Baustelle trifft Handel: Sorgen und Stimmen aus der Rheinbacher Innenstadt
Bauarbeiten prägen den Alltag in der Hauptstraße

Rheinbach. Beschaulich wirkt die Rheinbacher Hauptstraße an diesem Montag. Vom Wilhelmsplatz aus ist die Zufahrt zur Straße komplett gesperrt. Es ist früher Nachmittag, ein paar Kunden schlendern durch die Straße, Tische und Stühle vor den Cafés sind spärlich besetzt, für die Restaurants ist es noch zu früh. Einige Geschäfte haben montags ihren Ruhetag, in den geöffneten ist die Anzahl der Kunden überschaubar.
Seit dem 14. Juli laufen in der Hauptstraße Bauarbeiten zum Ausbau des Glasfasernetzes. In der Bauphase ist die Straße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Mit Einschränkungen ist Anliegerverkehr möglich. Die Arbeiten erfolgen in vier Bauabschnitten und sollen bis zum 5. September beendet sein. Zunächst wird auf einer Straßenseite das Glasfaserkabel verlegt, bevor die zweite Seite in Angriff genommen wird. So ist gewährleistet, dass Fußgänger die Straße passieren können. Der Zutritt zu den Geschäften ist mittels „Brücken“ möglich.
Im mittleren Teil der Hauptstraße, die für den Verkehr gesperrt ist, wird gearbeitet. Ein Graben ist ausgehoben und offen, Baufahrzeuge stehen am Straßenrand, Männer verlegen Steine, man kann sehen, wo sie schon gewesen sind. Im Schatten der Kirche sitzen Gäste draußen bei Café und Kuchen, zu den Geräuschen der Baustelle kommt hier noch die Unruhe durch Arbeiter, die ein Gerüst abbauen. Die Szene wirkt trotzdem gelassen und ruhig.
Gegenüber im Schuhgeschäft sagt eine Mitarbeiterin, die nach ihrem Urlaub erstmals wieder im Geschäft ist, dass es ein normaler Montag sei. Wer in die Stadt möchte, bekäme das hin. Es sei etwas laut, allerdings sei das normal, wenn gearbeitet wird. Von den Arbeiten würden die Menschen anschließend profitieren.
Ähnlich sieht es Hans-Jürgen Krämer im Zeitschriften-Laden, ein paar Schritte weiter. Die Arbeiten müssten sein, die Bauarbeiten liefen gut und zügig, so seine Einschätzung. Er ist einer der wenigen, der über seinem Geschäft wohnt – und das schon seit mehr als 40 Jahren. Die Belastung für die Anwohner in der Schweigelstraße sei schon enorm. Natürlich mache sich die Baustelle am Umsatz bemerkbar, aber schließlich seien auch Ferien, so der Geschäftsmann. Die Hauptsache sei allerdings, dass die Erfahrungen nicht für die Etablierung einer Fußgängerzone genützt werden, schiebt er nach. Seiner Meinung nach ist Rheinbach zu klein für eine Fußgängerzone. Die Sichtbarkeit der Geschäfte ginge verloren, ist seine Meinung. Die Einzelhändler brauchen Kunden nicht nur während der Biergartensaison, sondern ganzjährig. Man solle doch mal die Grabenstraße öffnen und schauen, was dann passiert, lautet sein Vorschlag. Ursprünglich seien die Bauarbeiten für die Zeit direkt nach Karneval geplant gewesen, das wäre vielleicht besser gewesen, aber vielleicht wäre es aufgrund der Witterung dann zu Verzögerungen gekommen, so seine Überlegung.
