Atelierbesuch bei Michael Franke
Der Mensch am Scheideweg zwischen der Dunkelheit und dem göttlichen Licht
Informationen zu den Hintergründen der beiden Fastentücher im Bonner Münster

Gimmersdorf. Im Bonner Münster sorgen derzeit zwei große Fastentücher für Aufsehen. Die Vorlagen dazu sind zwei Werke des Gimmersdorfer Künstlers Michael Franke mit dem Titel „Porte dell’Oltretomba I und II“ - Pforten zum Jenseits - aus der Reihe „Àntron, etruskische Gottheiten zwischen Unterwelt und Ekstase, Bildwerdung Europas“. Pforten oder Tore zum Jenseits sind nämlich Motive der antiken Grabmalerei. So sollen auch die Fastentücher in der Vorbereitung auf das Osterfest zum Nachdenken anregen und den Blick auf das eigene Leben richten. Was dahinter steht, erfuhren jetzt gut drei Dutzend Kunstinteressierte bei einem Atelierbesuch zusammen mit Stadtdechant Monsignore Wilfried Schuhmacher beim Künstler in Gimmersdorf. Michael Franke, ein gebürtiger Bonner aus der Münsterpfarrei, gab dabei Einblick in die Ideen, die ihn bei der Erschaffung der Werke inspiriert hatten. Die Vorlagen dazu fand er bei seinen Erkundungen der Landschaft Etruriens und seiner uralten Nekropolen. Das sind von Menschenhand geschaffene Höhlen und Felsöffnungen, die dem Totenreich angehören, in welches man sozusagen von außen hineinblickt. Die auf den Gemälden dargestellten Orte sind also keine Bilder einer imaginären Welt, sondern sie existieren wahrhaftig in Grotten und Hohlwegen und von Vegetation umwucherten Felsenklüften, die in das Innere der Erde führen. Orte, in die der Künstler mit seiner Reisestaffelei hineingestiegen ist, um von dort aus die Eindrücke in Skizzen festzuhalten.
Heiliger Ort als Ausgangspunkt eines Reiseweges
Franke fasste die Nekropole als heiligen Ort im Inneren der Erde zugleich als Ausgangspunkt eines Reiseweges der Seele auf. Die Inspiration zu den beiden auf den Fastentüchern dargestellten Bildern erhielt der Maler im italienischen Ort Blera bei Rom, wo sich ein etruskisches Heiligtum befindet. Ein Hohlweg aus dem siebten Jahrhundert vor Christus kreuzt dort einen Tunnelgang. Ein Teil jenes Ganges führt in das Innere der Erde und in die Finsternis des Felsengesteins. Auf der anderen Seite strebt der Weg einer Lichtöffnung mit strahlender Helligkeit entgegen und führt zu einem Fluss. Franke schilderte plastisch seine wechselnden Gefühle zwischen Beklemmung und Befreiung, die sich nach seiner Rückkehr ins Atelier in einem geradezu dionysischen Farbenrausch niederschlugen.
Als Münsterpfarrer Schuhmacher den Künstler im Januar in seinem Atelier besuchte, war er sofort von den beiden Gemälden fasziniert. „Sie spiegelten genau das Thema für unsere Fastenzeit wider mit dem Gegensatz von Licht und Dunkelheit, von Leben und Tod“, erinnerte sich Schuhmacher. Schließlich lautet das diesjährige Motto der Fastenzeit: „Quo vadis - wohin lebst Du?“ Schnell war die Idee geboren, daraus die beiden Fastentücher zu gestalten, wozu Franke sofort die Einwilligung gab.
In die Dunkelheit oder ins Licht
Doch damit gingen die Probleme erst los, denn nun galt es, die Gemälde technisch perfekt abzufotografieren, um sie auf 56 Quadratmeter vergrößern und auf Tücher drucken zu können. „Dafür gibt es gottseidank spezialisierte Firmen, die das für uns übernommen haben“, so der Stadtdechant. Bis zum Karsamstag werden die beiden Fastentücher nun im Bonner Münster hängen und die beiden Wege symbolisieren, die den Menschen für ihr Leben offen stehen: in die Dunkelheit oder ins Licht. Nicht nur die heimische Kirchengemeinde, sondern auch Tausende von Touristen und auswärtigen Kirchenbesuchern hätten sich bislang schon von den beiden Werken begeistern lassen, so Schuhmacher. Später werden sie auch noch als Motive für die Osterkerze Verwendung finden - und vielleicht nächstes Jahr erneut an gleicher Stelle die Fastenzeit im Bonner Münster künstlerischen umrahmen, das allerdings ist noch nicht sicher.

Michael Franke und Professor Dr. Andreas Maneros erläuterten den Kunstinteressierten die Hintergründe zu den beiden Gemälden, die als Vorbild für die Fastentücher im Bonner Münster dienten.