Allgemeine Berichte | 26.02.2013

Bürgerversammlung wird Einfluss auf den weiteren Meinungsbildungsprozess haben

CDU und FDP sind nicht davon abzubringen, am nordöstlichen Ortsrand ein Neubaugebiet ausweisen zu wollen

Nahezu 100 Bürger informierten sich bei der Bürgerversammlung im Villiprotter Schützenhaus über die geplante Ausweisung eines Neubaugebietes am nordöstlichen Ortsrand. Viele brachten ihre ablehnende Haltung dazu zum Ausdruck.

Villiprott. Mit dem von CDU und FDP geplanten neuen Baugebiet am nordöstlichen Ortsrand wollen sich die Villiprotter nicht abfinden. Bereits im Dezember hatte die „Villiprotter Initiative für den Flächennutzungsplan“, die sich unter dem Dach der Dorfgemeinschaft zusammengefunden hat, 625 Unterschriften gegen das geplante Baugebiet an Wachtbergs Bürgermeister Theo Hüffel überreicht. Damit sollte erreicht werden, dass die Vorstellungen der Bürger bei der Beratung und Beschlussfassung des neuen Flächennutzungsplanes für Wachtberg Berücksichtigung finden. Doch die Initiative um Jens Fitzke und Elisabeth Herlinghaus hatte den Eindruck gewonnen, dass die verantwortlichen Kommunalpolitiker dem Wunsch der Bürger nach mehr Transparenz, sachorientierter und bürgernaher Politik nicht genügend Geltung verschafften. Deshalb lud sie zu einer Bürgerversammlung in die Schützenhalle ein, in der die Vertreter der Ratsfraktionen sowie Bürgermeister Theo Hüffel Gelegenheit bekommen sollten, „Licht ins Dunkel zu bringen“, so Herlinghaus in ihren einleitenden Worten, und den fast 100 anwesenden Bürgern ihre Standpunkte und Planungen näher zu erläutern.

Kritik an Einbeziehung der Bürger

Denn noch immer sei den Villiprottern unklar, was eigentlich genau im zukünftigen Flächennutzungsplan an dieser Stelle vorgesehen sei. Herlinghaus gab zunächst einen Sachstandsbericht und führte noch einmal die Argumente auf, die nach Ansicht der Initiative gegen eine Bebauung am nordöstlichen Ortsrand sprechen: es gebe keinen nachgewiesenen Bedarf, außerdem sei Villiprott kein Siedlungsschwerpunkt in der Gemeinde Wachtberg, und ein Fachgutachten habe das Baugebiet bereits als nicht geeignet charakterisiert. Zumal derzeit bereits ein sehr großes Neubaugebiet entstehe und man noch gar nicht wisse, welche Auswirkungen dieses auf die Dorfgemeinschaft habe. „Die Infrastruktur ist für weitere Bauflächen überhaupt nicht ausgelegt, sie ist jetzt schon total überlastet“, so Herlinghaus weiter. Abgesehen davon werde mit der Umsetzung der Pläne der Ortsrand unwiederbringlich zerstört. Umweltschutz, Landschaftsschutz und Naturschutz würden ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt. Der demografische Wandel werde außerdem dazu führen, dass die Baulücken und Leerstände im Ortsteil stetig zunähmen, sodass ansiedlungswillige Bürger stets eine geeignete Bestandsimmobilie vorfinden würden.