„Der Baubeginn wurde seinerzeit auf Initiative des Gewerbevereins in Abstimmung mit der Tiefbaufirma in die Sommerferien verschoben. Die Stadt Rheinbach hat gemeinsam mit dem Gewerbeverein die Gewerbetreibenden im Vorfeld der Baumaßnahme detailliert über den Beginn und Verlauf der Arbeiten informiert. Diese verlaufen sehr gut und liegen im Zeitplan. Die Stadt Rheinbach wird nach erfolgtem Abschluss der Baumaßnahme auf Sondernutzungsgebühren für Flächen vor den Ladenlokalen verzichten,“ äußert sich die Pressestelle der Stadt Rheinbach dazu.
Die Ängste bezüglich der Fußgängerzone teilen auch zwei Mitarbeiterinnen in einer Boutique ein paar Häuser weiter. Die aktuelle Situation sei ein Vorgeschmack auf eine Fußgängerzone: Keine Umsätze – das läge nicht an der Ferienzeit. Sonst führen die Touristen durch’s Städtchen und manch einer würde dann anhalten, einen Kaffee trinken und durch den Ort bummeln. Kostenlose Parkplätze wären aus ihrer Sicht auch wichtig, damit die Leute auch zum Bäcker und zum Fleischer gehen und ihren täglichen Bedarf nicht im Supermarkt mit den kostenlosen Parkplätzen erledigen – was sich an niedrigerer Frequenz dann bei allen Einzelhändlern bemerkbar macht. Das Thema Fußgängerzone würde regelmäßig vor den Wahlen hochkochen – so ihre Beobachtung.
Direkt von der Baustelle betroffen ist an diesem Tag die Buchhandlung. Seit dem Morgen sei die Tür wegen des Baulärms geschlossen, berichtet Ellen Glasenapp. Für den nächsten Tag müsse der Warenaufbau vor dem Geschäft angepasst werden, dass werde wohl ein bisschen eng. Wichtig für die Buchhandlung sei, dass die Anlieferungen möglich bleiben, denn in einer kleinen Buchhandlung würden viele Bücher für die Kunden bestellt, zudem liefe auch das Schulbuchgeschäft. Die Informationen im Vorfeld seien gut gewesen und man sei auf Behinderungen eingestellt.
Es sei toll, dass keine Autos fahren, sagt eine Passantin. Sicher hätten die Geschäfte Einbußen, aber sie fühle sich durch die Bauarbeiten nicht gestört, die müssten schließlich sein. Sie sei Rheinbacherin und komme entweder zu Fuß oder per Rad in die Stadt. Eine andere Passantin meint dazu, dass sie die Besitzer der Eisdiele kennen würde, die wegen der Bauarbeiten mitten in der Saison schließen müssen. Ihrer Meinung nach wäre es besser gewesen, die Arbeiten im Winter zu machen. Ein Paar, dass auf der Hauptstraße unterwegs ist, fühlt sich durch die Arbeiten ebenfalls nicht gestört und ist ebenfalls der Meinung, dass die Arbeiten nötig seien.
Vor einer Bäckerei sitzen Barbara Limbach, die in Rheinbach wohnt, und Rudolf Büttgenbach aus Bonn, bei Kaffee und Kuchen. Zum Leben und auch zum Einkaufen sei es in Rheinbach toll, sagt Limbach. Allerdings sei die Parkerei schrecklich: es gäbe zu wenig und vor allem nur kostenpflichtige Parkplätze, das sei beispielsweise in Meckenheim besser, vergleicht sie. Und auch der Bonner lobt das vielfältige Angebot in Rheinbach. Beide vermuten, dass es zu Beeinträchtigungen der Geschäfte durch die Bauarbeiten kommt, aber sie halten die Arbeiten für notwendig.
Bis zum Redaktionsschluss lag keine Stellungnahme des Gewerbevereins vor. KS

Hans-Jürgen Krämer in seinem Geschäft.

Nur wenige Gäste nutzen die Außengastronomie an diesem Tag.

Die Bauarbeiten kommen gut voran, lautet die Einschätzung der Anlieger.

Entspannte Gäste im Café, trotz des Gerüstabbaus.