Kreistag entscheidet sich gegen progressive Kreisumlage

„Sie passt nicht zu den Strukturen,ist ungerecht und leistungsfeindlich“

Von Von unserem Mitarbeiter Volker Jost

Kreis Ahweiler. Keinen Erfolg im Kreistag hatte der Antrag der SPD, mit der Einführung einer progressiven Kreisumlage die finanzschwachen Kommunen im Kreis Ahrweiler zu entlasten, indem die reichen Gemeinden mehr in die Kreiskasse einzahlen sollten. Mit deutlicher Mehrheit von CDU, FWG, FDP und AfD lehnte der Kreistag den Antrag ab, lediglich die Sozialdemokraten selbst und die Grünen stimmten dafür. Der Grafschafter Sozialdemokrat Günter Bach enthielt sich, denn seine Heimatgemeinde wäre mit am stärksten von der Veränderung betroffen gewesen.

Finanzschwache Kommunen sollen entlastet werden

Ab dem kommenden Haushaltsjahr, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph Schmitt, solle eine progressive Kreisumlage eingeführt werden mit fünf Progressionsstufen von jeweils zehn Prozent. „Intention unseres Antrags ist es, Mittel und Wege aufzuzeigen, wie finanzschwache Kommunen entlastet werden können“, führte er aus. In den vergangenen Jahren habe sich die finanzielle Situation in vielen Kommunen zwar deutlich gebessert. Dennoch gebe es nach wie vor eine Reihe von Gemeinden, die Probleme hätten, ihre Haushalte auszugleichen.

„Die Unterschiede in der Steuerkraft zwischen den einzelnen Kommunen sind erheblich und werden in Zukunft weiter ansteigen“, befürchtete Schmitt. Während einige Gewerbegebiete und Unternehmen eine sehr erfolgreiche Entwicklung genommen hätten, gebe es auch Kommunen, die aus topografischen Gründen kein Potential für einen vergleichbaren wirtschaftlichen Erfolg besäßen und somit nur wenig an ihrer Situation ändern könnten. „Eine progressive Kreisumlage wäre ein Mittel, um die großen Finanzkraftunterschiede unserer Kommunen im Kreis Ahrweiler abzuschwächen.“ Insgesamt würden 90 Prozent der Kommunen im Kreis entlastet. „Sie hätten dann wieder etwas mehr Luft in ihren kommunalen Haushalten für die Sanierung von Spielplätzen, Bürgersteiganlagen, Gemeindehallen oder sonstigen Dingen, die für viele kleine Gemeinden nur schwer finanzierbar sind.“

Konterkariert Bemühungen

um Arbeitsplatz-Schaffung

Das sah Landrat Dr. Jürgen Pföhler (CDU) anders: „Eine progressive Kreisumlage passt nicht zu den Strukturen im Kreis Ahrweiler, sie ist ungerecht und konterkariert die Bemühungen der wirtschaftsstarken Kommunen um die Ansiedlung von Unternehmen und die Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze.“ Dabei hätten die „reichen“ Kommunen schon jetzt massive finanzielle Nachteile. Sie erhielten nur noch reduzierte Schlüsselzuweisungen des Landes, müssten nach Progressionssätzen gestaffelt zusätzlich eine Finanzausgleichsumlage an das Land zahlen und erhielten darüber hinaus aufgrund der vorhandenen liquiden Mittel keine Zuweisungen mehr aus dem Investitionsstock des Landes.

Zudem hätten sie durch die Erschließung von Gewerbegebieten ohnehin schon höhere Kosten für die dafür notwendige Infrastruktur zu stemmen. „Andere Gemeinden haben diese Kosten nicht, profitieren dann aber von der progressiven Kreisumlage“, schüttelte der Landrat den Kopf. So habe die Gemeinde Grafschaft für die Erstellung des Innovationsparks Rheinland sowie des Gewerbegebietes Gelsdorf insgesamt rund 44 Millionen Euro investieren müssen.

Im Nachhinein bestraft,

demoralisiert und frustriert

Ähnlich sei es in der Gemeinde Meuspath. „Es war vor 25 Jahren eine echte Pionierleistung, sich über drei Ortsgemeinden, aber auch über drei Verbandsgemeinden und sogar drei Landkreise hinweg zusammen zu tun und das Gewerbegebiet Nürburgring zu erschließen“, blickte Pföhler zurück. Obwohl der Anfang nicht einfach gewesen sei, laufe das Gewerbegebiet heute erfolgreich. „Aber diese 25 Jahre waren für die Ortsgemeinde eine finanzielle Durststrecke. Jetzt kommt sie nach so langer Zeit endlich in die schwarzen Zahlen – und hätte durch eine progressive Kreisumlage eine um 80.000 Euro höhere Belastung. Damit wird sie für ihren damaligen Mut quasi im Nachhinein bestraft, demoralisiert und frustriert.“ Außerdem entstünden in den Gewerbegebieten zahlreiche Arbeitsplätze, die auch von den Einwohnern der umliegenden Gemeinden besetzt würden und sich durch höhere Einkommenssteuern auf deren Haushalt auswirkten.

Das bestätigte Michael Schneider (CDU) aus der Grafschaft, der feststellte: „Es waren verdammt harte Jahre für die Gemeinde Grafschaft, bis die Ansiedlung von Haribo gelungen war.“ Nun habe man endlich etwas Luft zum Atmen und habe darüber hinaus auch dazu beigetragen, dass die Kreisumlage um einen Prozentpunkt gesenkt werden konnte. Außerdem müsse man auch die Nachteile sehen, die die Grafschaft durch die erfolgreichen Gewerbegebiete hätten. So habe die heimische Landwirtschaft wertvollen landwirtschaftlichen Boden verloren, und die Menschen seien enormen Belastungen durch Lärm, Verkehr und Emissionen ausgesetzt. Und nach wie vor habe die Grafschaft einen hohen Schuldenstand, der erst einmal abgebaut werden müsse.

Kommunale Reichensteuer

ist abzulehnen

Den Argumenten schloss sich CDU-Fraktionssprecher Karl-Heinz Sundheimer an und fand: „Eine weitere Belastung ist ungerecht und führt zu Unfrieden zwischen den Gemeinden.“ Dr. Johannes Hüdepohl (AfD) sah in der Kreisumlage sogar eine „kommunale Reichensteuer“, die abzulehnen sei. FWG-Fraktionsvorsitzender Jochen Seifert ergänzte, Ursache der kommunalen Finanzmisere sei das Land durch den desolaten Kommunalen Finanzausgleich. Bevor man überhaupt an eine progressive Kreisumlage denken könne, müsse eine andere Grundlage geschaffen werden. Dann würde es auch den schlechter gestellten Kommunen im Kreis Ahrweiler besser gehen. Durch eine progressive Kreisumlage werde der ohnehin schon komplizierte kommunale Finanzausgleich noch komplizierter und am Ende leistungsfeindlicher, glaubt FDP-Fraktionsvorsitzender Ulrich van Bebber. „Entscheidend für uns als Kreis ist es aber, dass Arbeitsplätze geschaffen werden.“

Nur Grünen-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schlagwein unterstütze den SPD-Vorstoß und erklärte, dass seine Fraktion die Systementscheidung zugunsten der progressiven Kreisumlage getroffen habe. Die damit erzielten Mehreinnahmen seien notwendig, „denn wer den Klimawandel bremsen und den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen will, muss in dieser Aufgabe auch investieren, also die finanziellen Mittel bereitstellen.