Bürger früher als nötig einbezogen

Die anschließende Diskussion leitete Ulrich Groneick aus Alfter. Mit ihm habe man absichtlich einen absolut neutralen und im „Moderationsgeschäft“ erfahrenen Experten eingeladen, so Herrlinghaus. Er gab zunächst Bürgermeister Theo Hüffel das Wort, der den Stand des Verfahrens erläuterte. Hüffel wies zunächst darauf hin, dass man noch in einem frühen Planungsstadium sei, denn es handle sich derzeit noch um einen Vorentwurf. Er wandte sich auch gegen die Behauptung, die Bürger würden nicht in die Entscheidung mit einbezogen: „Wir haben die Bürger von Anfang an eingebunden, doch viele nahmen die Gelegenheit zur Information erst wahr und brachten sich ein, als es an konkrete Flächen ging“, bemängelte er. Von Gesetzes wegen sei zum derzeitigen Stand des Verfahrens noch überhaupt keine Bürgerbeteiligung vorgesehen, das alles geschehe auf vollkommen freiwilliger Basis. Er sah durchaus einen Bedarf für ein neues Baugebiet auch in Villiprott. 15 bis 20 Hektar neues Bauland werde benötigt, so Hüffel. Doch im Entwurf des Flächennutzungsplanes werde weitaus weniger tatsächlich als neue Baugebiete vorgesehen, nach derzeitigem Stand rechne er mit weniger als zehn Hektar. In der März-Sitzung des Planungsausschusses stehe der Beschluss über die Offenlage des Flächennutzungsplan-Entwurfes auf der Tagesordnung, dann erst beginne die eigentliche Bürgerbeteiligung, bei der jedermann Anregungen und Kritik äußern könne. Die vorgebrachten Argumente würden danach vom Ausschuss und später vom Rat gegeneinander abgewogen und letztlich eine Entscheidung getroffen.

Schrumpfen der Einwohnerzahl verhindern

Nun durften die Ratsfraktionen ihrer Position erläutern, wobei die UWG an diesem Abend nicht vertreten war. Für die CDU erklärte Fraktionschef Hartmut Beckschäfer, seine Partei habe den Vorschlag in die Diskussion eingebracht, den nordöstlichen Ortsrand zu bebauen. Das Gelände habe man schon 2008 in den Blick genommen, dann aber sei es durch das Raster der Gutachter gefallen. Doch nach reiflicher Überlegung habe seine Fraktion Mitte 2011 sich dann doch dafür entschlossen, das Gelände erneut als Baugebiet in den Entwurf des Flächennutzungsplanes einzubringen. „Auch wir sind für eine maßvolle Ausweisung von Wohnbauflächen, angesichts der erwarteten positiven Bevölkerungsentwicklung sind aber weitere Baugebiete erforderlich.“ Helga Frohberg (FDP) stellte klar, dass auch für die FDP die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes überaus wichtig und zukunftsweisend für die Gemeinde Wachtberg sei. Auch für sie sei die Innenraum-Verdichtung ein Hauptthema, doch damit könne man nicht alle Probleme lösen und jeden Bedarf stillen. „Wir müssen neue Flächen für neue Leute bereitstellen“, sagt sie und versprach, die infrage kommenden Neubauflächen sorgfältig gegeneinander abzuwägen und den Bedarf gerecht zu verteilen. Sie könne jedenfalls nicht nachvollziehen, warum man sich in Villiprott so stark gegen eine Bebauung des nordöstlichen Ortsrandes wehre.

Büchse der Pandora nicht öffnen

„Das Flächennutzungsplan-Verfahren ist richtig und wichtig für die Weiterentwicklung der Gemeinde“, erklärte Fraktionschef Dr. Bernd Becker für die SPD. Seine Fraktion könne sehr gut mit einer Ausweisung von weniger als zehn Hektar Neubaufläche leben, er halte den ins Gespräch gebrachten Bedarf von bis zu 23 Hektar für viel zu hoch. Vor allem sei er enttäuscht, „dass über die Hintertür Flächen wieder hineingeschoben werden, die vorher aus guten Gründen bereits herausgefallen sind.“ Er fürchtete, wenn diese „Büchse der Pandora“ geöffnet werde, dauere es nicht mehr lange, bis die Bebauung sogar an den „Zukunftsweg“ heranreiche. Nicht nur aus diesem Grunde lediglich die SPD jedweder Bebauung am Ortsrand in Richtung Pech ab. Der Grünen-Fraktionschef und Vorsitzende der Ortsvertretung Villip, Oliver Henkel, erklärte, es sei überhaupt noch nicht klar, ob Villiprott überhaupt ein Siedlungsschwerpunkt in der Gemeinde Wachtberg darstelle. Auch er kritisierte, die Fläche im Nordosten sei ziemlich plötzlich im Planungsausschuss „per handschriftlichem Zettel aus dem Nirvana hinzugekommen.“ Henkel war der Ansicht, die Bevölkerungsentwicklung verlaufe bei Weitem nicht so positiv, wie man das 2008 noch vermutet habe, „und die Grünen können sehr gut mit sehr viel weniger Zuwachs leben.“ Er wünsche sich vielmehr, dass längst überfällige Maßnahmen zum Baulandmanagement durchgesetzt werden, um zu verhindern, dass Einzelinteressen und Klientelpolitik zum Tragen kämen. So sei es eventuell ein probates Mittel, die Baulücken innerhalb der Ortschaften an den Markt zu bringen, wenn man Baurecht nur noch auf Zeit vergebe. Sein Fraktionskollege Ingo Steiner lobte Villiprott als „Ort, der zusammenhält und sagt, was er will - das ist der richtige Weg in dieser Sache.“ Als Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Rhein-Sieg-Kreis bezweifele er, dass die geplante Verkehrserschließung des neuen Baugebietes überhaupt machbar sei. Seine Vermutung: „Villiprott hat bislang noch keine großen Probleme, deshalb sollen jetzt welche geschaffen werden.“

