
Am 04.09.2025
PolitikRedaktionsgespräch zur Oberbürgermeisterwahl der Stadt Koblenz
Wer wird der nächste Koblenzer Oberbürgermeister?
Die Koblenzerinnen und Koblenzer haben am 21. September die Wahl, wenn es darum geht, den Oberbürgermeister für die nächsten acht Jahre zu wählen - in diesem Jahr werben vier Kandidaten um die Stimmen der Wahlberechtigten. Damit diese sich ein besseres Bild machen können, lud Susanne Tack, Geschäftsführerin des Krupp-Verlags, sie nach Sinzig zum Redaktionsgespräch: David Langner (SPD, unabhängig antretend), Ernst Knopp (CDU), David Dasbach (Die Partei), Markus Meixner (AfD).
Sinzig. Es sollte kein direkter politischer Schlagabtausch werden, sondern eine Darstellung der eigenen Positionen, damit sich die Leserinnen und Leser ihr eigenes Bild machen können. Susanne Tack bat ihre Gäste, sich selbst kurz vorzustellen und die Motivation für die Bewerbung um das Amt des Oberbürgermeisters darzulegen.
CDU-Kandidat Ernst Knopp ist seit elf Jahren Mitglied des Koblenzer Stadtrats und u.a. Mitglied des Haupt- und Finanzausschusses. Der Consultant eines großen Softwareunternehmens benennt seine Motivation, sich um das Amt zu bewerben: „Koblenz kann`s besser!“ Wenn etwas möglich sei, solle man es auch versuchen, sagt er.
Markus Meixner lebt seit 2013 in Koblenz. Der 32-Jährige ist Zerspanungsmechaniker, nach einem Fernstudium Techniker, Konstrukteur und bald technischer Betriebswirt. Dies seien „gute Voraussetzungen für das Amt“ des Koblenzer OB, sagt er. Er will „nicht nur kritisieren, auch machen“. In der Politik ist er ganz neu, seit einem Jahr in der AfD.
David Dasbach ist 47 Jahre alt und nach eigener Aussage bereits seit fast 30 Jahren politisch aktiv. Der Lehrer auf dem Asterstein war u.a. Kreisvorsitzender der heutigen Linken, bevor er die Partei wechselte. Angetreten sei er „spontan“, berichtet er, als „links-progressive Stimme“ und „wirkliche Alternative“ zu den anderen Kandidaten.
Amtsinhaber David Langner wurde 1975 in Koblenz geboren. Als „echter Schängel“ Oberbürgermeister dieser Stadt zu sein, sei „eine tolle Sache“, sagt er. In den bisherigen acht Jahren habe man „viel erreicht“, Krisen bewältigt und sei trotzdem alles angegangen, was im letzten Wahlkampf auf der Agenda stand und während der Amtszeit noch dazu kam. Er wünscht sich für die nächste Amtszeit Kontinuität und will kommende Herausforderungen angehen.
Knopp: „Man muss die Bürger ernst nehmen.“
Dem will Herausforderer Ernst Knopp sogleich widersprechen, seien doch etwa nur die Hälfte der versprochenen Wohnungen gebaut worden. Besonders im Niedrigpreissektor gebe es einen „immensen“ Druck. Damit wären wir bei der Bestandsaufnahme. Susanne Tack will wissen, wie die Kandidaten den Zustand der Stadt Koblenz aktuell beschreiben. Das Thema Sicherheit, so Knopp weiter, sei „eines der wichtigsten“. Koblenz sei nicht sicher? hakt die Geschäftsführerin ein. Es betreffe alle Alters- und Personengruppen, antwortet der CDU-Kandidat. „Man muss die Bürger ernst nehmen.“
David Dasbach sieht viel Dinge „äußerst positiv“. Am Beispiel Lützel hebt er hervor, was alles für strukturschwache Stadtteile gemacht wurde. Aber: Beim sozialen Wohnungsbau gebe es Bedarf. Beim Verkehr müsse perspektivisch einiges geschehen. Beim Thema Sicherheit winkt er ab. Koblenz sei heute „so sicher wie nie“.
