Leserbrief von Emily Kuhlen (MSS 10) zur Schließung des Gymnasiums Nonnenwerth

„Verbunden sind auch die Schwachen mächtig“

„Verbunden sind auch die Schwachen mächtig“

Das Franziskus-Gymnasium Nonnenwerth.Foto Franziskus Gymnasium Nonnenwerth

„Ich weiß gar nicht, wie ich in Worte fassen soll, was mich in Tagen wie diesen beschäftigt und es kostet mich unheimlich viel Kraft diesen Brief hier zu verfassen und dennoch habe ich immer noch einen Funken Hoffnung. Auch wenn dieser inzwischen von einer großen lodernden Flamme zu einem eher mickrigen Funken geschrumpft ist, noch ist er nicht erloschen. Einen Funken Hoffnung, dass alle Beteiligten sich einmal zusammenreißen, zur Vernunft kommen. Einmal vernünftig miteinander reden und eine Lösung finden. Lange genug habe ich das Geschehen verfolgt. Den Verkauf der Insel mitsamt Schule im August 2020 schweigend hingenommen. Schon dort fiel es mir schwer, doch ich hatte feste Hoffnung, dachte es würde sich wohl nicht allzu viel durch einen neuen Träger verändern, denn das wurde uns so zugesichert. Die Schwestern waren noch vor Ort, alles war wie immer, lediglich die Verwaltung kam in andere Hände, alles war gut. Doch genau dort liegt jetzt das Problem. Wo sind wir auf unserem Weg falsch abgebogen? Welche Probleme gibt es, die man nicht lösen kann? Oder will man sie einfach nur nicht lösen? War das alles von Anfang an der Plan des Trägers? Wurde unsere Schule gekauft, um sie dann wenig später zu schließen? Oder war es wirklich nur eine Reihe unglücklicher Missverständnisse? Ich glaube gerne und immer an das Gute in jedem Menschen, doch so langsam wird es schwierig. Warum wird die Trägerschaft nicht einfach abgegeben? Es gibt doch so viele Möglichkeiten. So viele Menschen wollen uns als Schule Nonnenwerth helfen. Uns wollen sie helfen. Uns Schülern, den Lehrern und auch dem Träger. Der ganzen Schule mit allen die dazugehören. Niemand hat den Träger je abgelehnt. Keiner hatte Vorurteile dem Träger gegenüber und als der Brandschutz zum Problem wurde, gab es direkt viele Hilfsangebote und Möglichkeiten. Jeder Vorschlag wurde abgelehnt. Wird nicht erkannt, wie wir kämpfen? Ist dem Träger bewusst, dass damit nicht „nur“ unsere Schule weggenommen wird, sondern unsere Schulgemeinschaft und unser sicheres Umfeld gleich mit? Ich verstehe das wirklich nicht. So sehr ich es auch verstehen will und so sehr ich versuche es zu verstehen, ich verstehe es nicht. „Ein reibungsloser Ablauf des Schuljahres soll unbedingt gewährleistet werden“ – ein klitzekleiner positiver Satz in einem Schreiben, welches ganz und gar nicht positiv ist. Doch wie soll das gehen? Wie soll man das Schuljahr ordentlich zu Ende bringen, wenn man die Gedanken der Schulschließung so gut wie ständig im Kopf hat? Wie soll das gehen, wenn man nebenbei nach anderen neuen Schulen suchen und feststellen muss, dass keine dieser Alternativschulen auch nur ansatzweise an sein liebgewonnenes Nonnenwerth heranreicht? Wie soll das gehen, wenn man ständig die innere Uhr ticken hört, die einem sagt, dass man all das bald loslassen muss? Wie soll das gehen, wenn jede absolvierte Unterrichtsstunde einfach nur eine weitere abgelaufene Stunde ist, die man weniger auf der wunderschönen Insel verbringen kann? Wie soll das gehen, wenn man förmlich spürt wie einem die Zeit davon rennt? Wie soll das gehen, wenn man morgens das Gebäude erblickt und in Tränen ausbricht, weil einem mal wieder bewusst wird, dass man all das bald verliert? Es geht nicht. Wir alle lieben Nonnenwerth. Wir sind nicht nur eine Schule und wir sind auch nicht nur eine sehr starke Schulgemeinschaft. Viele sehen in Nonnenwerth so etwas wie ihre zweite Familie.

Wenn man mich fragt, was ich an Nonnenwerth so mag, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Allein schon die Lage ist einfach schön. Die morgendliche Fahrt mit der Fähre, die vielen schönen Gespräche, die dort entstehen, die Insel, auf der man so wunderbare Spaziergänge machen kann. Und wenn im Sommer die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, man den Rhein hört und die Wiese mit den Gänseblümchen sieht, dann weiß man, man ist zu Hause. Wie oft habe ich schon in meinen freien Stunden einfach nur meine Runden über die Insel gedreht. Abgeschaltet und mich nach einer anstrengenden Unterrichtsstunde etwas entspannt. Und das soll ich jetzt aufgeben müssen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich kann mir nicht vorstellen ohne unser Nonnenwerth leben zu müssen. Ohne die vielen netten Menschen, die Gesichter, die man auf den Fluren sieht, wenn man von Unterricht zu Unterricht zieht. Das Lächeln, welches man an jeder Ecke trifft. Das freundliche „Guten Morgen“ zu Beginn einer jeden Stunde und auch das Gebet am Tagesanfang kann und will ich mir nicht wegdenken. Ich bin fest davon überzeugt, mit Nonnenwerth an die beste Schule gelangt zu sein. So viele Tage habe ich auf der Insel verbracht und ich bereue keine einzigen. Die Verbundenheit aller Nonnenwerther spürt man in jeder Sekunde und Sie müssen wissen, dass sie nur stärker wird, je schwieriger die Situation wird. Keiner von uns ist bereit Nonnenwerth aufzugeben. Erst recht nicht kampflos. Wir werden nicht schwächer. Wir werden nur stärker. Auch, wenn es an vielen Tagen schwer sein mag. Wir unterstützen uns gegenseitig und werden nicht aufgeben. Geben Sie uns unsere Schule zurück. Lassen Sie uns unser Leben wie gewohnt weiterleben. Denn eines kann ich Ihnen sagen: „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig“ (Friedrich Schiller).“

Emily Kuhlen (MSS 10), Remagen