Unterschriftenliste nicht allein entscheidend

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage laut, wie denn die Politiker mit den 625 Unterschriften der Baugebiets-Gegner umgehen wollen. Beckschäfer gab zu, 625 Unterschriften seien ein Signal, „das wir wahrnehmen und ernst nehmen.“ In der weiteren Diskussion werde man die vorgebrachten Argumente abwägen und würdigen, die Unterschriftenliste sei eine sehr eindrucksvolle Demonstration, die man nicht wegdiskutieren könne. Doch die CDU sehe ihre Verantwortung gegenüber der gesamten Gemeinde Wachtberg, deshalb sei die Unterschriftenliste auch nur ein Punkt unter vielen, von der seine Fraktion eine Gesamtentscheidung nicht abhängig machen könne. Mit seiner Äußerung: „Die Unterschriftenliste darf nicht allein entscheidend sein“, zog er sich endgültig den Unmut der anwesenden Bürger zu. . Er bleibe dabei, dass seine Fraktion die Fläche vorgeschlagen habe und sie auch für geeignet halte, zu einem Baugebiet zu werden.

Bürgerbegehren wird überprüft

Moderator Groneick sah die Bürgerversammlung als sehr gelungene Veranstaltung, denn es sei bei Weitem nicht üblich, dass sich die Politiker in einer so kontroversen Frage offen der Diskussion mit ihren Wählern stellten. Er war dennoch erstaunt, dass dieses Thema so starke Emotionen auslösen könne, und fasste schließlich zusammen: „Dieser Abend hat Einfluss auf den weiteren Meinungsbildungsprozess, wenn auch niemand dazu gebracht werden konnte, von seiner Meinung abzurücken.“

Für die Initiative bedauerte Herlinghaus, dass es nicht gelungen sei, die Mehrheitsfraktionen von ihrem Vorhaben abzubringen, deshalb werde man an der Sache dran bleiben. „Unser Widerstand bleibt ungebrochen, die Fronten werden sich wahrscheinlich etwas verhärten“, sagte sie voraus und versprach, eine Facebook-Seite einzurichten, um eine größere Plattform für ähnliche Probleme in ganz Wachtberg zu schaffen, auf der man sich über die weitere Vorgehensweise austauschen könne. Außerdem werde juristisch geprüft, ob ein Bürgerbegehren in dieser Frage zulässig sei.

Nahezu 100 Bürger informierten sich bei der Bürgerversammlung im Villiprotter Schützenhaus über die geplante Ausweisung eines Neubaugebietes am nordöstlichen Ortsrand. Viele brachten ihre ablehnende Haltung dazu zum Ausdruck.

Nahezu 100 Bürger informierten sich bei der Bürgerversammlung im Villiprotter Schützenhaus über die geplante Ausweisung eines Neubaugebietes am nordöstlichen Ortsrand. Viele brachten ihre ablehnende Haltung dazu zum Ausdruck.

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