Langner: Trotz der Krisen vieles geschafft
„Die Koblenzer sind stolz auf ihre Stadt“, so David Langner. Nicht zuletzt während der Pandemie und der Gasmangellage in Folge des Ukrainekriegs hätten die Koblenzer gemeinsam viel geschafft. Dabei habe auch eine gute Kommunikation geholfen. Für die Menschen sei es wichtig, dass man sich in solchen Situationen auf die Verwaltung verlassen könne. Und trotz der Krisen habe man viel neues geschafft. Er nennt beispielhaft den ÖPNV und eine Entwicklung beim Thema Fahrradverkehr. Die IHK habe die Stadt als „dynamischen Standort“ bewertet; tatsächlich sei Koblenz Wirtschaftsraum und Herz der Region. Beim Thema Sicherheit gab er zu bedenken, dass dies eine Landes- und Bundesangelegenheit sei - die Macht des Oberbürgermeisters solle man in diesem Punkt „nicht überbewerten“.
Markus Meixner nennt eine „unkontrollierte Massenmigration“ und deren „Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt“. Er spricht von 10.000 Bürgergeldempfängern im Stadtgebiet, wovon „die Hälfte“ ohne deutschen Pass sei. Aber das kann doch der Oberbürgermeister nicht regeln, wirft Susanne Tack ein. Zum Beispiel mit einer Bezahlkarte, antwortet der AfD-Kandidat. Andere Kommunen seien da „deutlich weiter“. Bei der Sicherheit sieht er „keine Entwicklung, die man tolerieren kann“. Gibt es denn Verbesserungspotenzial? Beim Verkehr sei viel geschehen. Doch David Dasbach wünscht sich einen „ökologischen Umbau“. Im kulturellen Bereich gibt es für ihn „viele konventionelle Angebote“ - auch das müsse sich ändern, die Angebote auch mehr in die Peripherie rücken. Beim ÖPNV sei die Richtung richtig, wobei es aber noch viel Potenzial gebe. Das muss aber auch finanziert werden, wirft Susanne Tack ein. Die Mittel seien schon da, so Dasbach; die Prioritäten müssten anders gesetzt werden.
David Langner nennt Lebensqualität als oberstes Ziel. „Die Menschen sollen sich wohlfühlen.“ Dazu sei viel investiert worden. Das sei gut für die Wirtschaft, aber die Menschen in Koblenz profitierten eben auch davon. Die Fachkräftesicherung sei ein großes Thema unserer Zeit, sagt er. Man habe den Schienenhaltepunkt Rauental „aus der Schublade“ gezogen. Beim Thema Verkehr wolle und müsse man die Alternativen stärken - der Klimawandel sei daher auch für die Stadtplanung wichtig. Beim Wohnungsbau sieht er ein Vorankommen. „Wir sind alle Dinge angegangen.“ Natürlich erschwere die konjunkturelle Lage Vorhaben. Koblenz sei „eine Stadt des Miteinanders“, so Langner, gleichermaßen bei den Generationen wie auch bei den Kulturen. Als nächstes wolle man Angebote schaffen für Menschen, die einsam sind.
Meixner: Bundeswehrstandort stärken
Markus Meixner sieht Verbesserungspotenziale bei der Digitalisierung der Verwaltung. Als OB strebe er eine Zusammenarbeit „mit deutschen KI-Unternehmen“ an, um Behördengänge online zu ermöglichen. Den Bundeswehrstandort Koblenz will Meixner als großen Wirtschaftsfaktor stärken.
