Interview mit Kai Kazmirek, Zehnkämpfer von der LG Rhein-Wied

„Der längere Aufbau spielt uns ein bisschen in die Karten“

„Der längere Aufbau spielt uns ein bisschen in die Karten“

Kai Kazmirek hat sich auch für 2021 hohe Ziele gesteckt. Fotos: Archiv FF

„Der längere Aufbau spielt uns ein bisschen in die Karten“

Olympia 2021 fest im BLICK.

Neuwied. Kai Kazmirek ist einer der bekanntesten Sportler unserer Region. Der Zehnkämpfer von der LG Rhein-Wied gehört zur Weltspitze, wurde dritter bei der Weltmeisterschaft 2017 in London und vierter bei Olympia 2016 in Rio. Auch bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gehört er zu den deutschen Hoffnungsträgern. Im Interview mit BLICK aktuell sprach der 29-jährige unter anderem über sein Training in der Corona-Zeit und die Vorbereitungen auf Olympia.

BLICK aktuell: Hallo Herr Kazmirek, hinter uns allen liegt ein eigenartiges Jahr voller Einschränkungen. Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie in der Corona-Zeit gemacht? Gab es auch Probleme in Ihrem Trainingsalltag?

Kai Kazmirek: Meine persönlichen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus waren, dass ich bisher noch keine großen Einschränkungen im Training hatte. Es gab zwar im ersten Lockdown eine Zeit, in der wir sehr viel in den Wald gegangen sind, wo wir sehr viele Bergläufe, Treppenläufe und Sekundenläufe gemacht haben, was zu diesem Zeitpunkt aber nicht schlimm war, da wir uns noch in der Aufbauphase befunden haben. Nach den ersten Lockerungen konnten wir dann auch wieder ins Stadion. Gott sei Dank haben wir am Endedes Jahres eine Late-Season und konnten noch Wettkämpfe bestreiten.

BLICK aktuell: Ihr Training war auf den sportlichen Höhepunkt, die Olympischen Spiele in Tokio, ausgerichtet. Wie hat sich die Verschiebung der Spiele auf 2021 auf Ihr Trainingsprogramm ausgewirkt?

Kai Kazmirek: Mein Traininghat sich durch die Verschiebung eigentlich gar nicht verändert. Wir hatten zwar keine richtige Saison, sondern nur ein paar vereinzelte Wettkämpfe, aber wir konnten ganz normal weitertrainieren. Wir haben dadurch einen längeren Aufbau, was uns ein bisschen in die Karten spielt, weil wir so an den Schwachstellen arbeiten konnten. Da wo das meiste Potential noch rauszuholen ist, konnten wir auch dran arbeiten. Entsprechend haben wir an der Schnelligkeit gearbeitet und an den Sprüngen. Im Moment sieht das sehr gut aus und falls WeWettkämpfe in der Halle stattfinden sollten, bin ich sehr zuversichtlich, dass da auch die entsprechenden Leistungen bei herauskommen.

BLICK aktuell: Zuletzt konnten fast keine Wettkämpfe stattfinden. Ist die fehlende Wettkampfpraxis ein Problem?

Kai Kazmirek: Ja, es waren auf jeden Fall weniger Wettkämpfe zur Verfügung als wir das kannten. Nichtsdestotrotz muss man sehen, was dieses Virus in der Gesellschaft verursacht und entsprechend sind wir froh gewesen, dass wir überhaupt Wettkämpfe bestreiten durften. Die ersten Ergebnisse haben schon gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

BLICK aktuell: Die Olympianorm haben sie schon länger in der Tasche. Erleichtert das die Planung für das kommende Jahr?

Kai Kazmirek: Ich hab mit 8350 Punkten, was die Direktnorm für die Olympischen Spiele 2021 ist, schon aufgezeigen können, dass ich ein heißer Kandidat dafür bin. Nichtsdestotrotz ist es noch möglich, dass andere Athleten meinen Platz einnehmen. Das ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Entsprechend muss ich natürlich wachsam sein und weiterhin gut trainieren.

BLICK aktuell: In vielen Branchen gibt es große finanzielle Einschränkungen durch Corona. Sind auch Sie als Sportler davon betroffen oder sind Sie als Polizeikommissar in der Sportfördergruppe der rheinland-pfälzischen Polizei weitestgehend davon verschont?

Kai Kazmirek: Ich bin sehr dankbar, dass ich Teil der Sportfördergruppe der Polizei Rheinland-Pfalz sein darf. So kann ich meinem Sport nachgehen, wie ich möchte. Das ist wirklich ein Privileg. Daher waren die finanziellen Einbußen entsprechend gering. Nichtsdestotrotz waren sie natürlich da, weil aufgrund von fehlenden Wettkämpfen Antrittsgelder bzw. Leistungsprämien gefehlt haben. Mit dem Polizeigehalt bestreite ich mein normales Leben, aber man hat ja auch Ausgaben für das Training und den Wettkampf selbst. Daher bin ich sehr dankbar, dass die meisten Sponsoren an meiner Seite geblieben sind und ich so meinen Sport noch weiter fortführen kann.

BLICK aktuell: Als Weltklasse-Athlet müssen Sie sicher auf Ihre Ernährung achten. Können Sie an Weihnachten auch einmal „sündigen“? Und ist auch sonst schon einmal Fast Food oder ähnliches drin?

Kai Kazmirek: Nach meiner Auffassung ist es so, dass man eigentlich essen kann was man möchte, solange das alles in Maßen geschieht. Man muss aufhören, wenn man satt ist. Viele Menschen essen über den Hunger hinaus, was es natürlich sehr schwierig macht, das richtige Maß zu finden aber nichtsdestotrotz kann man natürlich auch mal einen Burger, eine Pizza oder ein Stück Schokolade essen, solange sich das alles in Grenzen hält.

BLICK aktuell: Durch die Leichtathletik kommen Sie viel rum und reisen auch sonst gerne. Aber was gefällt Ihnen an Ihrer Heimat, dem Rheinland besonders und was bedeutet für Sie Heimat?

Kai Kazmirek: Wir sind sehr viel auf Reisen. Meistens kommen da schon 3 bis 4 Monate im Jahr zusammen. Jetzt durch die Corona-Zeit war es natürlich weniger. Aber nichtsdestotrotz ist es immer schön, wieder nach Hause zu kommen. Man hat da seine Wurzeln und kann sich mit den Leuten identifizieren, mit ihnen Lachen und macht so einiges mit ihnen durch. Es ist einfach schön bei der Familie und bei Freunden zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

DOS