürger von Andernach zu ihren Infoständen ein. Diese finden am 4. und 11. Mai am Historischen Rathaus in Andernach statt. mehr...

Erfolgreiche Saisoneröffnung

TC Rengsdorf

Erfolgreiche Saisoneröffnung

Rengsdorf. Jüngst startete der TC Rengsdorf in die Saison. Viele Interessierte jeden Alters fanden den Weg zu dem Verein, um den Tennissport einmal auszuprobieren oder um wieder einzusteigen. Alle SpielerInnen... mehr...

Jetzt für Läufe der LG Rhein-Wied anmelden

Andernach/Neuwied. Die Saison der Laufveranstaltungen beginnt, und damit auch die Anmeldephase für die Großveranstaltungen der LG Rhein-Wied. Der „Deichlauf präsentiert von Rhodius“ (Freitag, 14. Juni)... mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Cornelia Lachmuth:
Für mich klingt das nach Befangenheit. Nie gab es Probleme dort. Alle Kontrollen waren, selbst 4 Monate zuvor, noch in Ordnung. Ich kenne den Hof und habe selber keine tierschutzrelevanten Mängel erkennen können. Viele andere Leute vom Fach, ebenfalls nicht. ...
Erika Hoffmann :
Ja, Kontrolle ist gut...aber Hilfeleistung wäre besser!! Wenn Menschen einen Gnadenhof leiten, dann sind das Tierfreunde! Ihnen Geldgier zu unterstellen, ist gemein!! Ich zahle gerne meine Hundesteuer, hoffe das dieses Geld gerade Gnadenhoefen zugute kommt!!! ...
Ilka Dopheide:
Ich verfolge diese Geschichte bzw.alles was mit dem Gnadenhof zu tun hat. Anstatt sich um wirkliche Missstände zu kümmern wird solchen Denuziaten geglaubt. Es ist wirklich beschämend was sich dort abspielt. Die meisten Hunde würden wenn sie da weg müssten nicht überleben. Die Herdenschutzhunde haben...

Bad Neuenahr-Ahrweiler: Hunde bitte anleinen

Veronika Brieda :
Es wäre wünschenswert wenn die Stadt Bad-Neuenahr-Ahrweiler ein Hundeplatz zur Verfügung stellen würde. Hunde wollen gerne mal frei ohne Leine laufen. Haben Sie Verständnis? Mit freundlichen Grüßen Veronika Brieda ...
Amir Samed :
HR Kühnert, auch Talkshow-Kevin genannt, ist allgemein bekannt für seine Forderungen nach Verstaatlichung. In seinem Weltbild ist es Diebstahl, wenn ein Mensch sein Leben lang hart arbeitet und sich zur Altersvorsorge ein Haus baut. Stattdessen sollte dieser sein hart verdientes Geld dem Staat überlassen,...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service