Ernst Knopp möchte Koblenz „zukunftsfähig machen und gestalten“. Dazu plant er Verwaltungsakte zu beschleunigen. „Wir brauchen viel mehr digitalisierte Prozesse“, KI-Agenten, die Mitarbeitende unterstützen. In der Verwaltung sieht er einen großen „Aufholbedarf“. Die Menschen in den Stadtteilen dürften nicht aus dem Fokus geraten, führt er weiter aus. Bürger beklagten den Abbau von Infrastruktur; das sei besonders für Ältere schwierig. Beim Haushalt der Stadt will er „dafür sorgen, dass Geld reinkommt“ und eine angemessene kommunale Finanzausstattung durch das Land nötigenfalls einklagen.
Gewerbesteuereinnahmen höher als geplant
Als Nächstes erkundigt sich Susanne Tack nach den Ansichten der Kandidaten zum Wirtschaftsstandort, zum Tourismus und zur Buga. „Koblenz ist sehr stark“, sagt Amtsinhaber David Langner. Es gebe starke Unternehmen und es werde investiert. Die Einnahmen bei der Gewerbesteuer (höher als geplant) seien „gute Signale“. Bei den Übernachtungszahlen wurde 2024 wieder ein neuer Rekord erreicht. Neue Hotelstandorte, auch im Hinblick auf die Bundesgartenschau bedeuteten eine „große Chance“.
Bei der Buga müsse man allerdings auch bedenken, dass Koblenz diesmal kein Kerngebiet sei. Daher sei auch die Erreichbarkeit ein wichtiges Thema - hier wolle man die Wasserstraße nutzen und ein solches Angebot dauerhaft etablieren. Man überlegt, wie Tiny-Häuser dauerhaft im Stadtgebiet etabliert werden können. Grundsätzlich wolle man diverse Punkte bis zur Buga weiterentwickeln und nicht erst kurz vorher anfangen.
Koblenz ist eine attraktive Stadt, findet auch Markus Meixner. Doch bei der Denkmalpflege sieht er einen Mangel - das will er als OB ändern. Außerdem will er diverse Klimamaßnahmen „in Frage stellen“. Unternehmen fühlten sich gegängelt durch zu hohe bürokratische Hemmnisse. Zudem müssten gut ausgebildeten Fachkräften Perspektiven geboten werden. Er sieht einen „Trend“, dass solche Menschen die Region oder sogar das Land verlassen. Auf Nachfrage Susanne Tacks kann er allerdings keine belastbaren Belege dazu liefern. Zur Bundesgartenschau sei indes innerhalb seiner Partei die „Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen“.
Nur neue Parkdecks zur Buga?
Ernst Knopp fordert Gewerbesteuerzahler zu unterstützen, „dass sie dauerhaft in Koblenz bleiben“. Um attraktiv zu bleiben, nennt er unterschiedliche Ansätze, etwa Wohnungen für Mitarbeitende aus Mangelberufen bereitzustellen – z.B. für Erzieher, die sich hier neu ansiedeln, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Rahmenbedingungen für den Gesundheitsstandort Koblenz zu verbessern. Beim Tourismus sei die Stadt laut einer Studie hinter dem Platz von 2010 zurückgefallen, sagt er. Knopp erinnert, Koblenz spiele bei der Buga eine „Nebenrolle“. Er mahnt, nicht nur neue Parkdecks für das Großereignis zu bauen, sondern für Koblenz eine angemessene Rolle innerhalb der Buga einzufordern.
Dasbach: „Urbanität neu denken“
David Dasbach merkt an, dass große Touristenzahlen auch Probleme bringen können. Daher müsse man für die Anwohner mitdenken. Er will „Urbanität neu denken“. Als Negativbeispiel nennt er den Zentralplatz als „absolut falsches Zeichen“. Fehler der Vergangenheit sollten sich keineswegs wiederholen. Die Maßnahmen zur Buga will er „ähnlich nachhaltig“ wie zur letzten gestaltet sehen.
