Gemeinderat Wachtberg tut etwas für Flüchtlinge
Gemeinde fasst weitere Objekte als Übergangswohnheime ins Auge
Wohnung in Ließem soll zur Unterkunft für bis zu elf Asylbewerber umgebaut werden - Gesundheitskarte für Asylbewerber befürwortet
Wachtberg. „Die Gemeinde Wachtberg befindet sich in einer äußerst schwierigen Situation“, gab Bürgermeisterin Renate Offergeld bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderates zu.
Die große Zahl von Flüchtlingen aus aller Herren Länder bringe große Herausforderungen mit sich. Derzeit habe die Gemeinde bereits 210 Asylbewerber aufgenommen, bis zum Ende der Woche sollten acht weitere folgen. „Unsere Kapazitäten sind erschöpft, wir müssen weitere Objekte als Übergangswohnheime ins Auge fassen.“ Mittlerweile kämen zunehmend Familien mit kleinen Kindern hier an, die adäquate Unterkünfte benötigten. „Wir müssen schnell reagieren, denn die Zahl steigt stetig an“, wusste die Bürgermeisterin.
Deshalb hoffe sie weiterhin auf die Bereitschaft der Bevölkerung, leer stehenden Wohnraum für die Unterbringung von Flüchtlingen anzubieten. Der Rat beschloss seinerseits, eine 130 Quadratmeter große Wohnung in der Ließemer Marienstraße in zwei Wohnungen aufzuteilen und zu einer Unterkunft für bis zu elf Asylbewerber umzubauen. Die evangelische Kirchengemeinde nutzt einen anderen Teil des Gebäudes als Kindergarten.
Der Umbau ist mit etwa 133.000 Euro veranschlagt, die allerdings nicht im Haushalt 2015 vorgesehen sind. Da die Gemeinde jedoch zur Unterbringung von Asylbewerbern gesetzlich verpflichtet ist, hatte der Rat keine Probleme, die außerplanmäßige Ausgabe einstimmig zu genehmigen. Zumal man den Löwenanteil über ein zinsloses Darlehen von der Wohnungsbauförderung des Rhein-Sieg Kreises finanzieren kann und für dieses Jahr lediglich ein Eigenanteil in Höhe von rund 5200 Euro an der Gemeinde hängen bleiben. Zur Gegenfinanzierung wurde der Ausbau der Ahrweiler Straße auf das kommende Jahr verschoben.
400.000 Euro an zusätzlichen Ausgaben notwendig
Doch damit nicht genug der überplanmäßigen Aufwendungen, denn im Zusammenhang mit Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz musste die Gemeinde mehr berappen als ursprünglich geplant.
Selbst die Zahlen in der Ratsvorlage war in der Sitzung schon wieder überholt, denn statt ursprünglich vorgesehener knapp 200.000 Euro fehlten zwischenzeitlich sogar 400.000 Euro zur Begleichung der fälligen Rechnungen bis zum Jahresende. Kämmerin Beate Pflaumann musste sich daher zusätzliche Ausgaben in Höhe von 400.000 Euro genehmigen lassen, was der Rat auch einstimmig tat. Schließlich treffe die Gemeinde selbst keine Schuld, wenn die versprochenen Kostenerstattungen von Bund und Land auf sich warten ließen, hieß es. „Die Ausgaben laufen uns davon“, schüttelte etwa Hans-Otto Schacknies (SPD) den Kopf und hoffte, „dass von den Milliarden von Bund und Land auch etwas bei uns ankommt.“ Franz Jäger (CDU) appellierte ebenfalls an die Landesregierung, doch endlich die Kommunen zu unterstützen. „Wenn wir anfangen müssen, an den freiwilligen Leistungen zu sparen, werden wir eine schwierige Diskussion vor Ort bekommen“, sagte er voraus. Dennoch, so Jäger, müsse man Dank sagen für das, was in der Gemeinde Wachtberg in Sachen Flüchtlingshilfe bereits auf ehrenamtlicher Ebene laufe, aber auch für die enormen Anstrengungen des Deutschen Roten Kreuzes sowie der Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung. Aber auch diese kämen inzwischen an ihre Grenzen.
Gesundheitskarte nur im Solidarverbund
Ein drittes Mal beschäftigte sich der Rat kurz darauf erneut mit der Situation der Flüchtlinge. Das Gremium beschloss nach längerer Diskussion, eine Gesundheitskarte für Asylbewerber einzuführen, allerdings nur im Solidarverbund mit den Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises. Zwar hatte die CDU beantragt, die Karte bereits zum 9. Oktober diesen Jahres einzuführen, doch das funktionierte ohnehin nicht, weil sie landesweit erst zum 1. Januar 2016 eingeführt werden soll. Das traf sich allerdings insofern ganz gut, weil die SPD ihrerseits beantragt hatte, zunächst noch eventuelle Kosten und Risiken zu prüfen, die auf die Gemeinde Wachtberg zukommen könnten. Dafür habe man nun genügend Zeit, freute sich beispielsweise Grünen-Sprecher Ingo Steiner. Einig war man sich im Rat darüber, dass die Karte der Verwaltung eine Menge Arbeit und den Asylbewerbern unnötige Fahrten und Wartezeiten erspare. Bislang muss die Gemeindeverwaltung in jedem einzelnen Fall Behandlungsscheine auszustellen, obwohl die Mitarbeiter den Gesundheitszustand der Asylbewerber ohnehin nicht beurteilen könnten und deshalb den Behandlungsschein aus haftungsrechtlichen Gründen gar nicht verweigern dürften. Bis zur Einführung der Karte soll sich Bürgermeisterin Offergeld für die Finanzierung der Gesundheitskarten über den Solidarverbund einsetzen und offene Fragen klären.
