Allgemeine Berichte | 16.01.2013

„Umbruch in der arabischen Welt: Rückschritt oder Hoffnung“

Dr. Wolfgang Ule aus Wachtberg-Pech hielt einen weiteren Vortrag in der Pecher Winterakademie

Hans-Otto Budde, Dr. Wolfgang Ule und Günter Wagner (v. L.). Privat

Wachtberg-Pech. Den zweiten Vortrag der Pecher Winterakademie hielt Dr. Wolfgang Ule aus Wachtberg-Pech in der evangelischen Kirche über „Umbruch in der arabischen Welt - Rückschritt oder Hoffnung“. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des HVP, Günter Wagner, und Einführung von Hans-Otto Budde lauschten ungefähr 100 Zuhörer gebannt dem spannenden und aktuellen Vortrag von Herrn Dr. Ule über die Problematik der Veränderungen, die Chancen und Gefahren in dieser Krisenregion. Über 35 Jahre studierte, lebte und arbeitete er in den Ländern der arabischen Welt. Seit 1970 leitete er die Goethe-Institute in Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Libanon, Syrien und Jordanien und ist bis heute aufmerksamer Beobachter der neusten Entwicklungen.

Die Regionen Nordafrika, Nah- und Mittelost haben eine gemeinsame historische und kulturelle Vergangenheit. Bis zum Ende des 19., beziehungsweise Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde die gesamte Region als Osmanisches Reich von Istanbul aus gesteuert und beherrscht. Dann begann dieses mächtige Reich aus verschiedenen Gründen auseinander zu fallen. Daran konnten Reformen wie Modernisierung der Regierung, der Verwaltung, des Militärwesens, der Justiz und der Wirtschaft nichts ändern. So wurden die Länder des Osmanischen Reiches zum Spielball verschiedener europäischer Großmächte.

Dr. Wolfgang Ule erklärte detailliert die Geschichte und die Umwälzungen in den einzelnen arabischen Ländern bis hin zur Revolution, dem sogenannten „arabischen Frühling“, der im Oktober 2010 in Tunesien begann. Zuerst unternahmen die Islamisten erste Versuche zur Machtergreifung. Dabei stellt sich die Frage, welche Art von islamischem Staat sich durchsetzen wird: Die radikale, von Salafisten angestrebte mittelalterliche Version mit der Sharia als Gesetzgebung oder ein moderater Islam mit entsprechenden Merkmalen, wie Demokratie, Parlament, Parteiwesen, liberale Wirtschaftsform, Presse-, Rede- und Meinungsfreiheit, Frauenrechte und vieles mehr. Doch die Hoffnung auf Erfüllung dieser Neuorientierung scheint wenig realistisch. Die Aufstände, Proteste und Revolutionen verliefen mehr oder weniger folgenlos.

Durch die Verbundenheit Dr. Ules mit Ägypten zeichnete er ein prägnantes Bild dieses Landes, das in der Vergangenheit hoffnungsvoller Ansprechpartner für viele andere arabische Staaten war. Seit den 60er Jahren wird das Land von Krisen geschüttelt: Ein kaum zu bremsendes Bevölkerungswachstum beherrscht das Land. Wachsende Verelendung großer Bevölkerungsteile stärkte das fundamentalistische Gedankengut. Vor allem jugendliche Bevölkerungsschichten sind verzweifelt, ohne Hoffnung auf Ausbildung, Beruf, Wohnung und ohne Anteil an wirtschaftlicher Entwicklung oder politischer Macht. Die verzweifelten Versuche liberaler Kräfte, Korruption, Militär- und Gewaltherrschaft zu unterbinden, blieben erfolglos. Der Grund liegt im Inhalt der gerade verabschiedeten Verfassung der Moslembruderschaft, die die Wahl zwar gewonnen, aber nun schwierige Aufgaben zu bewältigen hat: Erhebliche wirtschaftliche Probleme, Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent, Korruption, Inflationsrate und Nahrungsmittelpreise steigen bedrohlich, die Einnahmequelle Tourismus ist um 40 Prozent eingebrochen, die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander.

In unmittelbarer Nachbarschaft zu Ägypten brodelt es in anderen Staaten. Der Libanon war einst ein blühender, friedlicher Staat; und heute ist er ein fragiles Gebilde aus rivalisierenden, religiösen Kräften. Besondere Konflikte werden durch die Verfassung ausgelöst, wonach der Präsident ein christlicher Maronit sein muss, der Ministerpräsident ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Die Zahl der Christen im Land nimmt ab, die der Schiiten steigt enorm. Die Frage liegt auf der Hand, wie lange es dauert, bis sich ganz neue Machtstrukturen im Libanon ergeben, die möglicherweise zu einem Gottesstaat oder einer Teilung führen. Der Libanon wurde zum Schauplatz regionaler Spannungen zwischen sich und Israel, sich und Syrien mit Iran, das durch die Hezbollah ständig Zwietracht sät.

Das Ringen zwischen Israel und den Palästinensern um einen akzeptablen politischen und territorialen Frieden sorgt immer wieder für heftige Auseinandersetzungen. Letztendlich wird Israel anerkennen müssen, dass Hamas die demokratisch gewählte Volksvertretung im Gazastreifen ist, der für die Bevölkerung einem Gefängnis gleicht und dessen Bewohner seit Jahrzehnten mit Gewalt, Kriegen und Not leben müssen.

Die Zustände in weiteren arabischen Ländern ausführlich zu beschreiben, hatte die Vortragszeit von Dr. Ule gesprengt. Eine Hoffnung für die Zukunft der Staaten Libanon, Syrien, Jordanien und Irak sieht er nur in der Einigung, das heißt die Bildung einer einheitlichen Region, die dann wirtschaftlich wie politisch ein Machtfaktor und interessanter Handelspartner für den Rest der Welt sein könnte. Doch die Aussichten darauf sind zurzeit nicht erkennbar. Doch, so meint Dr. Ule, die gesamte Region steht vor einem Scherbenhaufen der eigenen Hoffnungen. Sein Fazit wörtlich: „Als diese Länder ihre Unabhängigkeit von ihren osmanischen und kolonialen Herren erlangten, bekamen sie Gesellschafts- und Verfassungsmodelle mit auf den Weg, die nichts mit ihrer Kultur und Tradition zu tun hatten. Als dann die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander ging und als Machthaber versuchten, die Probleme durch diktatorische Mittel in den Griff zu bekommen, besteht die Frage, ob es nicht auch eine andere, gerechtere Staatsform gibt. In den Ländern mit einer großen islamischen Majorität war das Nächstliegende der Ruf nach einem islamischen Staat. Ich meine nicht, dass das die Lösung ist, aber die Frage danach ist legitim: Nur kann die richtige Antwort wohl nur die Erfahrung geben. Man muss sich dann doch ernsthaft fragen, ob die Demokratie, die in unseren breiten über viele Jahrhunderte, fast Jahrtausende gewachsen ist, das ist, was für alle anderen Erdbewohner das Richtige ist.“

Pressemitteilung

Heimatverein Pech

Christa von Düsterlho

Hans-Otto Budde, Dr. Wolfgang Ule und Günter Wagner (v. L.). Foto: Privat

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