Susanne Tack schneidet das letzte Thema an. Wie steht die Koblenzer Verwaltung da? Auf welchem Stand ist die Digitalisierung? Was kann man besser machen? „Die Digitalisierung muss angegangen werden, sagt Markus Meixner. Dazu müsse man Verwaltungsprozesse analysieren, die Zusammenarbeit mit KI-Unternehmen anstreben, um einen großen Nutzen für die Bürger zu erreichen. So könne die Stadt auch viel Geld sparen. Zusätzlich will er einen Standort für Ältere, die ihre Verwaltungsangelegenheiten nicht digital durchführen.
Ernst Knopp will „nicht alles schlechtreden“. Man müsse eben andere Wege gehen. Er spricht von KI-Agenten für Routineprozesse. „Das geht relativ einfach.“ Schließlich gebe es immer mehr Aufgaben für die Verwaltung bei immer weniger vorhandenem Personal. „Die Mitarbeiter verdienen es, richtiges Handwerkszeug an die Hand zu kriegen.“
„An der Digitalisierung führt kein Weg vorbei“, stimmt auch David Dasbach zu. Aus eigener beruflicher Erfahrung kennt er aber auch den „App-Dschungel“. Daher müsse genau abgewogen werden welche Werkzeuge eingesetzt werden und wünscht sich ein einheitliches Tool für alle Anforderungsbereiche.
„Die Verwaltung hat einen sehr guten Ruf“
David Langner sieht es als wichtig an, dass die Verwaltung bürgernah und dienstleistungsorientiert ist. Er weiß, sagt er, „dass dies in vielen Fällen gelebt wird“. Wie das genau nach Ansicht der Koblenzer aussieht, verrät das alljährliche Bürgerpanel (im Internet einsehbar). Sein Fazit daraus: „Die Verwaltung hat einen sehr guten Ruf.“
Bei der Digitalisierung der Verwaltung sieht es in Koblenz offensichtlich im Vergleich nicht ganz so schlecht aus. Mit dem Onlinezugangsgesetz wurden öffentliche Verwaltungen verpflichtet, ihre Dienstleistungen online anzubieten. Koblenz, so Langner, habe in Rheinland-Pfalz am meisten umgesetzt und stehe landesweit auf Platz 1. Dennoch sei es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger weiterhin auch auf herkömmliche Weise mit der Verwaltung in Kontakt treten können. Grundsätzlich gab er zu bedenken, dass öffentliche Verwaltungen wegen der vielen sensiblen Daten nicht so frei agieren können wie Unternehmen.
Die Visionen: Wie steht Koblenz in acht Jahren da?
Susanne Tack läutet die letzte Runde ein, eine Vision ist gefragt: Angenommen die Kandidaten werden zum nächsten Oberbürgermeister gewählt. Wie wird Koblenz in acht Jahren dastehen?
Ernst Knopp sieht unter seiner Führung in acht Jahren eine „Stadt, die für die Zukunft aufgestellt ist“, Menschen, die gerne in Koblenz leben, eine Verwaltung, die gerne für die Bürger da ist, eine Stadt ohne Wohnraummangel, in der alle derzeitigen Probleme ausgeräumt sind.
David Dasbach sieht mehr Gemeinschaftszentren, mehr Stadtgrün, eine größere klimatische Resilienz, sollte er der nächste OB werden. Dazu gehört auch eine „progressive Mobilität“, Radnetzausbau, vielleicht Carsharing. Er sieht ein „urbanes Utopia-Labor“ in Koblenz, „in dem die Themen der Zukunft ausprobiert und verhandelt werden“.
„Unter meiner Führung wird Koblenz eine sichere Stadt sein“, sagt Markus Meixner. Es wird eine wirtschaftlich prosperierende Stadt sein, eine Stadt, die ihre Prozesse auf dem Stand der Technik abwickelt, „eine Stadt, die funktioniert“.
Koblenz ist auch in acht Jahren eine „Stadt mit Lebensqualität“, so David Langner, wirtschaftlich stark, ein Bildungsstandort. „Wir haben den Mut, Dinge auch mal neu anzugehen.“ Es ist auch eine „Stadt des Zusammenhalts und des Miteinanders mit Herz“.
Vielen Dank für das Gespräch!
WP